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Geistreiche Hotels

In der Nacht vom 31. Oktober sollen der Legende nach Geister, Gespenster und Hexen ihr Unwesen treiben. In einigen Hotels tun Spukgestalten dies das ganze Jahr über. 

  • Auch in der Schweiz gibt es gastgewerbliche Betriebe, in denen es spuken soll. Einer davon ist das Wein- und Spargelgut Schloss Reichenau der Familie von Tscharner in Reichenau/GR. (ZVG)
  • Im Engadin darf sich das Hotel Val Sinestra rühmen, einen Hausgeist zu haben. Damit die erholungsuchenden Hotelgäste von neugierigen, geistersuchenden Tagesgästen nicht übermässig gestört werden, hat die Hoteldirektorin Adrienne Kruit das öffentlich zugängliche Restaurant aus dem Haupthaus in die Dépandance verlegt.

Grusel ist ein eigenartiges Gefühl. Es ist eine Mischung aus wohligem Unbehagen und freudigem Schrecken, kombiniert mit einem Hauch ängstlicher Erwartung, die meist in erleichterter Enttäuschung und einem kleinen Adrenalinschwips endet. Menschen gruseln sich gern ein bisschen. Nicht umsonst zählt Horror-Autor Stephan King mit 400 Millionen verkauften Büchern zu den meist gelesenen Schriftstellern unserer Zeit. Auch würden nicht täglich unzählige Krimis und Thriller geschaut, wenn die Menschen das Gänsehaut-Grusel-Gefühl nicht so mögen würden.

Halloween, Geisterjäger und touristisches Potenzial

Freizeitparks haben den wirtschaftlichen Wert einer zünftigen Gänsehaut längst erkannt. Der Europa-Park in Rust (D) beispielsweise zeigt sich jeden Herbst von seiner gruseligen Seite. Dieses Jahr dauert Halloween hier noch bis zum 7. November. Der Park ist mit 3000 Strohballen, 6000 Maispflanzen, 15 000 Chrysanthemen und 100 000 Herbstblumen sowie 180 000 Bio-Kürbissen dekoriert. Vor dieser Kulisse treiben Vampire, Kobolde und Hexen ihr Unwesen. Die Attraktionen und Angebote im Park, in den Hotels und Restaurants sind aufs Thema abgestimmt und ermöglichen so ein Gruselgesamterlebnis.

Wer sich lieber etwas weniger amerikanisiert und dafür historisch korrekt gruseln möchte, dem seien die diversen nächtlichen Stadtrundgänge empfohlen, die es in unserem Land gibt.

In Chur/GR, Thun/BE und anderen Städten führen Nachtwächter die Touristen in die dunkelsten Winkel der Altstadt und berichten Schauriges aus vergangenen Zeiten. In Tuggen/SZ erkundet man mit einem einsamen Soldaten die Festung Grynau. In Aarau/AG folgt man einer Magd durch die mittelalterlichen Gassen und in Zürich erfährt man auf dem «Ghostwalk» Grausiges. Gibt man auf der Webseite my-switzerland.com den Suchbegriff Nachtwächter ein, werden fast 60 Einträge angezeigt. Beim Suchbegriff Geister sind es sogar 1009 Einträge. Darunter Events, bei denen in Schlössern Geistergeschichten vorgelesen werden oder man während der Grusel-Show «Der scheintote Graf» diniert.

Gespenster-Hotel ist Baudenkmal

Das Schlosshotel Waldlust (siehe Spalte rechts) bei Freudenstadt im Schwarzwald (D) ist ein Beispiel dafür, wie sich der Gruselfaktor nutzen lässt. Der Verein der Denkmalfreunde Waldlust organisiert in dem verlassenen, zerfallenden Grand Hotel spezielle Themenführungen, Konzerte im Hotelpark sowie Gourmet Dîners. Zudem gibt es «Lost Place»-Fototouren für Instagrammer und Hobbyfotografen, die den morbiden Charme und das gespenstische Ambiente festhalten möchten. Der Erlös aus Eintritten und Spenden fliesst in den Erhalt des denkmalgeschützten ehemaligen Grand Hotels. Der Verein koordiniert auch die zahlreichen Anfragen von Kinofilm-Produktionen und Fotoagenturen, die das Hotel als Kulisse mieten.

Infos über das geheimnisvolle «Waldlust» findet man auf schwarzwald-tourismus.info. Die Tourismusorganisation listet das Hotel als Denkmal und Ausflugstipp für «Lost Places Fans». Der Hype um verlassene, verfallende Gebäude als Fotosujet sei zwar etwas vorbei, doch die Region, so Schwarzwald Tourismus, habe diesbezüglich noch einiges zu bieten. Etwa das prächtige Schlosshotel Bühlerhöhe, das Kurhaus Sand oder das Hotel Breitenbrunnen.

Der Geist mit der Vorliebe fürs Badezimmer Nummer fünf

Während im Grand Hotel Waldlust im Schwarzwald ein weiblicher Geist namens Adele spuken soll, geht im Hotel Val Sinestra im Engadin ein männlicher Geist um. Es soll sich um einen jungen Belgier handeln, der vor dem Zweiten Weltkrieg hier an Tuberkulose verstarb.

Von der Hoteldirektorin Adrienne Kruit wird die Erscheinung  Hermann genannt. Laut anderen Quellen soll sein Name «Guillaume» oder «Gillon» lauten. Da es keine Gästebücher mehr aus der Zeit gibt, ist der Name nicht mehr nachprüfbar.

Besonders bemerkbar mache sich Hermann auf der Bäderetage im Raum Nummer fünf. Diverse Personen wollen den Geist gesehen oder seine Anwesenheit bemerkt haben. Von schwebenden Löffeln wird berichtet. Von fest verriegelten Fenstern, die sich wie von alleine öffnen, von Stereoanlagen, die ohne menschliches Zutun die Lautstärke hoch oder runterdrehen und von verschlossenen Zimmern, in denen plötzlich das Licht brennt. Angst müsse vor Hermann niemand haben, er sei ein freundlicher Geist, der einfach ab und zu etwas Aufmerksamkeit brauche, beschreibt Adrienne Kruit ihren Hotelgeist.

Schlosskapelle und Familiengespenst

Das Schloss Reichenau ist bekannt für seine Weine, Spargeln und als Hochzeits- und Eventlokalität. Das spezielle: Im Schloss darf man sich ganz offiziell sowohl standesamtlich im Spiegelsaal wie auch kirchlich in der Schlosskapelle das Ja-Wort geben. Und danach mit den preisgekrönten Weinen aus eigenem Anbau des Schlossherren darauf anstossen.

Vor allem aber ist das Schloss in Reichenau/GR Wohn- und Arbeitsort der Familie von Tscharner. Seit 600 Jahren wird der älteste Sohn jeweils auf den Namen Johann-Baptista oder auf das romanische Pendant Gian-Battista getauft. Wo bei anderen FamilienFotos der Angehörigen an den Wänden hängen, zieren bei den von Tscharners Porträtgemälde der Urahnen die Wände. Es würde einen nicht erstaunen, wenn die eine oder andere porträtierte Person des Nachts durch die weitläufige Schlossanlage spukte.

«Wir haben alles. Spinnen, Mäuse und auch Gespenster», lacht Gian-Battista von Tscharner dann auch verschmitzt, als er für die TV-Sendung «Ding Dong» die Moderatorin Viola Tami für eine Übernachtung im Schloss begrüsst. Ob Gian-Battista von Tscharner der Fernsehfrau nur einen kleinen Schrecken einjagen und sein Schloss interessanter machen wollte oder ob tatsächlich ein verstorbener Vorfahre durch die historischen Räume des Familiensitzes spukt, bleibt sein kleines Geheimnis.

Wie bei allen Spukgeschichten und Legenden gilt das italienische Sprichwort: «Si non è vero, è ben trovato» – Wenn es nicht wahr ist, so ist es gut erfunden.

(Riccarda Frei)


Filmtipps

Für die Sendung «SRF bi de Lüt» hat das Schweizer Fernsehen den Bericht «Das Spukschloss im Val Sinestra» gedreht. Er kann bei Youtube (Suchbegriff: Spukhotel Val Sinestra) angeschaut werden. Der Besuch von Viola Tami im Schloss Reichenau ist auf srf.ch/play unter der Rubrik «Ding Dong» zu sehen.


Hotels mit Gruselfaktor

The Langham Hotel
Von diesem Londoner Luxushotel wird gesagt, dass dort gleich mehrere Geister auftauchen. Am häufigsten wird ein viktorianischer Gentleman gesehen und zwar im Zimmer 333. Dies allerdings nur im Oktober. Weniger häufig, dafür zu keiner speziellen Jahreszeit, spuke ein deutscher Prinz im «The Langham». Dies in der vierten Etage vor dem Fenster, aus dem er vor dem Ersten Weltkrieg in den Freitod sprang.

Hotel The Stanley
Das Hotel in Estes Park, USA, wurde 1909 erbaut. Der Autor Stephan King hat hier «Shining» geschrieben und sich von dem Anwesen inspirieren lassen. Es soll im Hotel, genauer gesagt im Zimmer 418, gleich mehrere Geister geben. Es handelt sich um eine Gruppe spielender Kinder, die in diesem Zimmer den Gästen den Schlaf rauben.

The Mermaid Inn
Das Gasthaus in der Ortschaft Rye im Südosten Englands gilt als eines der ältesten Hotels im Land. Das heutige Gebäude stammt aus dem Jahr 1420, die Keller datieren aber auf das Jahr 1156. Der Geist einer alten Dame, graue Lady genannt, bewohnt das Zimmer Nr. 1. Sie sitzt dort gerne am Feuer, während eine weiss gekleidete Gespensterdame am Fussende des Bettes zu stehen pflegt.

Hotel Relais Castello Bevilacqua
In der italienischen Provinz Verona spukt der Hausherr gleich selber. Der Händler Guglielmo Bevilacqua hat das heutige Viersternehotel im 14. Jahrhundert als Festung gebaut. Eine Legende besagt, dass er seit einem Brand im Jahr 1884 durch das Hotel spukt. Im Garten könne man noch immer seine Stimme hören.

Grand Hotel Waldlust
In Freudenstadt im Schwarzwald (D) steht ein verlassenes Schlosshotel. Es steht seit 2005 leer, doch schon in den 1960er-Jahren wurde getuschelt, dass das Hotel verflucht und ein Ort der unerlösten Seelen sei. Heute wird das Grand Hotel, auch Schlosshotel genannt, oft als Location für Gruselfilme, Krimis sowie Fotoshootings genutzt. Seine Blütezeit erlebte das «Waldlust» von 1902 bis 1949. Der Hochadel residierte hier ebenso wie Filmstars und Industrielle. Die guten Zeiten des Hotels endeten mit dem Zweiten Weltkrieg. Das Haus wurde als Lazarett verwendet. Viele Menschen verloren hier ihr Leben. So auch Adele, die gute Seele des Hauses. Sie soll 1949 gewaltsam zu Tode gekommen sein und seither im Hotel umgehen. 


Organisiertes Gruseln als Gruppenerlebnis

Geheimnisse sind interessant und faszinieren. Die Anbieter von Mörder-Weekends, Krimi-Dinner, Geisterjagd oder Spuknacht haben daraus ein Geschäftsmodell gemacht, das beim Publikum ankommt.

Seit bald 15 Jahren bereichert Peter Denlo mit seinen Dinner-Krimi-Aufführungen das Angebot zahlreicher Restaurants in der ganzen Schweiz. Die Kombination aus Abendessen und Aufklären eines Mordfalls zwischen den Gängen erfreut sich nach wie vor grosser Beliebtheit. Zwar konnten während der Pandemie keine Aufführungen stattfinden, doch dafür hatte Peter Denlo Zeit, sich neue spannende  Storys auszudenken.

Mord im Schloss

Neben Dinner produzieren er und sein Team auch Krimi-Weekends mit Nonstop-Mörderjagden und Krimi-Erlebnissen wie «Tatort Jungfrau». Meist sind Hotels die Handlungsorte der Mörder-Weekends. Doch auch in den Schlössern Münchenwiler in Münchenwiler/BE bei Murten und Hünigen in Konolfingen/BE finden Mord und Totschlag nach Drehbuch statt. Auch wenn im Fall «Späte Rache» kein Geist vorkommt, gruselige Szenen und Gänsehautmomente dürfen dennoch erwartet werden.

Geister jagen auf der Burg Falkenstein

Schaurig den Rücken hinauf und hinunter läuft es vermutlich auch den Teilnehmerinnen und Teilnehmern der in Deutschland angebotenen Spuknacht-Geisterjagd-Touren. Hier werden keine fiktiven Morde aufgeklärt, sondern mit Messgeräten, Ouija-Brett und Wünschelruten Spukphänomene erkundet.

Die Geistersuche beginnt mit einem Essen, währenddessen eine kurze Geisterjägerschulung stattfindet. Die Teilnehmenden erhalten von der promovierten Archäologin Dr. Lucia Moiné Informationen zur Geschichte des Ortes, den Phänomenen und der Methodik der Geisterjagd. In Kleingruppen wird dann eine Burg, ein verlassenes Sanatorium oder ein anderes altes Haus vom Keller bis zum Dachboden erkundet.

Organisiert werden die Geisterjagden seit 2009 von einem Verein paranormal interessierter Menschen. Sie alle sind hauptberuflich in ganz anderen Bereichen tätig, teilen aber ihre Leidenschaft für paranormale Phänomene und unheimliche Orte. Wie etwa die in der Burg Falkenstein in der Oberpfalz (D).  

(Riccarda Frei)

www.krimi.ch 
www.spuknacht.de