Eigentlich dreht sich im Hotelzimmer alles um das Bett. Trotzdem wird dem Schlaf der Gäste oft erschreckend wenig Aufmerksamkeit zuteil. Dabei bräuchte es manchmal gar nicht viel, um diesen zu fördern.
Wer kennt es nicht: Zu wenig Schlaf führt nicht nur zu schlechter Stimmung, sondern auch zu weniger Leistungsfähigkeit und bei längerer Dauer gar zu schwerwiegenden gesundheitlichen Problemen wie Herz- und Nierenerkrankungen oder Bluthochdruck. Nun könnte man meinen, dass sich Hotels auf das Thema Schlafen quasi spezialisiert haben – immerhin verbringen die meisten Gäste ihre Zeit im Zimmer vor allem im Bett. Schlafexpertin Christine Lenz ist allerdings immer wieder schockiert über den geringen Stellenwert, der dem Thema beigemessen wird: «Ich habe schon unglaubliche Dinge erlebt. Das geht von Fenstern ohne richtige Rollläden über schmuddelige Bettwäsche bis hin zum Einzelzimmer direkt neben der lauten Küche.»
Einer der Betriebe, die Christine Lenz berät, ist das bayerische Berghotel Rehlegg. «Das Thema Schlaf wird bei uns grossgeschrieben, weil sich schlechter Schlaf auf das gesamte Leben auswirkt», sagt Inhaber Hannes Lichtmannegger. Dank der Lage im Nationalpark Berchtesgaden bietet die Umgebung des «Rehlegg» viel frische Bergluft und wenig Lichtverschmutzung – beste Voraussetzungen für guten Schlaf. In den Zimmern finden die Gäste Hilfsmittel wie den eigens für das Hotel hergestellten Schlafmützen-Tee, eine Wärmflasche sowie eine Schlaffibel mit Tipps und Tricks für einen guten Schlaf. Natürliche Materialien wie Holz und Schafwolle sollen das Schlafklima weiter fördern. Zudem ist die Zimmerkategorie Lichtnelke voll und ganz auf das Thema Schlaf ausgelegt. «Hier stehen keine Störfaktoren wie Fernseher oder Minibar, und im Badezimmer gibt es einen Kneipp-Schlauch, mit dem die Gäste schlaffördernde Kneipp-Güsse durchführen können», so Hannes Lichtmannegger. Am wichtigsten sind aber natürlich qualitativ hochwertige Betten. Im «Rehlegg» stammen diese von der schwedischen Firma Hästens. «Hästens produziert jede Matratze und jedes Bett von Hand, zum Einsatz kommen nur natürliche und hochwertige Materialien», so Lichtmannegger.
Mit besonders gutem Schlaf wirbt auch die Hotelmarke Novotel. «Eine kürzlich von uns durchgeführte Umfrage hat gezeigt, dass 86 Prozent der Menschen in Nordeuropa mit Schlafproblemen kämpfen», sagt Regional Marketing Manager Robert Neubauer. «Dem wollen wir entgegenwirken, indem wir unseren Gästen die besten Bedingungen bieten, um auf Reisen neue Energie zu tanken.»
So wurden unter anderem die Betten gemeinsam mit Experten eigens für Novotel entwickelt, und in den Gästezimmern warten Schlaftagebücher und Ausmal-Materialien für Kinder auf die Gäste. Dank einer Kooperation mit der Calm-App können die Gäste zudem auf schlaffördernde Meditationen und Einschlafgeschichten zugreifen. Gemäss Robert Neubauer ist die Schlafqualität zwar nicht immer das vordergründige Auswahlkriterium bei der Hotelwahl. Aber: «Wer in einem Hotel schlecht schläft, wird das bei künftigen Entscheidungen unter Umständen berücksichtigen.»
Im Hotel Rehlegg setzt man sich derweil nicht nur für den guten Schlaf der Gäste, sondern auch den der Mitarbeitenden ein. Regelmässig erhalten diese Schulungen von Schlafexpertin Christine Lenz. «Für einzelne Mitarbeitende gibt es sogar Schlafüberwachungen inklusive professioneller Auswertung», so Hannes Lichtmannegger. Zudem steht für alle Mitarbeitenden ein so genanntes Schlafmenü zur Verfügung, aus welchem kostenlos verschiedene Produkte, die guten Schlaf fördern, ausgeliehen werden können.
Hannes Lichtmannegger ist überzeugt, dass sich dieses Engagement lohnt: «Uns ist es wichtig, glückliche und ausgeruhte Mitarbeitende zu haben. Das ist nicht nur in der Hotellerie, sondern in jeder Branche essenziell.» Zudem könnten die Mitarbeitenden auf diese Weise alles, was sie über Schlaf wissen, auch an die Gäste weitergeben: «Und was gibt es Schöneres als nützliche Tipps von echten Experten?»
(Angela Hüppi)
Wie man sich bettet, so liegt man, heisst es. Das gilt nicht nur im übertragenen Sinne, sondern auch im wahrsten Sinne des Wortes. Darum lohnt es sich als Hotel, auf Bettwäsche und Matratzen von höchster Qualität zu setzen. Bettwäsche aus Baumwolle sorgt für eine gute Luftzirkulation. Auch Leinen eignet sich, da das Material unter anderem elektrostatische Ladung ableitet. In heissen Sommernächten kühlt Wäsche aus Seide und nimmt Feuchtigkeit rasch auf. Da jeder Gast andere Vorlieben hat, sollten Kissen in verschiedenen Stärken zur Verfügung stehen.
Das teuerste Bett nützt nichts, wenn die Schlafumgebung nicht stimmt. Etwas vom Wichtigsten für einen guten Schlaf ist absolute Dunkelheit. Neben guten Rollläden kann auch ein blickdichter Nachtvorhang helfen. Ein weiterer Störfaktor ist Lärm. Schalldichte Türen sind daher ein Muss. Wer seine Gäste positiv überraschen möchte, bietet ihnen eine Playlist mit beruhigender Musik oder Einschlafgeräuschen wie Regenschauer. Auch eine White-Noise-Maschine mit beruhigendem Rauschen oder Ohrstöpsel können für die Gäste bereitgestellt werden. Die optimale Schlaftemperatur liegt zwischen 16 und 19 Grad.
Wer um 21 Uhr noch deftig essen geht, dem steht mit grosser Wahrscheinlichkeit eine unruhige Nacht bevor. Hotels können dem entgegenwirken, indem sie leichtere Speisen anbieten und diese speziell kennzeichnen, beispielsweise als «Gute-Nacht-Menü». Unter anderem fördern Milchprodukte und Nüsse aufgrund des enthaltenen Tryptophan einen gesunden Schlaf. Kirschen enthalten besonders viel Melatonin, das so genannte Schlafhormon. Im Zimmer kann ein Schlaftee mit Kamille, Lavendel oder Melisse bereitgestellt werden.
Wer grosse Mühe mit dem Schlafen hat, kann auf Hilfsmittel wie Baldrian, CBD-Tropfen oder Lavendelduft zurückgreifen. Diese können ins Angebot der Mini-Bar oder des Hotelshops integriert werden. Denkbar sind auch Kissen, die so genannte binaurale Beats abgeben. Diese sollen unterbewusst die Hirnschlafwellen positiv beeinflussen. Bei Hotels mit medizinischem Angebot kann eine Schlafanalyse ins Angebot aufgenommen werden. Diese ermöglicht es, den Schlaf zu dokumentieren und Reize zu erkennen, die für allfällige Schlafunterbrechungen verantwortlich sein können.
Wer gut schlafen und ausgeruht aufwachen möchte, sollte auf seine innere Uhr hören. Im Hotel kann dies mit verschiedenen Ritualen unterstützt werden. Um morgens sanft wach zu werden, kann beispielsweise ein Licht-Wecker helfen. Das Blaulicht von Smartphones hält uns abends länger wach – ein entsprechender Hinweis auf dem Nachttisch sowie als Alternative ein Buch oder der Hinweis auf einen entspannenden Podcast können dem Gast helfen, abends herunterzufahren und müde zu werden. Auch ein entsprechendes Yoga-Programm und eine Einschlaf-Meditation als Angebot des Hotels oder als Link auf Youtube sorgen für süsse Träume.
Als Hotel den Fokus auf guten Schlaf legen – ist das ein gutes Marketinginstrument?
Auf jeden Fall. Das Thema Schlaf wird in unserer Gesellschaft immer wichtiger und sollte im Hotel eigentlich die Hauptrolle spielen. Bei der Bildsprache würde ich darauf achten, nicht nur ein ansprechendes Bett zu zeigen, sondern auch die Umgebung: den Holzboden, die mögliche Verdunkelung oder die Ohrstöpsel auf dem Nachttisch.
Was sind die Voraus-setzungen, damit es nicht bei einem PR-Stunt bleibt?
Wie in allen Bereichen muss man ehrlich und authentisch sein. Als Stadthotel muss man kommunizieren, wenn man an einer lauten Strasse liegt. Man kann dem Gast aber mit Ohrstöpseln oder guten Fenstern zeigen, dass sein Schlaf ernst genommen wird. Wichtig ist zudem, dass die Mitarbeitenden geschult sind und alle Angebote im Bereich Schlaf auch kennen.
Investitionen in guten Schlaf können schnell teuer werden. Welche günstigen Massnahmen gibt es?
Kleine Give-aways wie Schlafmasken, Ohrstöpsel, Kissensprays oder Schlaftees kosten wenig. In der Minibar könnte auch ein besonderer Schlaf-Kakao stehen, damit kann man sogar Geld verdienen. Und ganz wichtig: abends die Fassadenbeleuchtung abschal-ten. Das ist äusserst effektiv und spart auch noch Geld.
Wer einen Schritt weitergehen möchte: Welche Investitionen lohnen sich?
In erster Linie sollte man natürlich auf qualitativ hochwertige Betten setzen. Ebenfalls wichtig sind schalldichte Zimmer und ein gutes Lichtkonzept, beispielsweise mit viel blauem Licht am Morgen im Badezimmer.
Christine Lenz ist Expertin für Schlafgesundheit und -medizin. Mit Beratungsangeboten, Workshops und Vorträgen unterstützt sie Hotels dabei, einen aktiven Beitrag zur Gesundheit ihrer Mitarbeitenden und Gäste zu leisten.