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«Früher diente ich dem Papst, heute den Gästen»

Seit Dezember ist Erwin Niederberger Réceptionist im Hotel Cascada in Luzern. Einen grossen Teil seines Berufslebens verbrachte er im Vatikan.

Erwin Niederberger wurde 1978 in die Hotellerie hineingeboren. (Illustration Solange Ehrler)

Hotellerie Gastronomie Zeitung: Erwin Niederberger, Sie waren 15 Jahre lang Schweizer Gardist, jetzt sind sie Réceptionist. Wie kam es zu dem ungewöhnlichen Jobwechsel?
Erwin Niederberger: So ungewöhnlich ist der Wechsel nicht. Früher diente ich dem Papst, heute den Gästen. Beide Dienstleistungen finden in einem internationalen Umfeld statt und haben viel mit Menschen zu tun. Zudem ist für mich der Schritt in die Hotellerie kein richtiger Wechsel, sondern ein Zurückkommen. Ich wuchs in einem Hotel auf. Meine Eltern führten das Hotel Hirschen in Küssnacht am Rigi. 

Haben Sie eine gastgewerbliche Grundbildung gemacht?
Ich habe Konditor-Confiseur gelernt. Eigentlich wollte ich Bäcker werden wie mein Vater, doch er hat mir wegen der Arbeitszeiten von diesem Beruf abgeraten.

Und wie sind Sie dann im Vatikan gelandet? 
Daran sind meine Abenteuerlust und meine Grossmutter schuld. Ich wollte nach der Lehre und ein paar Berufsjahren in der Schweiz ins Ausland. Als ich mir überlegte, was ich machen könnte, das zudem auch sinnvoll ist, erinnerte mich meine Grossmutter an meinen Kindheitswunsch, zur Schweizer Garde zu gehen. Den hatte ich zwar längst vergessen, dachte mir dann aber: wieso eigentlich nicht? Ich bewarb mich und wurde genommen.

Was haben Sie bei der Schweizer Garde gelernt, was Ihnen an der Réception nützt? 
Zum einen lernte ich verschiedene Sprachen, zum anderen habe ich eine gute Menschenkenntnis entwickelt. Diese wurde durch das Beobachten der Besucher aus aller Welt und den Umgang mit ihnen geschult. 

Haben Sie von Ihrer Zeit im Vatikan sonst noch profitiert?
Nach fünfzehn Dienstjahren in der Schweizer Garde erreicht man die erste Pensionierungsstufe. Da ich immer schon wusste, dass ich irgendwann in die Hotellerie zurückwollte, liess ich mich 2015 im Rang eines Wachtmeisters pensionieren. Die Rente, die ich erhalte, hat mir geholfen, mein HFT-Studium zu finanzieren. Ich war also mit 38 Jahren gleichzeitig Rentner und Student. Jetzt bin ich Rentner und Réceptionist.  

(Interview Riccarda Frei)


Zur Person

Erwin Niederberger war Wachtmeister der Schweizer Garde. Dann absolvierte er die Höhere Fachschule für Tourismus HFT Luzern und wurde Réceptionist. In seiner Freizeit reist er gerne und besucht klassische Konzerte.