Viele Weinkarten haben grundlegende Fehler. Auf die folgenden Punkte sollte bei der Zusammenstellung des Weinangebots geachtet werden.
Bruno-Thomas Eltschinger: Eine gute Weinkarte soll den Gästen dienen und nicht die Vorlieben oder die Sammeltätigkeit des Gastgebers widerspiegeln. Sie hat ein klar erkennbares Konzept. Ist sie einer Region gewidmet, ist Vollständigkeit gefragt. Bei einem Land ist eine Region jedoch nur ein Teil. Eine vernünftige Anzahl an Weinen anstatt endloser Inventarlisten schätze ich sehr. Dabei gilt es, die Frage nach der Qualität der Produzenten, der Güte der Weine und des Verkaufspreises sorgfältig abzuwägen.
Fachkundig statt protzig. Der Aufbau einer Weinkarte hat sich wie ein Menügerippe seit Cesar Ritz (berühmter Schweizer Hotelier, 1850 bis 1918; d. Red.) nicht verändert, sondern wurde nur global angepasst. Wichtig ist die Übersichtlichkeit für den Gast und der logische, geografische Aufbau der Länder und Regionen. Etwa von der Nähe in die Ferne, vom Norden in den Süden, von Schaumwein über Weisswein zu Rosé, Rotund Süsswein sowie von süffig zu kräftig. Die Weinkarte sollte Klassiker, Mainstream-Weine und Nischenprodukte genauso wie innovative neue Linien und Produzenten enthalten. Neue Namen, Entdeckungen und Aufsteiger zeigen Aktualität und Marktnähe. Traditionelles mit Neuem kontrastiert zeugt von Flexibilität und Innovation. Dann dürfen Informationen wie Rebsorten, Jahrgang, Produzent, Land, Region, Inhaltsangaben und Alkoholgehalt nicht fehlen.
Eine klare Schrift und grafische Linien sorgen für Übersichtlichkeit und gute Lesbarkeit. Überflüssig sind lange, subjektive Beschreibungen des Duftes oder des Geschmacks. Einige wenige, prägnante Worte genügen. Weine aus der eigenen Region, dem eigenen Kanton, sollten nicht fehlen. Uralte, schon tausendmal gehörte Sprüche und Zitate über Wein sind hingegen überflüssig.
Experimente, Entdeckungen und Abenteuer, um die Gäste zu überraschen und zu begeistern. Beispielsweise mit Weinen aus Genf, Mallorca, Portugal, Österreich, Ungarn oder Malta. Nebst Champagner werden Schaumweine aus der Schweiz, Cava aus Spanien, Spumante aus Italien oder Crémant aus Frankreich kaum angeboten. Süssweine aus dem Wallis und aus Deutschland oder kanadische Weltklasse-Eisweine in Mikroportionen angeboten, wären ein sicherer Zusatzverkauf. Vor allem aber dürfen Schweizer Spezialitäten und neue Schweizer Rebsorten nicht fehlen.
Nur wenige. Eine Weinkarte ist immer auch eine Preisliste. Deshalb sind der Flaschen- oder Glasinhalt, die Währungsangabe und der Mehrwertsteuersatz zwingend. Diese Angaben müssen mindestens einmal klar und deutlich deklariert sein oder konsequent durchgehend auf jeder Seite stehen. Eine Qualitätsangabe darf immer tiefer sein, aber nicht besser als auf der Flasche angegeben. Der korrekte Jahrgang darf nicht verschleiert werden.
Wichtig ist das Einreichen einer Originalkarte. Denn die Haptik, die Originalität, Farben, Papier, Umschlag und die Handhabung einer Karte geben auch Punkte, die mit einem Ausdruck oder einer Fotokopie verschenkt werden. Fantasie beim Inhalt ist wichtiger als Firlefanz bei der Gestaltung. Im Weiteren legen die Juroren Wert auf eine vernünftige Preiskalkulation, ob kleine Produzenten berücksichtigt werden und ob sich Trouvaillen entdecken lassen. Schweizer Weinaffinität zu beweisen, beeindruckt jeden Betrachter. Zu guter Letzt sollten auf keiner eingereichten Karte Stempel mit «ausgetrunken» erscheinen.
(Interview Gabriel Tinguely)
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