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«Um Sustainability kommt keiner herum»

Der Präsident der Leading Hotels of the World und Inhaber des «Gstaad Palace» setzt sich für mehr Nachhaltigkeit in der Luxushotellerie ein. Andrea Scherz erklärt, wie und warum er das macht.

Für Andrea Scherz ist Nachhaltigkeit ganz klar Chefsache. (ZVG)

HGZ: Andrea Scherz, sind Nachhaltigkeit und Luxus­hotellerie miteinander ver­einbar? Ist die Diskrepanz zwischen ressourcenschonend und verschwenderisch luxuriös nicht zu gross?

Andrea Scherz: Beides zu verbinden ist nicht ganz einfach. Wir als Hotel sind sehr nachhaltig eingestellt und arbeiten alleine schon aus eigenem wirtschaftlichem Interesse ökonomisch. Ich würde aber gerne an verschiedenen Stellen noch ressourcenorientierter und umweltschonender arbeiten. Doch in der Luxushotellerie geben uns die Gäste vor, wie nachhaltig wir sein können.

Können Sie uns das bitte etwas ausführlicher erklären?

Luxusgewohnte Gäste wollen auch im Januar Erdbeeren. Sie wollen italienisches Mineralwasser und täglich frische Bettwäsche. Obschon bei vielen Gästen das Bewusstsein für Nachhaltigkeit wächst, wollen sie aber nicht auf ihren gewohnten Komfort verzichten. Das führt manchmal zu sehr skurrilen Situationen.

Was sind das für Situationen?

Zum Beispiel reisen die Gäste zu zweit in einem Privatjet an, der Platz für 20 Personen bieten würde. Weil sie je nach Wetter spontan entscheiden, ob sie in Bern oder Sion landen, müssen jeweils zwei Limousinen, eine für den Personen- und eine für den Gepäcktransport, zum Landezeitpunkt an den beiden Flugplätzen bereitstehen. Denn auf den Transfer warten möchten diese Gäste nicht. Die gleichen Gäste bemängeln dann aber im Hotel, dass wir kein Elektroauto für den Shuttletransfer ins Dorf haben. Diese Inkonsequenz und Widersprüchlichkeit der Gäste macht es uns als Hotel schwer, nachhaltig zu sein.

Und doch setzen Sie sich für mehr Nachhaltigkeit in der Luxushotellerie ein. Wie machen Sie das in ihrem Haus?

Bei jedem Umbau achten wir darauf, den Energieverbrauch zu senken und Wärmerückgewinnung sowie Isolationen zu verbessern. Doppelglasfenster beispielsweise werden konsequent durch dreifachverglaste Fenster ersetzt. Im Alltag versuchen wir, die Gäste sanft auf Kurs zu bringen. Unter anderem haben wir eingeführt, dass Bettwäsche routinemässig nur alle zwei Tage ausgewechselt wird. Wünscht ein Gast, dass wir sein Bett täglich frisch beziehen, muss er das melden. Ausserdem bieten wir vermehrt Quellwasser in Karaffen an, anstatt ausländisches Mineralwasser.

«Nachhaltigkeit wird bei Leading Hotels of the World zum Auf­nahmekriterium.»

Sustainability, wie Nachhaltigkeit auf Englisch heisst, ist ein globaler Megatrend. Wie geht die Hotelkooperation Leading Hotels of the World LHW mit diesem Thema um?

Sustainability ist schon lange ein Punkt auf der Agenda der Leading Hotels. Allerdings verlor er in den letzten drei Jahren an Bedeutung. Während der Corona-Pandemie hatten unsere Mitglieder ganz andere, akutere Problem zu bewältigen. Viele kämpften ums Überleben. Mittlerweile erholt sich die Hotellerie – auch international. Dadurch haben wir wieder Zeit und finanzielle Mittel, um in Nach-haltigkeit investieren zu können. Das ist etwas, das ich, als Präsident der LHW, weiter vorantreiben möchte. Ein wichtiger Schritt dazu ist gemacht.

Woraus besteht dieser Schritt?

Die LHW sind eine Partnerschaft mit Global Sustainable Tourism Council GSTC eingegangen. Diese Organisation setzt international geltende Nachhaltigkeits-Standards für die ganze Tourismusbranche. Sie hilft Unternehmen bei deren Umsetzung, organisiert Schulungen für Mitarbeitende, stellt Trainingsmaterial zur Verfügung und zertifiziert nachhaltig arbeitende Betriebe. Unser langfristiges Ziel ist, dass alle Lea-ding Hotels of the World dereinst GSTC-zertifiziert sind.

Wie wollen Sie das erreichen?

LHW ist eine Marketingkoope-ration von meist eigentümergeführten Häusern. Wir können den Mitgliedern nicht vorschreiben, wie nachhaltig sie ihre Betriebe zu führen haben. Aber wir kön-nen sie motivieren, sich mit dem Thema Sustainability intensiver auseinanderzusetzen. Als Erstes haben wir Nachhaltigkeit als fixen Punkt auf unsere Agenda gesetzt. In einem nächsten Schritt können wir auf unserer Website Hotels, die sich von GSTC zertifizieren lassen, als Leader of Sustainability hervorheben und sie besonders fördern. Zudem denke ich, wird in wenigen Jahren ein GSTC-Nachhaltigkeitslabel eine der Aufnahmebedingungen sein, die potenzielle Neumitglieder erfüllen müssen, um ein Leading Hotel of the World zu werden.

(Riccarda Frei)


Zur Person

Andrea Scherz ist Inhaber und Direktor im Fünfsternehotel Gstaad Palace in Gstaad/BE. Der Absolvent der EHL Ecole hôtelière de Lausanne führt das «Gstaad Palace» seit 1996 in dritter Generation. Zudem ist er seit 2022 Präsident der Leading Hotels of the World. Die Marketingkooperation wurde 1928 gegründet. Ihr gehören derzeit über 400 Hotels in 80 Ländern an.


Mehr Informationen unter:

palace.ch

lhw.com