Nicht jeder Absolvent einer Hotelfachschule wird Manager eines Fünfsternebetriebs. Ein Alumnus führt den zurzeit angesagtesten Nachtclub in Zürich.
«Sorry, nur Member», erklärt der Türsteher in anständigem Ton. Ganz so, als hätte er dieselbe Antwort heute nicht schon mehreren Dutzend, ja vielleicht gar ein paar Hundert Gästen gegeben. «Danke und gute Nacht.» 28 Personen stehen vor dem Eingang. Warten, hoffen, wollen rein ins «Haus von Klaus» in Zürich. Es ist Samstagmorgen, kurz nach sieben Uhr.
Im «Klaus», wie man den nach dem verstorbenen deutschen Schauspieler und Enfant terrible Klaus Kinski benamsten Nachtclub nennt, bringt der DJ das Partyvolk mit harten Techno-Beats zum Wippen. Es sind eher Schläge als Klänge, man tanzt alleine, viele mit geschlossenen Augen. Keine ausgeflippten Choreografien, mit coolen Arm- und Handbewegungen wird angedeutet: Ich fühle die Musik gerade so richtig.
Im Januar 2016 eröffnete der Nachtclub an der Langstrasse 112 im Zürcher Chreis Cheib. Die Macher waren sich rasch einig: Das wird ein Member-Club. Feiern unter Freunden. Das macht es auch dem Türsteher einfach, jene am Eingang abzuwimmeln, die man drinnen nicht haben möchte. Von denen hat es samstags um sieben Uhr in der Früh genug.
Auffällige Kreaturen verleihen dem «Klaus» seinen coolen Stil. Frauen mit Sonnenbrille, Männer mit Glitzer im Gesicht. Einer trägt einen schwarzen Melonenhut, sein rotes Jackett erinnert an einen Zirkusdirektor. Gut gelaunt lädt er einen Gast zum Bier ein, einen anderen begrüsst er mit einer herzlichen Umarmung. Dann spricht er etwas in sein Funkgerät und eilt zur Tür. Der Mann mit Melone ist Oliver Jordan, operativer Leiter des Clubs. Seines Zeichens diplomierter Hôtelier-Restaurateur, im vergangenen Jahr schloss er den Studiengang an der Schweizerischen Hotelfachschule Luzern SHL erfolgreich ab.
Oliver Jordan muss laut lachen, als er sich im Gespräch mit der Hotellerie Gastronomie Zeitung an jene Zeit erinnert, als ihn SHL-Koryphäe Christian Baur noch aufforderte, die grossen Ohrstecker rauszunehmen. «Das war mir damals alles ein wenig zu klassisch», bemerkt der 28-Jährige. «Man kann einen Laden auch weniger streng managen, und es funktioniert trotzdem.»
Dass dies tatsächlich möglich ist, beweisen die Klaus-Macher: 42 Mitarbeiter stehen auf der Lohnliste, alle auf Stundenbasis. Am späten Donnerstagabend wird hier ins Wochenende gestartet, am Freitag und Samstag geht es weiter. Oft wird 36 Stunden lang durchgefeiert. Dreihundert, höchstens vierhundert Gäste werden gleichzeitig reingelassen. Das «Klaus» ist stets gut gefüllt.
Jordan liebt die Partys in «seinem» Club, feiert selbst mit, ohne dabei seine Rolle als Gastgeber zu vernachlässigen. Mal ist er der nette Oli, mal ist er der ernste Mann mit Melone, der vor Unfug mahnt und mit Hausverbot droht. Das komme allerdings selten vor, echte Probleme habe man im «Klaus» kaum. Stress mit den Behörden gab es in den anderthalb Jahren seit der Eröffnung nie. «Wir haben den Vorteil, dass wir praktisch alle Gäste kennen. Sie gehören zu unserem erweiterten Freundeskreis, sind als Member registriert. Keiner will die Mitgliedschaft aufs Spiel setzen.»
Am Montag geniesst Oliver Jordan seinen einzigen Ruhetag. «Die Leute unterschätzen, wie viel es im Hintergrund zu tun gibt. Das riesige Chaos vom Wochenende aufräumen, Bestellungen vornehmen, Wäsche machen, viele kleine und grosse Dinge erledigen. Aber am meisten Zeit beansprucht das Personal.»
Mitarbeiter führen, Arbeitspläne schreiben, Löhne: Es sind jene Aufgaben, die seiner Zeit an der SHL – eigentlich wollte er nach dem ersten Semester abbrechen – eben doch einen Sinn verleihen. «Im Unterbewusstsein habe ich viel Wichtiges mitgenommen von der Schule. Die Kennzahlen der Branche, den Umgang mit Mitarbeitern, das Kontaktnetz und weitere Bausteine.»
Gut möglich, dass er künftig weitere Fähigkeiten als Gastgeber in die Waagschale werfen wird: Die Entscheidungsträger denken über ein weiteres Gastroprojekt nach. Eine Bar oder ein Restaurant könnte es werden. Gewiss hip, gewiss nicht ganz nach SHL-Lehrbuch. Gewiss mit grossen, schwarzen Ohrsteckern.
(Benny Epstein)