Letzten Donnerstag begann für die Porzellanfabrik Langenthal ein neues Kapitel in ihrer langen Geschichte.
Nach einer kurzen humorvollen Ansprache sollte das Band zur Eröffnung des neuen Showrooms der Porzellanfabrik Langenthal AG in Langenthal/BE durchschnitten werden. Doch es riss, bevor Marek Stanzl, René Trösch und Gian Kämpf ihre Scheren ansetzten. Kein Problem. Die drei freuten sich trotzdem. Gian Kämpf, CEO der Ducksch Anliker AG, der das Areal der Porzi Langenthal seit 2017 gehört, ist froh über den neuen Glanz in der alten Fabrik. Marek Stanzl freut sich, dass «sein» Porzellan in bestem Licht präsentiert werden kann. Er ist der Haupteigentümer der G. Benedikt Gruppe in Karlovy Vary/Karlsbad (CZ), zu der die Porzi Langenthal gehört. René Trösch, Geschäftsführer der Porzi Langenthal, und seine 15 Mitarbeitenden schliesslich sind froh, dass das Porzellanschleppen eine Ende hat und sie im grosszügigen Showroom wieder Kunden empfangen dürfen.
Im Jahr 1906 wurde die Porzellanfabrik Langenthal AG, die alle kurz Porzi nennen, gegründet. Nach zwei Jahren Bauzeit kam der erste Brand aus dem Ofen. In der Zwischenkriegszeit erreichte die Schweizer Porzellanqualität internationale Anerkennung. Im Jahr 1937 wurde als Weltpremiere ein 120 Meter langer Tunnelofen gebaut, der es erlaubte, in 24 Stunden dreieinhalb Tonnen Porzellan zu brennen. Die Porzi Langenthal übernahm 1973 die Porzellanfabrik Pillivuyt in Frankreich. Zehn Jahre später war es die Keramik Holding AG in Laufen/AG, führender Anbieter von Sanitärporzellan, welche die Porzi Langenthal übernahm. Gleichzeitig wurde die Geschirrsparte durch die Acquisition der Porzellanfabrik Karlovy Vary in Tschechien erweitert.
Das Grounding der Swiss als grössten Kunden brachte die Porzi Langenthal in finanzielle Schwierigkeiten. «Wir als Tochterfirma mussten übernehmen», erzählte Marek Stanzl im Rahmen der Eröffnung des Showrooms. «Denn die Porzi Langenthal besass die Patente, mit denen wir arbeiteten.»
Heute wird ausschliesslich in Karlsbad produziert. Unter dem Dach der G. Benedikt Gruppe, zu der auch Lilien Porzellan in Österreich sowie der Glas- und Besteckhersteller Bohemia gehören, entstanden zahlreiche Neuheiten. «Daran werden wir auch weiterhin arbeiten», sagte René Trösch. Ob an Formen, Materialien oder Designs wollte er jedoch noch nicht verraten.
Die Ducksch Anliker AG, spezialisiert auf Sanierungen sowie Neu- und Umbauten, hat Pläne, das weitläufige Areal zu beleben. So wurde im alten Showroom das «Przi Rest Lthal» als Restaurant und Eventlokal eingerichtet. In der alten Ofenhalle sollen zukünftig kulturelle Anlässe stattfinden. Die Premiere macht die Gartenoper Langenthal mit der «verkauften Braut» von Bedřich Smetana. «Wir testen, was funktioniert», sagt Gian Kämpf. «Wir wollen die Ofenhalle nicht selbst betreiben und suchen uns einen Partner dafür.»
(Gabriel Tinguely)