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«Regionalität ist ein stärkerer Trend als Bio»

Der Geschäftsführer des Trägervereins Culinarium beurteilt die gelebte Regionalität bei vielen Gastronomen eher kritisch.

Laut Urs Bolliger ist Regionalität eher ökonomisch und sozial nachhaltig, während bei Bio die ökologische Nachhaltigkeit im Vordergrund steht. (zvg)

Urs Bolliger, den Trägerverein Culinarium gibt es seit fast 25 Jahren. Welches sind für Sie die wichtigsten Errungen­schaften?

Der Trägerverein Culinarium besteht seit März 2000. Wir konnten regionale Produkte vor allem im Detailhandel etablieren. Die Detailhändler bieten vermehrt Produkte aus der Umgebung an. Wir haben zum Beispiel 2003 die Zusammenarbeit mit Migros Ostschweiz begonnen. Die Produkte, die unter dem Label «Aus der Region. Für die Region.» verkauft werden, müssen von uns zertifiziert sein. Mittlerweile bietet der Detailhändler Regionalprodukte in der ganzen Schweiz an. Hier funktioniert die Regionalität sehr gut.

Wie sieht es bei den Gastro­nomiebetrieben aus?

Im Jahr 2001 haben wir damit begonnen, Gastronomiebetriebe zu zertifizieren. Mittlerweile zählen wir über 50 Mitgliederbetriebe aus der Ostschweiz.

Was aber nicht sehr viele sind.

Leider hat es sich herausgestellt, dass viele Gastronomen weniger regionale Speisen anbieten als sie vorgeben. Viele tun sich schwer damit, Lieferanten aus der nächsten Umgebung zu suchen. Es ist einfacher, alle Produkte beim Grossisten einzukaufen. Es gibt aber auch sehr vorbildliche Betriebe, für welche wir ein neues Basismodell entwickelt haben. Bei diesem Modell erreicht der Partnerbetrieb einen Wareneinkaufswert von mindestens 25 Prozent mit regionalen Produkten. Wer auf der herkömmlichen Stufe «zertifiziert» Mitglied ist, muss seinen Warenfluss sowie die Auslobung von regionalen Speisen und Getränken regelmässig durch eine unabhängige Zertifizierungsstelle überprüfen lassen.

Sie zeichnen Produzenten und Gastronomen als Culinarium-Könige aus. Wie funktioniert die Auswahl?

Für die Produzenten gibt es einen Wettbewerb, für den sie sich bewerben können. Bei den Gastronomen bestimmen wir jeweils einen Betrieb, der als Culinarium-König ausgezeichnet wird. Hierfür wählen wir Betriebe aus, die Regionalität auf eine besonders vorbildliche Art und Weise vorleben.

Warum gibt es Culinarium «nur» in der Ostschweiz?

Wir sind auf Partner angewiesen, und wir können es uns finanziell nicht leisten, im grossen Stil Kommunikation zu betreiben. Zudem ist die Ostschweiz sehr gut vernetzt. Damit wir auch national agieren können, sind wir Teil des Vereins Schweizer Regionalprodukte. Und ich denke, wir haben hier in der Ostschweiz einen Trend befeuert, der sich ausgebreitet hat. Denn in gewissen Märkten ist mittlerweile die Regionalität ein stärkerer Trend als Bio. Bei der Regionalität steht die ökonomische und soziale Nachhaltigkeit im Vordergrund. Dies im Gegensatz zu Bio und IP-Suisse, denen die ökologische Nachhaltigkeit wichtiger ist. 

(Daniela Oegerli)


Zur Person

Urs Bolliger (54) ist seit 2001 Geschäftsführer vom Trägerverein Culinarium. Der gelernte Landwirt hat die Matura nachgeholt und an der ETH Agronomie mit der Vertiefung Marketing studiert. Davor war er an verschiedenen Orten als Freelancer tätig.


Mehr Informationen unter:

culinarium.ch