2013 machte sich der Innerschweizer Dany Lützel auf, als Hotelier die Welt zu erobern. Ihn zog es nach China, wo er zunächst in Chongqing zwei Häuser leitete. Heute ist er Direktor eines Luxus-Hotels in der Hauptstadt Peking.
Seit fünf Jahren lebe und arbeite ich in China. Zunächst reiste ich nach Chongqing, wo ich erst das Kempinski Hotel führte und anschliessend die Eröffnung des neuen Niccolo Hotels vorbereitete. Vier Jahre später, 2017, wurde ich angefragt, ob ich die Stelle des Direktors des Hotels Éclat in Peking annehmen möchte. Es ist ein wunderbares Fünf-Sterne-Hotel mit wunderbaren Eigentümern, also habe ich keine Minute lang gezögert, von Chongqing in die Hauptstadt zu ziehen. Ein solch tolles Hotel mit seinen fantastischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu leiten, ist wie ein Sechser im Lotto.
Das Hotel ist in der Parkview Green (Fang Cao Di) Shopping Mall integriert. Die Mall verfügt über diverse innovative Shopping-Brands, Office-Towers, ein Kino, Fitnesscenter, Museum und eben das Hotel Éclat. Zur Shopping-Mall inklusive dem Hotel gehört eine aussergewöhnlich grosse Kunstsammlung. So verfügt das Hotel selbst über die grösste Salvador-Dali-Kunstsammlung in ganz Asien.
Das Hotel selbst hat 100 Zimmer, wovon 20 sogenannte Themen-Suiten sind. Diese Zimmer verfügen alle über eine Terrasse mit eigenem Swimming-Pool und sind einem speziellen Thema gewidmet.
So haben wir beispielsweise Suiten namens Harry Potter, Barbie, Star Wars, Terminator, Miami, Classic Sports, Hollywood und viele weitere, welche vollumfänglich nach einem Thema designt und ausgestattet worden sind. Zusammen mit der Shopping-Mall ist das ganze Gebäude «Leed Platinum» zertifiziert. Dies ist ein amerikanischen Gütesiegel, welches für umweltfreundliches Klima steht. So herrschen beispielsweise in der Mall und im Hotel perfekt saubere Luftverhältnisse.
Als General Manager bin ich für die ganze operative Führung verantwortlich. Nebst der Budget-Verantwortung führe ich das Management und stelle sicher, dass unsere vereinbarten Ziele erfüllt werden. Zudem bin ich das Bindeglied zwischen unserem Eigentümer und unserem Corporate Office in Hongkong.
Wie sieht mein Arbeitsalltag aus? Nun, einen täglich geregelten Arbeitsablauf gibt es wohl selten in unserer Branche. Umso mehr ist viel Flexibilität von einem gefordert. In der Regel starte ich frühmorgens und beantworte E-Mails und informiere mich über das tägliche Geschehen im Hotel und in der Stadt. Um 8.45 Uhr haben wir dann unser sogenanntes Morgen-Briefing, an dem alle «Head of Departments» ihre wichtigen Punkte vortragen. Dabei geht es hauptsächlich darum, welche Gäste anreisen, welche Geschehnisse in der Nacht waren, welche technischen Defekte passiert sind und welche Events und Meetings anstehen. Das Morgen-Meeting gibt mir einen guten Überblick, was am Tage so passiert.
Durch den ganzen Tag gilt es weiter für mich, Meetings zu leiten, Zimmer zu kontrollieren, Gäste zu unterhalten, zu verabschieden oder willkommen zu heissen. In Peking lebt es sich sehr gut. Nach Chongqing, das mit seinen über 30 Millionen Einwohnern als grösste Stadt der Welt gilt, ist ein Umzug in die Hauptstadt eine super Bereicherung. Peking mit seiner Jahrtausende alten Kultur hat sehr viel zu bieten. Auch darf man sagen, dass die Regierung sehr viel unternommen hat, um wegzukommen vom Klischee, Peking versinke im Smog. Mit sehr grossem Erfolg. Über den ganzen Winter hinweg gab es nur blauen Himmel und beste Wetter- und Luftverhältnisse. Auf jeden Fall lohnt sich ein Besuch während des Frühlings oder Herbstes. Dann blüht entweder die ganze Stadt oder die Sehenswürdigkeiten stehen in einem besonders schönen Kontrast.
Worin bestehen die grössten Unterschiede zwischen Schweizer und chinesischer Hotellerie? Ich denke, es gibt viele. Nicht nur bezüglich Sprache und Kultur, sondern auch in der Mentalität. Es macht super Spass mit anzusehen, wie schnell gewisse Dinge umgesetzt werden können. Eine Hochzeit für 500 Personen innert einigen Tagen inklusive Bankettsaal mit technischer Infrastruktur, LED-Leinwand und Dekoration zu organisieren, ist sehr interessant. Meistens wird die Nacht durchgearbeitet, was es leider in der Schweiz sehr selten gibt. Auch an den Wochenenden ist in der Regel alles verfügbar wie unter der Woche. Wo ein Kunde ist, ist auch immer sehr schnell ein Anbieter zu finden.
Generell ist man hier offen für Neues, und die Mitarbeiter sind dankbar, Schweizer Präzision zu lernen und besser zu verstehen. Auch was die Kommunikation anbelangt, so ist das E-Mail in China im Gegensatz zur Schweiz eher am Aussterben. Vieles wird direkt via We-Chat erledigt. Eine Art Whatsapp, aber mit viel mehr Möglichkeiten.
Was den Umgang mit Chinesen anbelangt, kann ich sagen: Freundlich sein, Zuhören und Unterstützung bieten sind Attribute, die sehr geschätzt werden. Das gilt übrigens überall auf der Welt. Auf jeden Fall sollte man es vermeiden, Kollegen öffentlich zu rügen oder blosszustellen. Chinesen schätzen es sehr, wenn man ihre Kultur kennt und sie respektiert. Respekt zu zeigen, ist immer noch das beste Rezept, um erfolgreich zu sein. Auch schätzt es das Gegenüber, wenn man sich nicht zu schade ist, sein Wissen weiterzugeben. Chinesen sind sehr aufgeschlossen für Neues. Etwas, was vielleicht in der Schweiz ein bisschen zu kurz kommt. Früher hat man gesagt, lerne Sprachen und vor allem Englisch. Heute würde ich sagen, lerne weiterhin Sprachen, aber lerne noch zusätzlich Chinesisch. Die Welt hat sich verändert und somit auch das Wissen der Menschen über China.
China ist ein sehr offenes Land. Man liest und hört sehr viel Gutes, und ich würde sagen, zu einer internationalen Karriere gehört es heutzutage einfach dazu, auch in China Erfahrungen zu sammeln. Als Tipp für all jene jungen Hoteliers, die nach China wollen, gebe ich: Bitte fangt nicht gleich mit Shanghai oder Peking an. Beide Städte sind zwar gross und international und bieten eine gewissene Lebensqualität, aber wer das authentische China noch erleben möchte, sollte sich nicht zu schade sein, eine sogenannte Second- oder sogar Third-City aufzusuchen. Diese bieten einem noch viel mehr Abenteuer, man ist sehr nah an der Kultur und lokalen Ereignissen dran. Es macht Spass und es bereichert einen ungemein, wenn man nicht immer in einem Wohlfühl-Becken ist.
(Dany Lützel)
Der 1978 geborene und in Ebikon bei Luzern aufgewachsene Dany Lützel absolvierte zunächst eine kaufmännische Grundausbildung im Hotel Union in Luzern. Nach seinem Studium und dem erfolgreichen Abschluss an der Schweizerischen Hotelfachschule Luzern arbeitete er lange für die Radisson Blu Hotel Gruppe in der Schweiz, in Belgien und Dubai. Später war er mehrere Jahre in St. Gallen als Direktor für das Radisson Blu Hotel verantwortlich und amtete zeitgleich als Präsident des Hoteliervereins St. Gallen-Bodensee und war Vorstandsmitglied von St. Gallen Bodensee Tourismus. 2013 verliess er die Schweiz und ging nach Chongqing, China, wo er zuerst das Kempinski Hotel leitete und anschliessend die Eröffnung des Niccolo Hotel vorberei-tete. Seit Juli 2017 lebt er mit seiner Familie in Peking und führt das Hotel Éclat, welches laut Tripadvisor 2017 zu den zwölf besten Hotels der Welt gehört.
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