Gastgewerbliche Berufe haben bei Jugendlichen einen schweren Stand. «Next Generation HGU» kennt die Gründe und zeigt, was getan werden muss, um deren Attraktivität zu steigern.
«Es ist nun mal leider so, dass unsere Branche in der Gesellschaft nicht den besten Ruf hat», sagt Julian Ferrante (22). Der Kaufmann EFZ Hotel-Gastro-Tourismus und Vorstandsmitglied des Berufsverbands Hotel, Administration & Management, weiss auch, woran das liegen könnte. «Wir sind in Berufen tätig, die die Teilnahme am gesellschaftlichen Leben nicht gerade einfach gestalten. Wir arbeiten schliesslich immer dann, wenn andere frei haben.» Natürlich könne man nicht ändern, dass man beispielsweise in der Hotellerie auch abends und an den Wochenenden arbeiten müsse. «Doch es würde schon viel helfen, wenn Arbeitgebende neue Lösungsansätze konsequent verfolgten.» Er nennt die vielgepriesene Viertagewoche als Beispiel. Solche einzigartigen Ansätze könnten die Branche positiv von anderen abheben und etwa Zweifel seitens der Eltern mildern, ist sich Julian Ferrante sicher.
Wichtig sei zudem auch eine enge Begleitung der Lernenden. «Man muss einen Ausbildungsplan erstellen und die Bedürfnisse bei den Jugendlichen abholen. Sie fragen, was sie sich wünschen. Und zwar nicht einmalig, sondern fortlaufend», sagt Ferrante bestimmt. Er habe in seiner Berufslehre schon früh viel Verantwortung übernehmen dürfen. «Ich wurde gezielt gefordert und gefördert, konnte aber auch nachfragen, wenn ich bei einem Thema anstand. So sollte es auch sein.»
Chefin Konditorin-Confiseurin Tanja Senn (26), ebenfalls Mitglied der Fachgruppe sowie Vorstandsmitglied des Berufsverbandes Bäckerei & Confiserie, pflichtet ihm bei. «Die junge Generation hat keine Lust mehr darauf, Dinge so zu tun, wie sie schon immer getan wurden. Sie hinterfragt und möchte gehört werden, sich einbringen können.» Ein weiteres grosses Problem, das die beiden jungen Fachleute sehen, ist die geringe Wertschätzung.
Tanja Senn, Mitglied «Next Generation hgU»
Tanja Senn sagt: «Hier muss ein Umdenken stattfinden, sonst wird es für Ausbildungsbetriebe künftig schwieriger, Lernende zu finden.» Sie schlägt vor, die Abläufe im Betrieb zu analysieren und das Verbesserungspotenzial dazu zu nutzen, den Bedürfnissen der neuen Generation gerechter zu werden. «Zum Beispiel indem man die Arbeitszeiten ansprechender gestaltet.» Ausbildnerinnen und Ausbildner sollten ihren Schützlingen zudem ihre Begeisterung für den Beruf mitgeben. «Ob ein Vorgesetzter den Beruf mit Freude ausübt oder nicht, wirkt sich auch stark darauf aus, wie Jugendlichen ihre eigene Tätigkeit wahrnehmen und welchen Sinn sie darin sehen», sagt Senn.
Rebekka Studer, die Nicole Brosi seitens Berufsverband Hotelle-rie & Hauswirtschaft ad interim in der Fachgruppe vertritt, hat durch ihre Position als Leiterin Hauswirtschaft und Ausbildnerin im Hotel Bären Dürrenroth/BE einen anderen Blick auf die Thematik. Sie bestätigt den Wunsch der Lernenden nach mehr Wertschätzung und Verantwortung im Berufsalltag. Sie versucht, diesen Ansprüchen gerecht zu werden und nennt ein Beispiel.
«Die Lernenden Hotelfachfrau/Hotelfachmann des zweiten Lehrjahrs erhalten etwa die Mög-lichkeit, jene des ersten Lehrjahrs einzuarbeiten.» Das stärke das Selbstvertrauen der Lernenden und gebe ihnen auch einen Sinn in der Arbeit. Studer sagt: «Die Zeiten, in denen Lernende nur dazu da waren, unliebsame Arbeiten zu erledigen, sind definitiv vorbei.»
(Désirée Klarer)
«Next Generation HGU» hat die Bedürfnisse der Mitglieder der Hotel & Gastro Union unter 25 Jahren im Fokus. Die Gruppe besteht aus den folgenden Mitgliedern der fünf Berufsverbände der Union: Tanja Senn, Nicole Brosi, Julian Ferrante, Kilian Mitterer und François Christ.