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Simone Ragusa «Tessiner Merlot ist vergleichbar mit Bordeaux»

Wer an Tessiner Wein denkt, denkt an Merlot. Simone Ragusa, bester Schweizer Sommelier 2014, arbeitet im Fünfsternehotel Splendide Royal in Lugano und weiss alles über den Tessiner Wein.

Simone Ragusa weiss die Weine aus der Region zu schätzen. (ZVG)

HGZ: Simone Ragusa, im Weinkeller ihres Arbeitsplatzes am Lago di Lugano liegen unzählige der besten Tropfen der Welt. Welche Rolle spielen die Tessiner Merlots darin?

Simone Ragusa: Wir bieten ungefähr 140 verschiedene Merlots an. Ihre Produzenten sind in unserer Weinkarte sowie in unserem Weinschatzkästchen, wie wir unseren neuen Weinkeller im Erdgeschoss nennen, auf einer Karte mit ihrer Herkunft versehen. Zudem stellen wir die zwölf Winzer kurz vor, welche wir für die besten der Region halten. 45 Prozent aller verkauften Weine sind Merlots aus dem Tessin.

Können Sie uns die wichtigsten Fakten rund um den Tessiner Merlot darlegen?

Klar. Der Kanton Tessin ist eine kleine Weinregion. Es werden auf nur 1000 Hektaren Reben angepflanzt. Dies von rund 350 Produzenten, darunter fünf grosse, die 80 Prozent aller Weine machen. Auf 85 Prozent dieser Fläche gedeihen Merlottrauben. 1905 begann Giovanni Rossi damit, Merlot im Tessin anzupflanzen, um die Qualität der einheimischen Weine zu verbessern. Vorher verwendete man dazu hauptsächlich die Americana- und die Bondola-Trauben.

Wieso bieten Sie so viele Merlots aus dem Tessin an?

Diese Weine sind wichtig für uns, denn wir beherbergen Gäste aus der ganzen Welt. Es ist toll, wenn wir ihnen Produkte zeigen können, die sie nicht kennen. Das tue ich insbesondere dann, wenn sie sich einen Wein empfehlen lassen. Wir haben vom Schaum- bis zum süssen Wein alles aus der Region im Angebot. Deshalb können wir ganze Menüs mit einer regionalen Weinbegleitung anbieten.

Wie kommen die einheimischen Merlots denn bei Ihren Gästen an?

Sehr gut. Unsere lokalen Gäste wollen sogar explizit regionale Weine trinken, sie kennen die Tropfen von hier. Das ist manchmal eine Herausforderung für mich. Denn ich muss mehr über die Weine wissen als sie (lacht). Die ausländischen Gäste sind meist positiv überrascht von der Qualität der Tessiner Merlots. Und wenn ich ihnen den Schaumwein oder den Süsswein präsentiere, staunen sie wirklich.

Was ist ihre persönliche Meinung zum Tessiner Merlot?

Es gibt viele verschiedene Merlots, aber man kann sagen, dass die meisten eine mittlere bis hohe Qualität ausweisen und dass sie eher teuer sind. Charakter und Struktur gleichen den italienischen Weinen, Alkoholgehalt und Tannine sind vergleichbar mit denjenigen des Bordeaux. Unsere Merlots sind meist gut balanciert und elegant im Geschmack.

Welche sind Ihre persönlichen Favoriten?

Einen der besten Schweizer Weine stellen meiner Meinung nach Luigi und Luigi Junior Zanini mit dem «Vinattieri» her. Einen Merlot, den sie nach ihrem Weingut im südlichen Tessin benannt haben. Dann mag ich die Weine von Ivo Monti in Cademario sehr. Er macht sehr elegante Weine. Meiner Meinung nach ist sein «Rosso di Ronchi» der beste Blend des Tessins. Er gibt dem Wein mit den Traubensorten Carminoir und Ancellotta viel Komplexität und Struktur. Gianfranco Chiesa ist einer der besten Weinmacher der Schweiz. Seine Weine kommen sehr elegant daher, fast wie Burgunder. Sie weisen Substanz und viel Mineralität aus.

Mit welchen drei Merlots deckt ein Gastronom die Varietät dieser Weine aus dem Tessin einigermassen ab?

Ich würde einen Weissen aus dem Locarnese auf die Karte nehmen. Der Boden dort weist viel Granit auf, was zu Mineralität führt. Zum Beispiel den Merlot Chiar di Luna von Delea Vini. Er ist leicht, floral und erfrischend. Dieser Wein passt perfekt zu lokalem Fisch wie Felchen. Dann würde ich den Merlot-Blend Collina d’ Oro von Lisetta Lucchini ins Sortiment nehmen. Dieser Wein ist von der Struktur, Qualität und Eleganz her ein typischer Tessiner Merlot. Er ist fruchtig, floral und weist eine gewisse Schärfe auf. Und um das Bild abzurunden natürlich meinen Favoriten, den Merlot Vinattieri 2009 oder älter. Das ist ein moderner Merlot mit viel Struktur, Röstnoten und Kakaoaromen. Im Mund kommt er sehr komplex daher, seine Mineralität sorgt für einen langen Abgang. Wenn ich einen vierten empfehlen dürfte, wäre das der Süsswein Sweet Dreams aus Chardonnay-, Sauvignon- und Sémillontrauben von Brivio Vini.

Wie sieht Ihre Zusammenarbeit mit den Produzenten aus?

Wir pflegen eine freundliche Zusammenarbeit. Sie laden mich zum Testen der neuen Weine und verschiedener Jahrgänge ein. Das ist super, so lerne ich ihre Weine und die Unterschiede zwischen den einzelnen Jahrgängen kennen. Manchmal schicke ich Hotelgäste in lokale Weinkeller. An speziellen Anlässen lade ich die Produzenten ein, um über ihre Weine zu referieren. Und ich spreche manchmal an Anlässen über ihre Produkte.

(Interview Sarah Sidler)


Mehr Informationen unter:

www.spendide.ch