Networking-Anlässe sind für die meisten eher ein lästiges Übel als eine tolle Gelegenheit, neue Kontakte zu knüpfen. Dabei könnte es so einfach sein.
Sobald die Sonne scheint, sind die meisten Menschen besser gelaunt, spendabler und gehen auch offener auf andere Menschen zu. Darauf zumindest lassen einige Studien schliessen, die sich mit dem Zusammenhang von Wetter und der menschlichen Psyche befassen. Darunter etwa eine Studie des Sozialpsychologen Nicolas Guéguen. Diese ist zwar bereits 2013 im Fachblatt Social Influence erschienen, hat jedoch immer noch ihre Gültigkeit. Guéguen fand heraus, dass Männer bei Flirts eine höhere Erfolgsquote verzeichnen können, wenn die Sonne scheint. In derselben Studie kam Guéguen zu dem Schluss, dass die Menschen bei strahlend blauem Himmel hilfsbereiter sind, als bei bewölktem. Anlässe bei schönem Wetter, wie wir es derzeit haben, sind somit der ideale Zeitpunkt, um an seinen Networking-Fähigkeiten zu feilen. Gelten Schweizerinnen und Schweizer doch sonst eher als verschlossen. Das Nachrichtenportal Swissinfo.ch hat dazu auf Youtube gar ein Video hochgeladen: «How to make friends with a Swiss person» - was auf Deutsch soviel bedeutet wie «Wie macht man sich eine Schweizerin oder einen Schweizer zum Freund».
Im beruflichen Kontext muss es natürlich nicht gleich die grosse Freundschaft sein, dennoch hadern viele damit, an Networking-Anlässen das zu tun, wofür die Anlässe eigentlich gedacht wären: networken. Dabei wäre das in unserer Branche, insbesondere angesichts der aktuellen Herausforderungen, der sich Mitarbeitende und Betriebe gegenübergestellt sehen, eine tolle Möglichkeit, etwa von spannenden Jobs oder vielversprechenden Lösungsansätzen zu erfahren.
Autorin Lynn Bruines, die unter anderem für die EHL Hospitality Business School schreibt, rät, sich vor der Veranstaltung über die Besuchenden zu informieren und sich zudem ein positives Mindset zuzulegen. Ersteres hilft dabei, am Anlass auch wirklich mit jenen Menschen in Kontakt zu treten, die relevant sind. Letzteres senkt die Hürde, fremde Menschen anzusprechen. Ins Gespräch kommt man laut Bruines am besten mit offenen Fragen, also solchen, die nicht nur mit Ja oder Nein beantwortet werden können. Zumal man mit einer offenen Frage auch eher in Richtung eines gemeinsamen Nenners steuern kann. Für Bruines ist es gar der einfachste Weg, um eine Beziehung mit jemandem aufzubauen. «Das kann buchstäblich alles sein. Von der Arbeitsstelle über die Nationalität, die Persönlichkeit bis hin zur Industrie. Es ist wissenschaftlich erwiesen, dass Menschen andere Menschen mögen, die Ihnen in gewisser Weise ähnlich sind.»
Weiter rät sie dazu, sich an einem Networking-Anlass zu vergegenwärtigen, dass man nicht am arbeiten ist. «Es fühlt sich seltsam an, sich nicht auf die Arbeit zu konzentrieren, aber genau so funktioniert es», sagt sie. Wem es gelinge, die Denkweise zu ändern, der erziele auch bessere Ergebnisse.
Die Winterthurer Firma Skillsgarden wiederum empfiehlt, sich an fünf klare Schritte zu halten. Erstens, sollte man sich klare Ziele für das Networking setzen. Und sich auch daran erinnern, warum sich Networking lohnt. «Je stärker wir Netzwerken mit positiven Emotionen verbinden können, umso schwerer werden es hindernde Glaubenssätze haben», sagt Trainer und Berater Jonas Najzion. Er rät weiter, das Ziel samt den Gefühlen, die wir damit verbinden, zu visualisieren. «Das verstärkt den Abbau unserer inneren Hindernisse».
Schritt zwei ist, sich der eigenen Aussenwirkung bewusst zu werden. Stellt man sich vor, sollte man bereits vorab in etwa im Kopf haben, wie man sich vorstellen möchte. Das Was, das Wie und das Warum sollten dabei beantwortet werden.
Schritt drei – andere finden – trifft für einem Anlass vor Ort nur bedingt zu. Hier geht es nämlich darum, das bestehende Netzwerk systematisch zu erfassen. «Wir empfehlen eine Liste oder ein Mindmap zu erstellen und daabei das Berufs- und Privatleben durchzugehen», so Najzion. Es sei erstaunlich, wie viele interessante Kontakte sich oftmals bereits im Netzwerk befinden würden. Das können ehemalige Arbeitskollegen sein, aber auch Lieferanten oder Schul- und Unikollegen. Bei der Suche nach neuen Kontakten empfiehlt Najzion weiter, nicht ins Blaue hinaus zu suchen, sondern Menschen zu kontaktieren, mit denen man bereits eine gemeinsame Bekannte, beziehungsweise einen gemeinsamen Bekannten hat.
Schritt vier und fünf betreffen Ansprache und das Aufrechterhalten des Kontaktes. Auch Najzion weist darauf hin, wie wichtig es ist, der Sache positiv gestellt zu sein und zudem nach Gemeinsamkeiten zu suchen. «Wenn Sie dann eine Übereinstimmung gefunden haben, dann folgen Sie diesem Faden. Eine einfache Methode, um schnell ein tiefergehendes Gespräch zu erzielen, ist, nach dem Warum zu fragen», so Najzion. Wenn etwa beides Köche sind, kann die Frage nach den Gründen bereits der Start für ein tolles Gespräch sein. Um diesen Kontakt dann auch halten zu können, rät Skillsgarden dazu, dem neuen Kontakt innert 72 Stunden mitzuteilen, dass man sich über das Kennenlernen gefreut habe und man sich auf ein baldiges Wiedersehen freuen würde. «Es gilt: Je persönlicher die zweite Kontaktaufnahme, desto stärker werden Sie der Person in Erinnerung bleiben», betont Najzion.
(Désirée Klarer)