Vier globale Saatgut-Konzerne sollen nicht die Lebensmittelproduktion bestimmen.
Das vor 20 Jahren beschlossene Gentech-Moratorium läuft nächstes Jahr aus. Eine Mehrheit der Schweizer Konsumentinnen und Konsumenten lehnt die Gentechnik ab. Doch Chemie- und Saatgut-Konzerne haben den Druck auf die Politik erhöht. Sie wollen möglichst schnell gentechnisch veränderte Organismen in der Schweiz anbauen, importieren und verkaufen dürfen. Dage-gen lancierte der breit abge-stützte Verein für gentechnikfreie Lebensmittel Anfang September die eidgenössische Volksinitiative für gentechnikfreie Lebensmittel. Diese fordert zum Schutz von Mensch, Tier und Umwelt strenge Regeln für die Gentechnik. Darunter eine klare Kennzeichnung.
Vor über 12 000 Jahren beobachteten die ersten Landwirte, wo welche Pflanzen am besten gediehen. Über Generationen wählten sie diejenigen aus, welche Krankheiten widerstanden und den sichersten Ertrag lieferten.
Aktuell gewinnen alte Sorten wieder an Bedeutung. Denn moderne hochgezüchtete Sorten kommen mit dem Klimawandel weniger gut zurecht als alte. «Als einzig möglicher Lösungsweg aus der Klimakrise wird oft die Gentechnik dargestellt», schreibt der Biologe Fabien Fivaz im Dossier zur «Lebensmittelschutz-Initiative». «Dabei wird die Mehrzahl der Sorten klassisch durch Auslese gezüchtet», sagt der Nationalrat der Grünen und Präsident des Vereins Stop OGM.
In diese Richtung argumentiert auch Monika Messmer. «Die neue Gentechnik liefert der Wissenschaft zwar wichtige Erkenntnisse über die Funktion einzelner Gene und deren Genregulation», erklärt die Co-Leiterin Gruppe Pflanzenzüchtung am Forschungs-institut für biologischen Land-bau FiBL in Frick/AG. «Doch eine Pflanze besitzt etwa 20 000 Gene.» Deren Zusammenspiel und Wechselwirkung mit der Umwelt entscheiden, wie robust und ertragsstabil eine Sorte ist. «Die Modifikation einzelner Gene wird daher nicht ausreichen, um dem Klimawandel zu trotzen und nachhaltige Ernährungssysteme zu erreichen», so die Forscherin. Worum geht es wirklich?
Die vier Chemie- und Saatgutkonzerne Bayer-Monsanto, Sinochem (Syngenta und Chem China), Corteva (Dow Dupont und Pioneer) sowie BASF wollen ihre Profite weiterhin maximieren. Bereits halten sie einen Anteil von 70 Prozent am globalen Saatgut (70 Mia Franken) und Pestizidhandel (58 Mia Franken) sowie rund 20 Prozent am Düngerhandel (325 Mia Franken) – einem Markt von kumuliert 450 Milliarden Franken. Bereits jetzt sind viele Landwirte abhängig von diesen vier Konzernen.
Zudem locken die Konzerne seit Jahrzehnten mit grossen Versprechen: erst mit der «Grünen Revolution», dann mit ihren «Inte-grierten Produktionssystemen».Heute vermarkten sie mit der Gen-technik ihr Geschäftsmodell als Kampf gegen den Hunger in der Welt und für eine klimaresistente Landwirtschaft. Funktioniert hat das bislang nicht. Ein Mehrwert für die Landwirtschaft ist nicht nachgewiesen.
(Gabriel Tinguely)
Der Verein für gentech-nikfreie Lebensmittel wurde initiiert vom Verein Gen Au Rheinau, Bio Suisse und der Schweizer Allianz Gen-techfrei. Getragen wird er von 21 Allianzpartnern sowie einer Community von 25 000 aktiven Einzelpersonen.
Konsumentinnen und Konsumenten sollen auch in Zukunft entscheiden können, ob sie gentechnisch veränderte Lebensmittel konsumieren wollen oder nicht.
Alle gentechnisch veränderten Organismen müssen im Sinne des Vorsorgeprinzips streng auf Risiken geprüft werden. Kosten und Risiken sollen nicht durch unsere Bauern sowie die Konsumentinnen und Konsumenten getragen werden müssen.
Damit Konsumentinnen und Konsumenten auch wirklich die Wahl haben, müssen gentechnisch veränderte Lebensmittel transparent gekennzeichnet werden.
Bäuerinnen und Bauern, die ohne Gentechnik produzieren wollen, sollen das auch in Zukunft tun können. Klare Regeln sollen eine Koexistenz ermöglichen und Verunreinigungen verhindern.
Die Initiative unterstützt die Forschung und Züchtung von Saatgut für eine garantiert gentechnikfreie Landwirtschaft.
Bis zum Inkrafttreten der Ausführungsbestimmungen der Initiative dürfen keine gentechnisch veränderten Organismen, die zu landwirtschaftlichen, gartenbaulichen oder forstwirtschaftlichen Zwecken bestimmt sind, angebaut und in Verkehr gebracht werden.