Mike Wehrle rät Jungköchen, im Ausland den Blick über den Tellerrand zu wagen. Denn wer an die Spitze will, muss mehr machen als andere – und sich ein Netzwerk auf bauen
Mike Wehrle: Thailand. Die Menschen sind einfach sehr herzlich, was wohl unter anderem mit dem Buddhismus zu tun hat. Die Herausforderung ist sicher, dass man nie ein Nein hören wird. Wenn also ein Thai Ja sagt, muss man erst herausfinden, ob das nun ein Ja-Ja oder ein Nein-Ja ist.
Ich wollte einfach nochmals etwas anderes sehen, einen Blick über den Tellerrand werfen. Ich habe nun auf den drei Kontinenten Europa, Asien und Amerika gearbeitet – das bringt einen nicht nur fachlich, sondern auch menschlich weiter.
Man lernt, mit verschiedenen Kulturen und Mentalitäten zusammenzuarbeiten, mit schwierigen Situationen umzugehen – etwa, wenn kein fliessend Wasser oder kein Strom da ist oder importierte frische Produkte nur einmal pro Woche geliefert werden.
Ich kenne jetzt die verschiedenen Küchen. Etwa die Thai-Küche die mit wenig Fett und Salz und à la minute gekocht, eine Geschmacksexplosion erzeugt. Wenn man Thais ein Gulasch vorsetzt, meinen sie nur: Dafür hast du eine Stunde in der Küche gestanden? Das schmeckt ja langweilig!
Als ich in die USA ging, dachte ich, die kochen gleich wie wir. Dabei stimmt das überhaupt nicht. Die Arbeit dort hat mir die Augen geöffnet: Es gibt nichts, was es nicht gibt. Die machen die verrücktesten Food Pairings. Im Salat etwa ist einfach alles drin: Nüsse, Trockenfrüchte, Käse, Blauschimmelkäse und so weiter. In der Schweiz lernen wir, so etwas nicht zu machen – aber in den USA ist alles möglich. Auch wenn du dir vielleicht nach ein paar Monaten einen einfachen Salat wünschst.
Ausschlaggebend war die Herausforderung, das Bürgenstock Resort zu eröffnen und verantwortlich für zwölf Restaurants zu sein. Meine Auslandserfahrung kommt mir hier natürlich zugute: Ich weiss beispielsweise, wie asiatisches Essen schmecken muss. Das respektieren die Köche und lassen mich auch mitreden (lacht).
Wichtig ist, dass man nicht zu früh geht. Man lernt im Ausland zwar viel dazu, ist aber eigentlich da, um seine Erfahrung zu teilen. Die Basics müssen stimmen, daher sollte man erst in einer ExecutiveSous-chef- oder Chef-de-cuisinePosition ins Ausland gehen. Dann aber rate ich jedem, diese Chance zu packen. Auslandserfahrung bringt einen fachlich und menschlich weiter. Ausserdem hilft sie, an die Spitze zu kommen – dafür muss man natürlich auch mehr tun als andere. Und man baut sich ein Netzwerk auf. Das ist unerlässlich, denn die besten Stellen werden nicht ausgeschrieben.
(Interview Angela Hüppi)