Klöpfer, Cervelat, Servelat, Zervelat, Stumpen, Proletenfilet, Filet im Darm, Arbeiterforelle: Der Cervelas ist die Schweizer Nationalwurst. Er wird im ganzen Land produziert und konsumiert.
Das 16. Jahrhundert war eine Zeit des Aufbruchs. Es war die Wende vom Mittelalter in die Neuzeit und entsprechend geprägt von historischen und sozialen Umwälzungen. Das Leben der Städter wurde zunehmend durch die Zeiteinteilung bestimmt. Ein Meilenstein war die Erfindung der Taschenuhr durch den Nürnberger Feinmechaniker Peter Henlein im Jahr 1510. Im 16. Jahrhundert gelangten zudem erstmals Kaffeebohnen über Arabien und Mekka nach Kairo und Konstantinopel, dem heutigen Istanbul. Dort eröffnete 1554 die erste Kaffeeschenke. Ebenfalls aus dem 16. Jahrhundert stammt das vermutlich älteste Rezept einer Wurst namens Cervelas. Die Anleitung «Wie man zerwùlawirstlach machen soll» stand im Kochbuch der deutschen Kochbuchautorin Sabina Welserin.
Als Mitte des 19. Jahrhunderts der Fleischwolf erfunden wurde, konnten erstmals Würste in grossen Mengen hergestellt werden. Die Möglichkeit der Massenfertigung machte die Wurst für sämtliche Gesellschaftsschichten erschwinglicher. Vor 1850 wurden Würste meist nur in Zusammenhang mit Hausschlachtungen hergestellt. Alle Zutaten mussten mühevoll mit Wiegemesser und Mörser zerkleinert werden.
In der Schweiz wurde der Cervelas erstmals 1749 in einem bernischen Kochbuch aufgeführt. Im Zusammenhang mit dem 1. August fand die Wurst erstmals 1891 Erwähnung.
Doch es dauerte bis nach dem Ersten Weltkrieg, bis der Cervelas von der Bevölkerung akzeptiert wurde. Die anfängliche Zurückhaltung war einerseits dadurch begründet, dass die Wurst aus dem süddeutschen Raum kam, andererseits das Fleisch von einer unbekannten rötlichen Farbe war. Oft gab damals auch die Qualität des Cervelas Anlass zu Diskussionen, weil zeitweise Kartoffelmehl beigemischt wurde. Dies konnte jedoch durch regelmässige Kontrollen unterbunden werden.
In jener Zeit wurde der Cervelas zur Arbeiterwurst. Dies, weil er kalt gegessen werden konnte und sich daher als Mittagsverpflegung für Fabrikarbeiter eignete.
Ab den 1930er-Jahren verbesserte sich die Qualität markant, denn im Zuge der geistigen Landesverteidigung investierten die Metzger verstärkt in die Qualität. Das Brät wurde feiner und gleichmässiger, die Würze konstanter und ausgewogener. Für die Herstellung schreibt die Lebensmittelverordnung heutzutage einen Mindestanteil von 30 Prozent Muskelfleisch vor. Genaue Angaben macht der Schweizer Fleisch-Fachverband: 18 Prozent Rindfleisch, 17 Prozent Schweinefleisch, 24 Prozent Wurstspeck, 14 Prozent Schwartenblock und 24 Prozent Eiswasser. Gewürzt wird mit Zwiebeln, Pfeffer, Koriander, Muskatnuss, Nelken und Knoblauch.$
(Ruth Marending)