Seit drei Jahren ist der Gastroseelsorger Roli Staub in der Basler Gastronomie unterwegs. Seine wichtigste Aufgabe ist Zuhören.
Wie kommt es, dass Basel einen Gastroseelsorger hat?
Vor genau 99 Jahren hat die Stadtmission Basel, eine evangelische Einrichtung, die Stelle eines Gastroseelsorgers geschaffen. Es handelt sich um eine 20-Prozent-Stelle. Das ist wenig, angesichts der 1000 Gastbetriebe auf Stadtboden.
Warum wurde die Stelle einst geschaffen?
Damals realisierte die Kirche, dass es Gastronomen nicht möglich war, am Sonntagmorgen den Gottesdienst zu besuchen. Deshalb beschloss man, zu den Gastronomen zu gehen.
Um was zu tun?
Um ihnen Zeit und Wertschätzung zu geben. Meine Aufgabe ist, den Gastronomen in erster Linie zuzuhören. Nur gelegentlich stelle ich eine Frage.
Was beschäftigt denn die Gastronomen?
Die Gastronomie ist kein einfaches Pflaster. Viele Betriebe geben auf. Besonders jetzt im Winterhalbjahr fehlt vielen die Perspektive zum Weitermachen
Warum ist das so?
Die Gastronomie verändert sich. Fast-Food-Kettenbetriebe gehen auf, traditionelle Restaurants schliessen. Mit Corona hat sich zudem die Kundschaft verändert. Man sucht heute weniger Geselligkeit. Und wer sie sucht, hat oft höhere Ansprüche.
Und das spüren Sie als Gastroseelsorger?
Ja. Die Gäste realisieren nur, dass am gleichen Standort ein neuer Betrieb eröffnet. Sie kennen aber die Geschichte hinter der Schliessung nicht. Dahinter verstecken sich oftmals menschliche Schicksale und wahre Tragödien.
Wie wählen Sie die Betriebe aus, die Sie aufsuchen?
Ich habe dabei kein fixes Vorgehen. Manchmal nehme ich mir ein Quartier vor, manchmal eine einzelne Strasse und besuche dort jeden einzelnen Gastrobetrieb.
Wie reagieren die Betriebe?
Meistens werde ich freundlich empfangen. Manchmal setze ich mich zuerst hin und beobachte die Szenerie. Da merke ich schnell, ob ich willkommen bin oder nicht.
Wie nehmen Sie die Gastroszene in Basel wahr?
Sie ist sehr vielseitig und, wie in allen anderen Städten auch, oftmals schnelllebig. Ein Restaurant in Basel besteht durchschnittlich zweieinhalb Jahre.
Wie sehen Sie die Zukunft der Basler Gastronomie?
Es ist sehr viel in Bewegung. Die junge Generation ist extrem kreativ. Da ist viel Gutes in der Pipeline, auf das wir uns als Gast freuen dürfen.
(Ruth Marending)
Roli Staub (36) ist im Zürcher Oberland aufgewachsen und hat in Basel Theologie studiert. Heute wohnt er mit seiner Ehefrau in Kleinbasel.