Eine Food-Waste-Messung sorgt nicht nur für mehr Nachhaltigkeit im Betrieb, sondern auch für Einsparungen und kostengünstiges Marketing. Davon ist Gastgeberin Monika Meister überzeugt.
Monika Meister, weshalb hat sich das Gletscher-Hotel Morteratsch entschieden, gemeinsam mit United Against Waste eine Food-Waste-Messung durchzuführen?
Viele in unserem Team leben Nachhaltigkeit bereits persönlich in vielen Bereichen. Zudem ist das Val Morteratsch ein sehr sensibler Ort. Wild- und Naturschutzgebiete umgeben uns, der Gletscher liegt direkt vor der Tür. Wir wollten mit diesem Projekt ein Zeichen setzen. Wenn ein Ausflugsrestaurant mit stark schwankendem Gästeaufkommen den Food Waste verringern kann, dann kann es wohl jeder.
Wie viel Aufwand bedeutet die Messung für den Betrieb?
Klar, es ist ein gewisser Mehraufwand. Man muss die Routine brechen und neue Abläufe implementieren, um alle Abfälle zu sammeln und genau erfassen zu können. Letztlich mussten wir aber weder mehr Personal noch Überstunden aufwenden. Wichtig war, dass Küchenchef Thorsten Stegemann voll hinter dem Projekt stand.
Sie führten die Messung im Frühling 2020 durch. Welchen Einfluss hatte der Lockdown auf die Resultate?
Wir konnten die Messung in drei von vier geplanten Wochen durchführen und eine Routine etablieren. Die Messung war auf jeden Fall aussagekräftig.
Welche Massnahmen wurden nach der Messung eingeführt?
Während des Projekts haben wir die Gesamtsumme unseres Food Wastes in Kilo pro Tag auf einer Tafel beim Eingang publiziert. Viele Gäste haben uns darauf angesprochen, das erleichterte den Dialog. Weiter haben wir in der Karte vermerkt, dass auch kleinere Portionen erhältlich sind, bei Mehrgängern gibt es diese nun automatisch. Bei Resten fragen wir die Gäste, ob sie diese mitnehmen möchten.
Wie kommen die kleineren Portionen an?
Es braucht etwas Menschenkenntnis, um zu erkennen, ob ein hungriger Berggänger oder eine ältere Dame mit kleinerem Appetit vor mir sitzt. Der Gast schätzt diesen persönlichen Service unserer Erfahrung nach aber sehr.
Wie sieht es beim Buffet aus?
Das Frühstücksbuffet wurde umgekrempelt. Anstelle von vorgeschnittenem Käse und Früchten gibt es nun ganze Stücke, von denen sich die Gäste selbst abschneiden können. So können die Reste wunderbar weiterverwertet werden. Wir achten zudem darauf, dass sich Zutaten in anderen Gerichten oder im Menü des nächsten Tages wiederfinden, auch das hilft bei der Resteverwertung.
Erschwert die Corona-Krise den Kampf gegen Food Waste?
Die Corona-Krise bringt uns zwar öfters an den Rand der Verzweiflung, im Bereich Food Waste birgt sie aber auch Vorteile. Da wir nur Hotelgäste bedienen dürfen, ist alles genau kalkulierbar. Wir haben das Angebot drastisch verkleinert. Am Buffet wird vieles in Mini-Gläschen angeboten, so lässt sich der Verbrauch besser steuern.
Wie haben sich die Massnahmen auf den Food Waste ausgewirkt?
Wir konnten den Food Waste nach der ersten Messung jede Woche verringern, in den besten Wochen um 20 Prozent. Wir haben ausserdem gelernt, Aspekte wie das Wetter oder den Umsatz vom vergangenen Jahr in die Kalkulation miteinzubeziehen.
Würden Sie anderen Betrieben eine Messung empfehlen?
Unbedingt. Für uns war die Teilnahme mehr als erfolgreich. Das Storytelling rund um unseren Einsatz für Nachhaltigkeit ist für uns das effektivste Marketinginstrument, welches ausser etwas Zeit kaum etwas kostet. Das Projekt hat uns zudem zusammengeschweisst und war eine spannende Abwechslung zum ausgeprägten Tages-Business.
(Angela Hüppi)
Das Gletscher-Hotel Morteratsch in Pontresina/GR ist eines von sieben Hotels, die im Frühling 2020 gemeinsam mit Valentin Gastro und United Against Waste eine Food-Waste-Detailmessung durchgeführt haben. Das Hotel legt hohen Wert auf Nachhaltigkeit und hat bereits viele Massnahmen umgesetzt. So verfügt es etwa über eine eigene Wasserquelle und bezieht auch den Strom vom Val Morteratsch.