Holz und ein Kubus aus Glas verbinden im Hotel Glocke in Reckingen/VS das traditionelle Gebäude mit einem modernen Neubau.
Rund um die idyllischen Dörfer Ritzingen, Reckingen-Gluringen oder Münster gibt es viel intakte Natur. Das lockt im Sommer Wanderer und Biker ins Oberwalliser Goms. Im Winter sind es Langläufer. Ein besonderer Ausgangsort für sportliche Aktivitäten ist das Hotel Glocke in Reckingen. Dort hat die Familie Schmid das 1987 eröffnete Stammhaus 2021 mit einem Neubau ergänzt. Beide Gebäude wurden nach baubiologischen und ökologischen Richtlinien errichtet und bei beiden spielt Holz eine wichtige Rolle.
Das alte Haus bietet 18 Zimmer. Im Neubau Goggwäärgji sind elf Zimmer entstanden. Goggwäärgjini sind kleine, bärtige Kreaturen keltischen Ursprungs. Sie haben ihren festen Platz in der Walliser Sagenwelt. Ihre Geschichten gibt Bernhard «Gioco» Schmid, Senior- Gastgeber und Unterhalter, den Gästen gern zum Besten.
Den Neubau betritt man über eine Sichtbetontreppe im Glaskubus, der Alt und Neu verbindet. Auf halber Höhe befindet sich rechter Hand ein luftiger, lichtdurchfluteter Kreativraum. Der lässt sich für Yoga in einer Gruppe ebenso nutzen wie für Seminare oder Konzerte in kleinerem Rahmen. Zur Linken gibt es im Wellness-Bereich drei Saunen, einen Frischwasser-Whirlpool sowie bequeme Liegen. In den Wellness-Bereich haben die Architekten eine Kabine hineingehängt, in der Massagen angeboten werden. Bevor es zu den Zimmern geht, grinsen zwei aus Holz geschnitzte Goggwäärgjini die Gäste an.
«Der Korridor zu den Zimmern ist einer Goggwäärgji-Höhle nachempfunden», erklärt Gastgeber Sebastian Schmid. «Deshalb leuchten die Bodenlampen dezent. Die Wände sind nach aussen geneigt und die Decke bildet einen spitzen Giebel.» Auch in den Zimmern sind die Wände und die Decke geneigt und bestehen wie der Korridor aus Holz. Auf den ersten Blick wirkt das helle und dunkle, verleimte Lärchenholz etwas wild. Doch das Auge gewöhnt sich rasch daran. Denn im Zimmer gibt es nebst Holz nur noch Textilien in Naturfarben und Glas. In warmen Farben bemalt, trennt dieses das Zimmer vom grosszügigen Bad. «Die etwas kühleren Zimmer profitieren von der Morgensonne. Die Zimmer zum Dorf werden von der Abendsonne so richtig aufgeheizt und sind für Gäste, die die Wärme mögen», sagt Sebastian Schmid. Eine Klimaanlage gibt es nicht. Dafür verfügt jedes Zimmer über eine grosse Schiebetüre und einen grosszügigen Balkon. «Sie können ruhig mit offener Schiebetüre schlafen. Die Nächte im Goms sind kühl», empfiehlt der Gastgeber.
Sebastian Schmid, Gastgeber
Natürlich können Zimmer im Hotel direkt gebucht werden. Die «Glocke» ist aber auch auf allen Buchungsportalen und Tourismusplattformen vertreten. Wer das Reservationsformular korrekt ausfüllt, muss beim Check-in nur noch unterschreiben und bei der Abreise müssen Gäste das Portemonnaie höchstens noch für das Trinkgeld zücken. Die Zimmertüren sind mit einem elektronischen Schliesssystem ausgestattet. Alle Lampen lassen sich beim Eingang und vom Bett aus dimmen sowie ein- und ausschalten. Unter der Dusche liefern gut isolierte Rohre rasch warmes Wasser, und keine automatische Lüftung rattert lange vor sich hin. Gäste, die mehr als einmal übernachten, erhalten täglich eine SMS mit einem persönlichen Link, über den sie ihre individuelle Zimmerreinigung wählen können. «Wer will, kann sich jeden Tag das Kissen auswechseln lassen. Bei einem mehrtägigen Aufenthalt behalten viele Gäste die Frottee-Wäsche. Dadurch können wir Betriebskosten sparen und reduzieren den CO2-Ausstoss», sagt Sebastian Schmid.
Bereits vor Baubeginn investierte die Familie Schmid. So ersetzte sie die Holzschnitzelanlage durch eine Pellet-Heizung. Die Pellets werden aus regionalem Holz im Goms hergestellt. Bio-Getreide mahlen die Köche selber und backen daraus eigenes Brot. Beim Fleisch pflegen sie die «Nose to Tail»-Philosophie. Die Weine stammen von Walliser Bio-Winzern oder sind aus Trauben gekeltert, die nicht gespritzt werden müssen. «Wir setzen alles daran, dass ein Aufenthalt im Hotel Glocke natürlich nachhallend ist», sagt Sebastian Schmid. Damit meint er die auf die Region bezogene, ökologische Bewirtschaftung. Aber auch das Wohlbefinden und Entschleunigen der Gäste. So gibt es trotz Hightech in den Zimmern keine Fernseher. Wer sich unterhalten möchte, liest ein Buch oder trifft in der Hotelstube Gäste zu Brettspielen oder einem Glas Wein.
(Gabriel Tinguely)