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«Wir vermitteln den Genuss spielerisch»

Das Château de Villa in Sierre/VS ist eine Institution. Mit viel Elan hat der Önologe an dessen neuem Auftritt mitgewirkt.

Emmanuel Charpin, in diesem Jahr gab es einige runde Zahlen zu feiern. Sicher gibt es zu jeder eine Geschichte. Bitte erzählen Sie.
Oh je! Die Geschichten und Anekdoten würden Bücher füllen. Die Kurzversion lautet so: Vor 500 Jahren wurden der Turm und der Ostflügel des Château de Villa von einer Patrizierfamilie aus der Gegend erbaut. Im 17. Jahrhundert kam der Westflügel mit dem heutigen Eingangsportal dazu. Nach dem Erdbeben von 1946 wurde das mit einer Hypothek schwer belastete «Château» von einer gemeinnützigen Stiftung übernommen. Seit 70 Jahren ist es als Restaurant im Dienste des Walliser Terroirs öffentlich zugänglich.

Gibt es nicht noch eine weitere runde Zahl?
(lacht) Ja, seit 20 Jahren bin ich hier für das Weinangebot zuständig. Heute arbeiten wir mit 125 Walliser Produzenten zusammen und haben über 850 Weine auf der Karte. Viele davon servieren wir glasweise. Alle können in der Vinothek oder im Restaurant bestellt werden, und die meisten verkaufen wir auch über die Gasse.

Emmanuel Charpin kennt die Walliser Weine wie kaum ein anderer. (zvg)

Wie kamen Sie nach Sierre?
In Frankreich geboren, lernte ich während meiner Ausbildung in Dijon Robert Taramarcaz, Inhaber des Domaine des Muses in Sierre, kennen. Bei einem Besuch im Wallis hat es mir so gut gefallen, dass ich geblieben bin.

Nebst der Weinauswahl ist das Château de Villa bekannt für Raclette. Welche Zahlen und Geschichten gibt es dazu?
Die Stiftung setzte von Beginn an auf regionale Produkte. Lange bevor dies zum Trend wurde. Auch zelebrierte man im «Château» das Raclette als «plat gastronomique».Das Konzept mit fünf Portionen von fünf Käsen aus verschiedenen Tälern und von unterschiedlichen Alpen fand grossen Anklang. Heute hat Raclette einen Anteil von 70 Prozent am Küchenumsatz. Wir arbeiten mit 78 Käsereien und servieren über zehn Tonnen AOP-Raclettekäse pro Jahr.

Das Château de Villa ist eine Institution und die Gastro­nomie läuft äusserst erfolgreich. Trotzdem geben Sie sich ein neues Erscheinungsbild. Was ist der Grund dafür?
Das «Château» ist einfach da und wird ja auch gut besucht. Mit dem neuen Auftritt «Château de Villa – Le Royaume des Terroirs» wollen wir besser kommunizieren, dass wir das Königreich der Regionalprodukte sind. Kein anderer Gastbetrieb im Wallis setzt die Regionalität so konsequent um wie wir.

Was heisst das konkret?
In Kontakt mit den Produzenten haben wir uns ein enormes Netzwerk und viel Wissen aufgebaut. Das geben wir weiter. So servieren wir immer drei Sorten Walliser Roggenbrot und deklarieren den Bäcker. Auf dem Trockenfleischbrett bieten wir Spezialitäten von handwerklichen Metzgereien aus verschiedenen Tälern an. Das Raclette bezeichnen wir neu als «Les Cinq Reines» in Anlehnung an die Königinnen aus den Kuhkämpfen. Dafür haben wir eine Karte erstellt, in der alle unsere Käselieferanten verzeichnet sind. Doch das ist noch nicht alles.


«Die Regionalität wird geschätzt und das Handwerk dürfen wir edel vermarkten.»


Bitte erzählen Sie.
Wir wollen, dass sich unsere Gäste mit dem Geschmack der Produkte auseinandersetzen. Über einen QR-Code oder mittels NFT-Technologie können die Gäste bei jeder Portion Raclette ihre Wahrnehmung eingeben und mit derjenigen anderer Gäste vergleichen.

Ist es nicht störend, wenn die Gäste während des Essens auf Mobilgeräten herumtippen?
Nein. Im Gegenteil. Das digitale Erlebnis fördert die Kommunikation. Am Tisch wird dann über die Blumigkeit oder Fruchtigkeit des Käses diskutiert.

Auch in der Vinothek hält die Digitalisierung Einzug. Wie sieht diese aus?
Für die Gäste simpel und einfach. Für den Service eher aufwendig. Wir bieten 20 Weine glasweise an. Das Angebot wechselt alle zwei Wochen. Dazu bieten wir mit «Les Six Couronnes» drei Degustationssets an. Pro Set erhält jeder Gast sechs Minifläschchen, kann diese verkosten und seine Eindrücke auf dem Smartphone eingeben sowie die Unterregion des Wallis und den Jahrgang erraten. Damit zeigen wir die Vielfalt von Rebsorten und Weinstilen. Damit fördern wir nebenbei die Kommunikation. Zudem können die Gäste an einem Wettbewerb teilnehmen oder bevorzugte Weine direkt online bestellen. Wir sammeln jedoch keine Daten. Das ist für uns nicht von Interesse.

Gibt es weitere Projekte?
Ja. Wir machen die 500-jährige Geschichte erlebbar. Ende Jahr geht das digitale «Château» online. Alle Räume lassen sich dann zuhause am Computer oder vor Ort individuell mit dem Smartphone erkunden.

(Gabriel Tinguely)


Zur Person

Emmanuel Charpin studierte Vermessungstechnik und ­bildete sich zum Ingenieur in Önologie aus. Er leitete die Vinothek des Château de Villa, kreierte mit der Cave la Romaine in Flanthey/VS den Clos de Tsampéhro und engagierte sich für die Charta Grain Noble Confidenciel. Seit 2017 leitet er das Château de Villa als Vizedirektor.


Mehr Informationen unter:

chateaudevilla.ch