Mediadaten Données Media Olympiade der Köche

«Jeder, der mich einen Freak nennt, hat recht»

Das Luxushotel The Chedi in Andermatt/UR wirbt um die Gunst der Zigarren-Aficionados. Und lässt dabei nichts unversucht.

  • Tim-Martin Weber wird auch in Fälschungsfragen zu Rate gezogen. (ZVG)
  • Im Walk-in-Humidor finden sich über 550 Zigarren aus 15 Ländern: vom box-gepressten Einsteigermodell bis zur handgerollten High-End-Variante.

Tim-Martin Weber, Sie sind als Executive Assistant Manager mitverantwortlich für die Leitung des «Chedi». Zugleich widmen Sie sich als Zigarrenkenner dem Zigarren-Business im Hotel. Wie passt das zusammen?
Hotelier zu sein, ist meine Berufung. Zigarren sind meine Leidenschaft. Diese Passion lässt mich zum Freak werden. Gut, dass der Chedi-Lifestyle stets den Superlativ anstrebt, weshalb wir vor zwei Jahren viel Geld in den Humidor investiert haben. Der Weg vom davor verkümmerten Kälteraum zur tropisch klimatisierten Raritäten-Schatzkiste geschieht nicht über Nacht. Es braucht Monate, bis das Personal diese Philosophie und Leidenschaft mitträgt. In unserer Barmanagerin Marie Gerber haben wir die perfekte Gatekeeperin für das Projekt gefunden.

Eine Barmanagerin, die den Gästen Zigarren empfiehlt?
Marie Gerber verantwortet nicht nur die Leitung der Hotelbar mit über 800 Spirituosen und zusammen mit unseren Sommeliers die grösste Sake-Auswahl Europas. Ihr obliegt auch die Cigar Library mit über 550 verschiedenen Zigarren. Leider gibt es noch zu wenig fachkundige Bartender, die wissen, wie ein Cocktail perfekt auf das Aromaprofil einer Zigarre abgestimmt wird. Wir sind glücklich, davon ein paar zu haben.

Sind Sie Maries Mentor?
Wir sind ein Team. Sie, das Gesicht des Projekts, die den Wissenshunger und Enthusiasmus mitbringt. Ich, der begeisterte Ein- und Verkäufer, der sich über 15 Jahre ein grosses Netzwerk im In- und Ausland aufgebaut hat.

Sie erfüllen also die kühnsten Träume Ihrer Aficionados?
Bestimmt! Ich habe reichlich Budget, um erlesene Zigarren und Raritäten einzulagern. Und je genialer die Sache wird, desto mehr Geld wird gesprochen. Auf diesem Weg kamen einige Importeure und Produzenten hinzu, die ihren Brand ins Konzept integrieren wollten und sich begeistert für unser Projekt engagieren.

Die Produkte dieser Hersteller gibt es doch überall?
Mein Anspruch an die Lieferanten ist deutlich: Das «Chedi» muss das erste Haus sein, dass die besten Zigarren erhält. Und das zumindest gleichzeitig mit deren Flagship-Stores.

Die Besten?
Wir bekommen Zigarren, die vergriffen sind, bevor sie ausgeliefert oder manchmal sogar produziert wurden (lacht). Ich habe eben erst einen Humidor für 30 000 Franken geöffnet, von denen es schweizweit drei Exemplare auf dem freien Markt gibt – zwei gehören uns. Ich bin wohl der einzige Verrückte, der ein Investitionsgut aufbricht, das an Wert zunimmt, und dessen Inhalt dann für Geniesser verfügbar macht.

Wieso machen Sie das?
Weil ich will, kann und das Netzwerk dafür habe. Und zum Rauchen sind Zigarren doch da.

«Wir führen die grösste Auswahl an Zigarren in einem Hotel weltweit.»
 

Ein teures Vergnügen.
Wir verkaufen 80 Prozent der Produkte zum Fachhandelspreis. Da rollen viele Betriebswirte jetzt mit den Augen, da sie noch den Service miteinkalkulieren würden. Das wollen wir nicht. 20 Prozent sind rare Kostbarkeiten, die wir zum Marktpreis kalkulieren.

Wer geht in die Cigar Library?
Wir sind weder devot noch snobistisch: Ob jemand also ein Zigarillo für fünf Franken raucht oder sich eine Cohiba Majestuosos 1966 für 1500 Franken gönnt, blutiger Anfänger oder waschechter Aficionado ist: Jeder, auch ausserhalb der stereotypen Klientel, ist willkommen.

(Interview Andrea Decker)


Zur Person

Tim-Martin Weber ist seit beinahe 20 Jahren in der Welt der High-End-Hotellerie unterwegs. Fernab von Alltäglichem versucht der Hotelier unentwegt, das «Rad neu zu erfinden» und gänzlich neue Ansätze zu finden, klassische Themen der Hotellerie in das neue Jahrhundert zu führen.