Dem Eröffnungstag des Resorts fiebert eine ganze Region entgegen. Mit Hoffnung auf Erfolg, aber auch mit sehr grossen Erwartungen.
Endlich sind die Baukräne auf dem Bürgenstock verschwunden. Sie waren ein Symbol für Veränderung und Aufbruch. Ihr Verschwinden ist ebenfalls ein Zeichen. Es steht für den Beginn eines neuen Kapitels in der bald 130-jährigen Geschichte der Bürgenstock-Hotels und in der über 200-jährigen Historie des Tourismus in der Zentralschweiz.
Mit der Eröffnung des Bürgenstock Resort Lake Lucerne erhält die Region auf einen Schlag über 30 Seminarräume, 12 Restaurants und Bars sowie über 380 Zimmer. «Das Bürgenstock Resort mit seiner weitreichenden Ausstrahlung und seiner langen Tradition ist für uns eine willkommene Ergänzung», sagt Sibylle Gerardi, Leiterin Unternehmenskommunikation Luzern Tourismus AG. Sie fügt an: «Das Resort wird die Region Luzern–Vierwaldstättersee als MICE*-Destination künftig weiter stärken.»
Für die Tourismusregion Luzern-Vierwaldstättersee hat das Bürgenstock Resort eine Leuchtturm-Funktion, deren Strahlkraft genutzt werden will. Unter anderem, um den Bürgenstock optimal in die Destinationsentwicklung einzubinden, haben die Kantone Luzern und Nidwalden zusammen mit der Luzern Tourismus AG den Verein Entwicklungsplattform Luzern–Vierwaldstättersee gegründet. Unterstützt wird er durch das Staatssekretariat für Wirtschaft und das Förderprogramm Innotour.
Tritt ein neuer und vor allem so grosser Spieler auf den Markt, weckt das bei den bisherigen Marktteilnehmern die Angst, Umsatz zu verlieren. Robert Herr, seit Januar Direktor des Bürgenstock Resort Lake Lucerne, hat dafür Verständnis. Es werde sicher so sein, dass Gäste aus den Seegemeinden auf den Bürgenstock kommen und es sei anzunehmen, dass die eine oder andere Hochzeit oder Betriebsfeier neu im Resort stattfinde. Trotzdem versichert Robert Herr: «Wir werden alles daran setzen, dass die Stücke am Zentralschweizer Tourismuskuchen nicht kleiner, sondern der Kuchen insgesamt grösser wird.» Dazu sollen vor allem Gäste aus Übersee beitragen.
Zwar richtet sich das Bürgenstock Resort Lake Lucerne mit einem grossen Teil seines Angebots an gut betuchte in- und ausländische Gäste, gleichzeitig will das Resort aber auch eine Wohlfühloase für Einheimische sein. Deshalb sind Wellness- und Sportanlagen, Bars und Restaurants öffentlich zugänglich. Kritiker behaupten, dass für Tagesgäste ohne Halbtaxabo die Fahrt auf den Bürgenstock teuer sei. Das Resort bietet nun für Durchschnittsverdiener erschwingliche Tagesgast-Packages an. Diese enthalten den Transfer mit dem Kursschiff ab Luzern, die Fahrt mit der Bergbahn sowie eine gastronomische Leistung.
«Der Bürgenstock ist ein Berg für alle. So war es und so soll es auch weiterhin sein», sagt Bruno H. Schöpfer, Managing Director der Katara Hospitality Switzerland AG. Allerdings wird das Resort in drei Zonen eingeteilt:
Rund 500 Millionen Franken hat die Katara Hospitality Switzerland AG ins Resort investiert. Zwar mussten einige Häuser Neubauten weichen, doch gut 50 Prozent der alten Gebäude konnten erhalten und restauriert werden. Getreu dem Motto «Zukunft hat Herkunft» wird im Bürgenstock Resort Lake Lucerne die Firmengeschichte in Ehren gehalten. So finden die Gäste im Hotel Palace beispielsweise Museumskorridore, in denen verschiedene Aspekte aus der bald 130-jährigen Geschichte des Hotelkomplexes in Szene gesetzt werden. Im selben Gebäude befindet sich eine Installation mit einer der ersten Kabinen der Bürgenstockbahn. Ein weiterer Museumsbereich befindet sich an der Schiffsstation am Fuss des Bürgenbergs. Und im Restaurant Ritzcoffier sind der antike Herd und eine Batterie Kupferpfannen als Blickfang und Hommage an die grossen Köche der Vergangenheit im Einsatz. Jo Müller, ehemaliger Hotelier auf dem Bürgenstock, ist für die Inszenierung der Resortgeschichte verantwortlich. Er arbeitet im Auftrag der Bürgenstock Kunst- und Kulturstiftung. Sie fördert das kulturelle Leben sowie aussergewöhnliche kulturelle Projekte. Dazu gehört unter anderem der neue Lernpfad Felsenweg.
«Die Natur und das Historische zu schützen, ist für uns enorm wichtig. Sie lösen den emotionalen Unterschied aus zwischen einem Glaspalast in Shanghai und dem Resort hier», sagt Bruno H. Schöpfer und fügt an: «Schöne Hotels gibt es auf der ganzen Welt, aber der Bürgenstock ist einmalig.»
Da Geschichte immer genau jetzt beginnt, wurde bei der Renovation der bestehenden Gebäude auf historische Genauigkeit und bei den Neubauten auf gute zeitgenössische Architektur geachtet. Letzteres allerdings mit der Bedingung, dass sie zum Bürgenstock passt. Unter anderem, indem möglichst viele lokale Baumaterialien verwendet wurden.
Der Einsatz von regionalen Baustoffen wurde nicht nur in den Häusern, sondern auch bei den Umgebungsarbeiten durchgezogen. Für viele Bauarbeiten wurde sogar eigenes Aushubmaterial verwendet. Sichtbares Beispiel dafür sind die Stützmauern bei den Parkhäusern. Statt aus Beton bestehen sie aus mit Steinen vom Bürgenberg gefüllten Steinkörben. Durch das Recycling von 165 000 Kubikmetern Aushubmaterial vor Ort konnten 18 400 Lastwagenfahrten ins Tal eingespart werden. Das freute nicht nur die Anwohner, sondern auch die Naturschützer. Immerhin entsprechen die eingesparten Fahrten einer Strecke, die neunmal um die Erde reicht.
Das Motto «Zukunft hat Herkunft» zeigt sich auch bei der Haustechnik. Bei der Energiegewinnung orientiert sich das Resort an seinen Gründern Franz Josef Bucher und Josef Durrer. Die Hotelpioniere hatten schon 1888 eine Konzession zur Gewinnung von Wasser aus dem See. Das bestehende Pumpsystem wurde nun erneuert und mit einer Energieverteilzentrale ergänzt. Von dort aus werden die aus dem Seewasser gewonnene Wärme und Kälte über Fernleitung in die Gebäude des Resorts verteilt. Rund 80 Prozent der benötigten Wärme für Heizung und Warmwasser sowie 100 Prozent des Kältebedarfs werden CO2-neutral und ohne Einsatz von fossilen Brennstoffen erzeugt. Das Seewasser wird auch für die Schwimmbäder und zur Bewässerung von Gärten und dem Golfplatz genutzt. Das übrige Wasser fliesst über eine Turbine zurück in den See und erzeugt so Energie fürs eigene Stromnetz.
Gemäss einer Studie von BAK Basel Economics soll das Bürgenstock Resort Lake Lucerne bis spätestens 2020 in Vollbetrieb sein und eine Zimmerauslastung von 65 Prozent aufweisen. Den BAK-Berechnungen zufolge wird das Resort in der Zentralschweiz eine jährliche Bruttowertschöpfung von 140 Millionen Franken auslösen. Wobei 100 Millionen auf das Resort selbst und 40 Millionen auf die Zulieferer fallen.
Treffen die Prognosen ein, wird das Resort schon bald der zweitgrösste Arbeitgeber im Kanton Nidwalden sein und insgesamt 1100 Arbeitsplätze geschaffen haben. Allerdings bezahlt es nicht alle aus eigener Tasche, denn in dieser Zahl sind die zusätzlichen Arbeitskräfte, welche bei den Zulieferern benötigt werden, mit eingerechnet. Im Resort selbst werden etwa 800 Menschen Beschäftigung finden. Davon sind etwa ein Drittel für Firmen tätig, an die das Resort Arbeiten outgesourced hat. Zum Beispiel das Führen und Pflegen des Golfplatzes oder Teile der Wäscherei. «Die Gästewäsche und die Berufsbekleidung der Mitarbeitenden machen wir selber. Die Bett- und Badwäsche hingegen lassen wir extern waschen», erklärt Hoteldirektor Robert Herr.
Obschon es bis zur Eröffnung nur noch ein paar Wochen dauert, läuft die Mitarbeitersuche noch. Vor allem im Bereich Service und Küche gibt es offene Stellen (siehe <link http: www.gastrojob.ch>www.gastrojob.ch). Der Wunsch, Einheimische einzustellen, liess sich teilweise erfüllen. 55 Prozent der Mitarbeitenden sind Schweizer, 45 Prozent sind in der Schweiz lebende Ausländer. Eine gute Mischung, findet Robert Herr. Er hat im Laufe seiner Karriere in sieben Ländern auf drei Kontinenten gearbeitet. Vom Bürgenstock sagt er: «Das ist mit Abstand der schönste Arbeitsplatz, den ich je hatte.»
(Riccarda Frei)
*MICE = Meetings, Incentives, Conferences, Events
<link http: buergenstock.ch>buergenstock.ch