Mediadaten Données Media Olympiade der Köche

«Wir müssen so agil sein wie nie zuvor»

Als General Manager des Hotels Vitznauerhof in Vitznau/LU weiss Raphael Herzog, dass nichts so beständig ist wie der Wandel. So hat er neben Plan A auch immer einen Plan B.

Raphael Herzog setzt auf Mitarbeitende, die das Gastgeber-Gen haben. (ZVG)

Raphael Herzog, wie läuft das Geschäft im «Vitznauerhof », seit Sie nach der Winterpause wieder offen sind?
Gut! Wir sind bewusst langsam in die Saison gestartet und hatten den ersten Monat von donnerstags bis sonntags geöffnet. Seit zwei Wochen sind wir mit dem Sieben-Tage-Betrieb zurück in unserer Routine.

Alles wie gewohnt also?
Nicht ganz. Anders als im «Normalzustand » fehlen uns auch dieses Jahr die Seminargäste. Umso zufriedener sind wir, dass die Individualgäste dieses Manko kompensieren.

Wie haben Sie die Winterpause genutzt?
Wie immer waren wir kreativ und haben die Saison vorbereitet. Aber natürlich habe ich alle Mitarbeitenden zu ausgiebigen Ferien «verdonnert », so dass wir mit vollen Batterien starten konnten.

Was haben Sie ausgeheckt?
Das Terrassenrestaurant, neu von Gault Millau mit 13 Punkten ausgezeichnet, wartet mit einer neuen Speisekarte auf. Die Basis aller Gerichte ist vegetarisch. Fisch und Fleisch kann nach Belieben dazubestellt werden. Zudem setzen wir noch stärker auf regionale Produkte und kaufen Schweizer Lachs und Fleisch vom Biohof. Trotz Regionalität sind die Geschmackserlebnisse dank exotischer Gewürze und Zutaten wie gewohnt international.

Was hat sich im Übernachtungsbereich getan?
Einiges (lacht)! Wir bieten Glamping – also «Glamorous Camping» an. Im Mai testen wir das Angebot, das dann ab Juni buchbar ist. Wir planen zwei Zelte im Waldstück hinter dem «Sense». Das Outdoor- Erlebnis ist dank viel Komfort auch für Nicht-Camper geeignet. Zusätzlich buchbar ist der Room Service, der die Gäste mit Jeroen Achtiens Sterneküche aus dem «Sens» verwöhnt.

Apropos «Sens». Glückwunsch zum zweiten Michelin-Stern. Zweiter Stern gleich doppelter Druck?
Nein. Der Druck war schon immer da. Plötzlich in der Champions League zu spielen, bedarf eines kühlen Kopfes und Freude an der Arbeit. Mit Jeroen Achtien steht ein Sternekoch am Herd, der sehr ausbalanciert ist. Ob ein oder zwei Sterne: Laut Jeroen ist der Qualitätsanspruch derselbe.

... bei mehr Arbeit?
Wir arbeiten viel, aber das tun andere auch. Wir geben jedoch acht, dass das Team die notwendige Erholung findet. So planen wir unsere Betriebsferien kurz vor oder nach der Saison. Unsere Mitarbeitenden haben zudem Zutritt in die hoteleigenen Fitness- und Spa-Facilities. Wer will, darf Yogakurse besuchen oder kostenlos für eine Wanderung auf die Rigi reisen. «Die Gäste haben grossen Nachholbedarf an Genussmomenten. »

Was zeichnet Ihr Team aus?
ch versuche, meiner Crew die richtigen Werte vorzuleben, vertraue und gebe ihnen Freiräume. Sie sind Teil vom Ganzen und gestalten mit ihrer Persönlichkeit das Gesamterlebnis Vitznauerhof mit. Nicht jeder mag diese Freiheit. Einige sind deshalb wieder gegangen. Authentizität ist für mich wichtig. Ich will, dass der Gast spürt, dass wir hier sind, weil wir lieben, was wir tun.

Sie standen 2020 mit dem «Vitznauerhof» an der Spitze der Nice-Price-Hotels.
In der Nebensaison bieten wir dem Gast tatsächlich äusserst attraktive Rates an. In der Hochsaison passen wir uns dem Prinzip Angebot–Nachfrage an. Am Ende des Tages sind auch wir ein Business, das rentieren soll.

Wie gut sind die Gäste drauf?
Sie sind glücklich, da das Hotelund Restauranterlebnis ihnen ein Stück ihrer Freiheit und Unbeschwertheit zurückgibt.

Wie sehen Sie dem Sommer entgegen?
Positiv. Wir sind daran gewöhnt, uns stetig neu anzupassen. Alles, was wir planen, hat auch immer einen Plan B. Bei 70 Hochzeiten, die nicht alle wie geplant stattfinden können, muss man den haben.

Sie sind Mitglied im Zentralvorstand der Hotel & Gastro Union. Welche Herausforderungen beschäftigen Sie? 
Wie immer, aber aktuell noch mehr, steht das Mitglied im Zentrum unserer Bemühungen. Gerade in Krisenzeiten ist es gut nachvollziehbar, warum es einen Verband braucht. Mit einem funktionierenden Netzwerk helfen wir uns gegenseitig.

Nennen Sie uns ein Beispiel?
Wir helfen Lernenden, die durch die Corona-Krise ihren Ausbildungsplatz verloren haben und bieten Lernenden eine Anschlusslösung.

(Interview Andrea Decker)


Zur Person

Raphael Herzog (37) absolvierte die SHL Schweizerische Hotelfachschule Luzern. Er arbeitete in Luxushotels und war – nebst Stationen in Kapstadt und Los Angeles – als Vizedirektor im «Arosa Kulm», als Direktor im «The Capra» in Saas-Fee und im Waldhotel Davos tätig. Seit 2018 ist er GM im «Vitznauerhof».