Durch die Einführung der Viertagewoche wollen Arbeitgeber attraktiver werden und den Fachkräftemangel entschärfen.
Philipp Schneider führt das Gasthaus Krone Mosnang/SG in fünfter Generation. Vor vier Jahren führte er in Küche und Service das Arbeitsmodell 4 : 3 ein. Dabei wird die Arbeitszeit auf vier statt auf fünf Tage verteilt. Die Arbeitstage werden dadurch länger und die Zimmerstunde entfällt.
«Wir sind sehr zufrieden und haben gute Erfahrungen mit diesem Modell gemacht», sagt Schneider. Obschon es im Dorf kaum Passanten gibt, ist die «Krone» seit der Einführung der Viertagewoche auch nachmittags gut frequentiert. Einerseits, weil sich der Mittagsservice in den frühen Nachmittag hineinzieht, andererseits, weil es durchgehend warme Speisen gibt. Nachmittags allerdings von einer kleineren Karte. «Die Küche wegen des Nachmittagsgeschäfts offen zu lassen, wäre nicht rentabel. Aber sieht man den Nachmittag als Produktionszeit, in der zudem für Gäste gekocht wird, ist das ein interessantes Zusatzgeschäft», erklärt Philipp Schneider.
Gute Erfahrungen mit der Viertagewoche hat auch die Hotelgruppe 25hours Hotels gemacht. Nach einer Testphase in ihren zwei Hamburger Hotels führt die Hotelgruppe dieses Arbeitszeitmodell per 1. April in all ihren Häusern in Deutschland, Österreich und der Schweiz (DACH) ein. «Die Mitarbeitenden haben mit sehr viel positivem Feedback und Vorfreude reagiert. Die grosse Mehrheit sieht der Umstellung erwartungsvoll entgegen», sagt Kathrin Gollubits. Sie ist bei 25hours Hotels für den Bereich People & Culture verantwortlich.
Die HR-Direktorin hat zudem festgestellt, dass die Anzahl der Bewerbungen stark gestiegen ist. «Genaue Zahlen können wir heute noch keine teilen, aber alleine auf unserem Bewerbertool verzeichneten wir im Monat März eine Verdoppelung der eingetroffenen Bewerbungen.» Dies freut Kathrin Gollubits umso mehr, als bekanntlich ja das Gastgewerbe im ganzen DACH-Raum unter Fachkräftemangel leidet.
Eine Zunahme der Bewerbungen glaubt auch Philipp Albrecht, Direktor des Park Hotel Winterthur, zu spüren. Er habe zwar nicht nachgezählt, aber: «Wir haben noch nie so früh im Jahr alle freien Stellen in der Küche für den Sommer besetzen können wie jetzt. Bereits im März war die Equipe komplett.» Die Einführung der Viertagewoche habe zu diesem Erfolg sicher auch einiges beigetragen.
Der Direktor des Park Hotel Winterthur hat im Dezember 2021 in der Küche die Viertagewoche eingeführt. Er könnte sich vorstellen, das 4 : 3-Arbeitsmodell in Zukunft auch für Servicemitarbeitende zu ermöglichen. Weil es im Service schwieriger sei als in der Küche, die Nachmittagszeit mit sinnvoller Arbeit zu füllen, müsse dieser Schritt gut geplant werden.
Dass selbst bei guter Planung Anpassungen nötig sind, weiss Philipp Schneider nur zu gut. Der Gastgeber in der «Krone» Mosnang ging ursprünglich davon aus, dass jeder Koch am Nachmittag drei volle Stunden Zeit zum Vorproduzieren hat. Dabei unterschätzte er die Zeit, die fürs Erfüllen der kulinarischen Wünsche der Nachmittagsgäste und fürs Austauschen und Weiterleiten von Informationen gebraucht wird. «Die Kommunikation im Team ist durch die Viertagewoche etwas schwieriger geworden. Es gibt Arbeitskollegen, die sich je nach Einsatzplan wochenlang nicht sehen. Dennoch müssen die Übergaben klappen. Das ist eine Herausforderung», sagt Philipp Schneider.
Eine weitere Herausforderung kann die vorhandene Infrastruktur darstellen. Fehlen geeignete Arbeitsflächen und -geräte sowie Kühl- und Lagerräume, ist es nicht möglich, ökonomisch vorzuproduzieren. Um das Potenzial seiner Köche und der Viertagewoche voll zu nutzen, hat Philipp Schneider die Küche in der «Krone» umbauen lassen. Sein Fazit: «Das 4 : 3-Modell hat viele Vorteile, ist aber nicht für jeden Betrieb geeignet. Auch ist sie nicht das Ei des Kolumbus im Kampf gegen den Fachkräftemangel, sondern nur eine gute Massnahme von vielen.»
(Riccarda Frei)