Neue Fernmärkte und die Profilierung des bestehenden Angebots sollen den Schweizer Gesundheitstourismus stärken.
Gut 120 Fachleute aus Touristik, Hotellerie, Gesundheitswesen, Medizin und Politik trafen sich am Mittwoch zur Konferenz «Gesundheit & Tourismus» in Pontresina. Diese erwartete ein abwechslungsreiches, spannendes Tagesprogramm. Zwar war die Konferenz aufgrund der Zusammenstellung der Referenten primär für Vertreter und Vertreterinnen aus dem medizinischen Bereich interessant, doch auch Hoteliers und Touristiker konnten spannende Inputs mit nach Hause nehmen. So etwa die Erkenntnisse des Tourismusforschers Prof. Markus Lohmann. Seines Erachtens ist der Gesundheitstourismus kein Wachstumsmarkt, aber einer, der Chancen bietet. Wichtig sei dabei, dass man den Kundennutzen ganz klar im Auge behalte. «Gesundheitsurlaube machen zu oft nicht gesünder. Dabei hat der Anbieter im Gesundheitsurlaub eine besondere Verantwortung», gibt er zu bedenken. Es sei darauf zu achten, dass die angebotenen Produkte oder Dienstleistungen den Bedürfnissen der Kunden entsprechen. «Gute Produkte sind für den Kunden relevante Produkte, die wirken», sagt Lohmann ergänzend. Die Anbieter stünden in der Pflicht.
Für den Kanton Graubünden sei der Gesundheitstourismus ein attraktiver Nischenmarkt, allein könne er aber den Verlust an Logiernächten der letzten Jahre nicht wettmachen, sagte der Bündner Regierungsrat Marcus Caduff. Dennoch sieht auch er er im Gesundheitstourismus eine Entwicklungschance. In der Gesellschaft finde ein Wertewandel statt. Vor allem Menschen mit höherem Einkommen würden sich mehr bewegen und gesünder ernähren.
Dieser Wertewandel und auch die Überalterung sprächen zwar für den Gesundheitstourismus, bestätigte Max Nadig, Präsident des Verbandes Heilbäder und Kurhäuser Schweiz. Die Kostensteigerung im Gesundheitswesen und bei den Gesundheitsversicherungen wirke aber dämpfend. In der Prävention zeige sich, dass Konsumenten nicht bereit seien, ihre Ferientage für ihre Gesundheit zu opfern und dafür auch noch selber zu zahlen. Zudem sähen die Krankenversicherer sich nicht in der Pflicht, für Prävention zu bezahlen.
Für die neue Initiative für den Gesundheitstourismus von Schweiz Tourismus, die an der Konferenz zum ersten Mal vorgestellt wurde, spielen hiesige Krankenversicherer eine untergeordnete Rolle. Die Zielgruppen kommen aus Ländern der Fernmärkte. Es sind dies Patienten aus Russland, der Golfregion und China, die sich in der Schweiz medizinischen Behandlungen unterziehen wollen, wie Letizia Elia, Head of Business Development bei Schweiz Tourismus, verlauten lässt. Die Vermarktungstätigkeit beginnt im Januar 2020 mit medizinischen Partnerbetrieben in allen Landesteilen und ist auf 700`000 Franken jährlich budgetiert. Damit wolle Schweiz Tourismus einen Teilbereich des Gesundheitstourismus, das Segment des medizinischen Tourismus, fördern. Erste Kooperationspartner wurden etwa mit der Klinik Gut in St.Moritz oder der Klinik La Prairie in Montreux bereits gefunden. Wichtig sei, dass die Kliniken sich international vermarkten liessen und eine gewisse Strahlkraft hätten, erläutert Letizia Elia. Es sei jedoch Ziel, dass zum Schluss möglichst Betriebe aus allen Regionen vertreten seien.
Eine Region nimmt die Dinge in Sachen Gesundheitstourismus gleich selbst in die Hand. Im Oberengadin lancieren Initianten aus Hotellerie, Touristik, Gesundheit und Wirtschaft im kommenden Jahr ein neues Gesundheitsfestival. «Vival – das alpine Gesundheitsfestival» soll die Themen Gesundheit und Genuss zusammenbringen und neue Angebote fördern. Laut den Co-Präsidenten des Vereins Vival, Richard Dillier und Christoph M. Schlatter, verfügt das Oberengadin bereits über eine hohe Anzahl an Angeboten, die Gesundheit und Genuss zusammenbringen. Nun gelte es, das Angebot in Form eines Festivals für die Gäste greifbarer zu machen und dazu Neuheiten zu lancieren.
Im Bürgenstock Resort verbindet man Genuss und Gesundheit bereits seit der Wiedereröffnung im Jahr 2018 miteinander. Dessen medizinische Direktorin, Professorin Verena Briner, zieht eine positive, erste Bilanz. Medizin im Luxushotel funktioniere, sagte sie vor den Besuchern der Konferenz. Sie betont vor allem das holistische Konzept an, welches das Bürgenstock Resort mit seinem Angebot verfolgt. Es verknüpft die medizinische Versorgung mit Angeboten aus den Bereichen Wellness, Spa, Beauty und Anti-aging. Dadurch habe das Bürgenstock Resort jedoch auch einen grossen Gästemix, der das Unternehmen vor einige Herausforderungen stellt. Es gelte, sich diesen Herausforderungen bewusst zu sein. Ein Kurgast aus Dubai beispielsweise will vielleicht mehrheitlich entspannen und gut essen. Einem Gast, der gerade auf Diät ist, sind diese Dinge hingegen verwehrt. Es sei wichtig, auf diese individuellen Bedürfnisse Rücksicht zu nehmen, damit sich alle wohl fühlten und das Konzept funktionieren könne.
Weitere Referenten der Tagung waren:
Urs Baumberger, Direktor des Kantonsspitals Nidwalden
Markus Fisch, Klinikleiter der Reha Seewis
Philip Matthiass, COO Vamed Schweiz
Manuela Irsara, Development Health & Wellness, IDM Südtirol
Georg Schäppi, CEO der Hochgebirgsklinik Davos
(mm/ dkl)