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«Leider können wir uns Food Waste leisten»

Sandro Furnari ist Mitgründer des Konzepts Äss-Bar, welches Backwaren vom Vortag verkauft. Er ist überzeugt: Es braucht ein Umdenken in unserer Gesellschaft.

Sandro Furnari von «Äss-Bar» weiss: Sind die Regale nicht voll gefüllt, wird es schwierig, die Restware zu verkaufen – ein gesellschaftliches Problem. (ZVG)

HGZ: Sandro Furnari, wie oft essen Sie selbst frisches Brot, wie oft welches vom Vortag?

Sandro Furnari: (lacht) Tatsächlich esse ich sehr oft frisches Brot, da ich mein Brot meist selbst backe. Dieses bleibt aber natürlich auch ein paar Tage lang haltbar.

Vor zehn Jahren waren Sie Mitgründer des Konzepts Äss-Bar. Was war ausschlag-gebend für die Idee?

Wir vier Co-Gründer kannten uns schon lange. Jemand sah ein ähnliches Konzept im Ausland, und wir waren sofort davon begeistert. Uns überzeugte die Idee, Backwaren länger in der Wertschöpfungskette zu behalten – keine karitative Organisation zu gründen, sondern Sinnhaftigkeit mit Wirtschaftlichkeit zu verbinden.

Wieso gibt es in den Läden denn überhaupt so viele Reste?

Die grundlegendste Ursache ist, dass unsere Gesellschaft sich das leisten kann. Die Produkte sind im Vergleich so günstig, dass es nicht so schlimm ist, wenn etwas weggeworfen werden muss. Ausserdem ist es für Betriebe praktisch unmöglich, den täglichen Bedarf exakt abzuschätzen. Da spielen zu viele Faktoren wie das Wetter, Veranstaltungen, Ferien und Zufälligkeiten mit.

Die Produkte selbst günstiger anzubieten, ist für die Läden kein Thema?

Für die meisten nicht. Einerseits würden sie damit ihr eigenes Angebot konkurrenzieren. Andererseits werben Bäckereien mit der Tagesfrische – dazu passen keine Artikel vom Vortag. Natürlich arbeiten sie aber mit uns oder karitativen Organisationen zusammen, um den Food Waste gering zu halten.

Was geschieht mit den Resten, die auch in der Äss-Bar nicht verkauft werden können?

Wir arbeiten mit verschiedenen karitativen Kanälen wie der Heilsarmee zusammen. Zudem können unsere Mitarbeitenden am Ende des Tages so viel mitnehmen, wie sie möchten. Der Rest wird zu Biogas verarbeitet. Zum Glück können wir aber 95 Prozent unseres Sortiments verkaufen.

In Ihren Filialen wird die Auswahl während des Tages immer kleiner. Müsste diese Philosophie öfters gelebt werden, um Food Waste zu vermeiden?

Das ist ein riesiger Spagat zwischen Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit. Fakt ist: Wenn unsere Vitrine am Nachmittag nur noch zu einem Drittel gefüllt ist, lässt sich der Rest nur schlecht verkaufen. Der Warendruck muss heutzutage leider gegeben sein. Die Kunden sind kaum mehr bereit, aus einem reduzierten Angebot zu nehmen, was noch übrig ist. Das ist ein gesellschaftliches Problem, und ich würde mir wünschen, dass hier ein Umdenken stattfindet.

(Angela Hüppi)


Äss-Bar

Die Äss-Bar betreibt Filialen in Basel, Bern, Biel, Lausanne, Luzern, Winterthur und Zürich. Die übrig gebliebenen Backwaren werden abgeholt und günstiger weiterverkauft. Die Partnerbäckereien erhalten eine Rückvergütung imRahmen einer Umsatzbeteiligung. Jährlich rettet die Äss-Bar rund 800 Tonnen Brot und Backwaren.

aess-bar.ch