Vor einem Jahr eröffnete das «Mandarin Oriental Palace» in Luzern nach fünf Jahren Umbau. Direktor Christian Wildhaber zieht Résumé.
Das «Mandarin Oriental Palace, Luzern» soll nicht nur Touristen anlocken, sondern auch Treffpunkt für Ein-heimische sein. Gelingt dies?
Es gelingt, aber derzeit noch langsam. Gerade Gäste von früher waren nach dem Umbau neugierig, was sich verändert hat. Die schönste Rückmeldung ist, dass sie das Haus noch erkennen und ihnen gefällt, was wir daraus gemacht haben. Neue lokale Gäste zu gewinnen, ist schwieriger. Die Hemmschwelle ist bei einem Fünf-Sterne-Haus, wie wir es sind, leider sehr hoch.
Viele getrauen sich nicht, zu kommen?
Viele denken, sie seien nicht willkommen oder müssten sich in Schale werfen, um das Haus zu betreten. Dabei kann man bei uns auch ganz normal einen Kaffee trinken kommen. Wir arbeiten daran, dass sich das herumspricht – aber das braucht seine Zeit.
Welches waren die Höhen und Tiefen im ersten Jahr?
Ein Höhepunkt war die Eröffnung der Restaurants Colonnade und Minamo im April. Ersteres wurde auf Anhieb mit 16,5 Gault-Millau-Punkten und einem Michelin-Stern ausgezeichnet, letzteres mit 14 Punkten. Zudem hatten wir mehrere Tage mit einer 100-Prozent-Belegung, was im ersten Jahr nicht selbstverständlich ist. Einen wirklichen Tiefpunkt gab es nicht. Aber wir haben gemerkt, dass der Zeitpunkt für die Eröffnung des «Colonnade» im Sommer nicht optimal gewählt war, da die Gäste lieber draussen sitzen wollten.
Das Omakase-Restaurant Minamo bietet nur für acht Gäste pro Abend Platz. Rentiert das?
Wir haben uns bewusst für nur ein Seating pro Abend entschieden, damit die Gäste genug Zeit haben, den Abend zu geniessen. Es funktioniert, weil wir pro Abend nur einen Koch und eine Servicekraft benötigen und im Voraus planen können. Das Konzept kommt sehr gut an – das Restaurant ist bis zu zwei Monate im Voraus ausgebucht.
Mit dem Mandarin Oriental hat eine ausländische Hotelkette das «Palace» übernommen. Das gefällt nicht jedem.
Das mag sein. Ich würde Mandarin Oriental aber nicht als Kette bezeichnen, sondern als Gruppe in Familienbesitz. Ich bin überzeugt: Wenn es unserem Haus gut geht, geht es auch Luzern gut. Denn wir vermarkten nicht in erster Linie unser Hotel, sondern die Region Luzern. In Saudi Arabien beispielsweise kennt man Luzern kaum. Wir ändern das und bringen eine neue, exklusive Kundschaft in die Region, die länger als eine Nacht hier bleibt.
Ihre Gäste sind höchste Standards gewohnt. Wie schaffen Sie es, sie dennoch immer wieder zu überraschen?
Am meisten Potenzial dafür gibt es im Bereich Guest Rela-tions. Wenn ein Gast beispielsweise erwähnt, dass er morgen wandern geht, stellen wir ihm einen gepackten Rucksack mit einem handgezeichneten Wandervorschlag ins Zimmer. Oder einmal haben wir einem Gast, der Oldtimer-Fan war, ein Modellauto in unserer Hotelfarbe gekauft. Wenn man aufmerksam zuhört, kann man einmalige Erinnerungen schaffen.
(Angela Hüppi)
Christian Wildhaber wuchs in Montreux/VD auf und absolvierte zunächst eine Kochlehre. Danach war erim Ausland als Küchenchef, F&B-Manager, Rooms Division Manager und Hotel Manager tätig. Stationen waren Häuser wie das «Kempinski» in Ajman (AE), das «Harbour Grand» in Hongkong oder das «The Langham» in Sydney (AU). 2016 wurde er General Manager des «Mandarin Oriental» im chinesischen Guangzou, 2019 wechselte er als General Manager nach Luzern.