Die einen feiern die Silvesternacht heiter und fröhlich, andere besinnlich. Nicht so die Laupener. Bei ihnen geht es urchig und laut zu. Ein Silvesterbrauch, dessen Wurzeln weit zurückreichen.
Es beginnt jeweils um 20 Uhr am Silvesterabend nach dem letzten Kirchenglockenschlag. Vom Schloss Laupen her erklingt ein Heidenlärm von Glocken- und Treichelgeschelle. Langsam nähert sich der Umzug dem Städtchen Laupen, angeführt von einer Gestalt mit einer schweren Holzmaske. Vorsichtig geht der Anführer langsam den steilen, gepflasterten Rain hinunter. Finsternis herrscht. Dennoch lassen sich auf der riesigen Holzmaske die verzerrten Züge, eine gewaltige Nase und tiefe Falten erkennen. Das zottige Fell des Anführers verstärkt den Angst einflössenden Anblick. In der Hand hält er eine fünf Meter hohe Stange, an deren Ende immergrüner Wacholder zu einem Besen gebunden ist.
Dem Anführer folgen zwölf Besenmannen in Viererkolonnen, ebenfalls ausgerüstet mit Holzmasken und Wacholderbesen. 20 so genannte «Plateremandli» und «Platerefroueli» wirbeln quirlig herum und erhalten mit ihren «Rindsblatere», aufgeblasenen Rindsblasen, die Ordnung unter den 50 Besenmannen sowie «Glöggelern» und «Glöggelerinnen» aufrecht. Sie veranlassen diese zu langsamerem Gang oder führen sie in die geordnete Reihe zurück. Vorwitzige Zuschauer erhalten ebenfalls ordnende, nicht schmerzhafte Schläge. Die «Platerefiguren» tragen Strümpfe über dem Gesicht, was ihnen ein verzerrtes Aussehen verleiht.
Langsam erreicht der Zug den Läubliplatz. Der Anführer stellt sich in die Mitte des Platzes. Seine zwölf Gesellen umringen ihn. Um sie herum verteilen sich die «Glöggeler». Gespannte Stille tritt ein. Der Anführer hebt seine Maske und verkündet den Silvesterspruch. Kurze Zeit später wird es wieder still, und der Anführer verkündet den Neujahrsspruch. Dieses Szenario wiederholt sich an fünf Plätzen im Städtchen.
Das Wort «Achetringele» heisst so viel wie hinunterschellen. Das alte Jahr wird sozusagen hinuntergeschellt. Gleichzeitig soll der Lärm die bösen Geister vertreiben. Ursprünglich fand das Achetringele in Laupen am Weihnachtstag statt. Vor gut 200 Jahren gelang es dem damaligen Pfarrer, den lärmigen Umzug auf Silvester zu verlegen.
Jedes Jahr verfolgen je nach Witterung zwischen 200 und 500 Gäste das Brauchtum. «Das Achetringele bringt für den Tourismus eine grosse Wertschöpfung», so Regula Pürro vom Organisationskomitee. Zudem sei es beste Werbung für das Städtchen Laupen. «Durch die Einzigartigkeit dieses Brauches haben wir Gäste aus der ganzen Schweiz, teilweise auch aus dem Ausland.» Zu nutzen weiss das auch der örtliche Bäcker Bärtschi. Er verkauft Ende Jahr Pralinen, auf denen die Masken des Umzuges abgebildet sind. Zudem verziert er die Schachteln mit dem Aufdruck des traditionellen Silvesterspruchs des Anführers.
(Ruth Marending)