Auf dem Eichhof in Aarberg bestimmt der Kunde, was angepflanzt wird. Ein Angebot, das bei Köchen auf grosses Interesse stösst.
Biobauer Stefan Brunner steht vor 4000 Quadratmetern Land im bernischen Aarberg, das gespickt ist mit weissen Schildern. Darauf steht, was im jeweiligen Beet angebaut wird und wem die Ernte gehört. Denn für sein Projekt «Bionär» verpachtet der 31-Jährige sein Land quadratmeterweise an die Kunden. Diese können bestimmen, was darauf angebaut wird und sich die Ernte nach Hause beziehungsweise ins Restaurant schicken lassen. Per App kann auf Fotos und Videos verfolgt werden, wie das Gemüse wächst und was das Wetter macht.
Ausserdem will Brunner gerade Privatkunden die Möglichkeit geben, Landwirtschaft zu erleben: «Bei uns können sie täglich über die App sehen, was mit ihrem Gemüse gerade geschieht.» Und auch Food Waste lässt sich durch die App minimieren: «Jetzt muss ich keine krummen oder zu kleinen Karotten mehr wegwerfen, sondern kann alles Gemüse dem Kunden direkt weitergeben.»
Dass Bionär über eine App funktionieren soll, war für Stefan Brunner, der sich selbst als Technik-Freak bezeichnet, von Anfang an klar. «Ich habe früher oft Hay Day auf dem Natel gespielt, ein Spiel, bei dem man einen Bauernhof betreibt. Die Bionär-App wurde wahrscheinlich auch dadurch inspiriert», sagt er schmunzelnd. Die erste Version ist seit Anfang Mai verfügbar und wird nun stetig weiterentwickelt.
Während Privatkunden ihr Gemüse aus einem Standardsortiment wählen, gibt es insbesondere für Köche ein Angebot, bei dem selbst gewählt werden kann, was angebaut wird. Denn immer wieder bekommt Brunner Anfragen von Köchen, die ein ganz bestimmtes Gemüse wollen. Wünsche, die er eigentlich gerne erfüllt: «Aber wenn ich etwas Neues anbaue, ohne die nötige Erfahrung zu haben, steigt das Risiko für mich. Über das Bionär-System teilen der Koch und ich uns das Risiko. Wenn die Ernte gut ausfällt, hat er dafür Glück gehabt.»
Das Angebot stösst bei Gastronomen auf grosses Interesse. Stefan Brunner arbeitet mit Köchen wie Dave Wälti (Eisblume, Worb), Fabian Fuchs (Equitable, Zürich) und Simon Sommer (Restaurant Schöngrün, Bern) zusammen. Für sie baut er Dinge an, die sie sonst kaum aus Schweizer Anbau erhalten: Szechuanpfeffer, Moringa, Kurkuma, Ingwer, schwarze Bohnen und vieles mehr. Die Preise belaufen sich für Standardgemüse wie Kartoffeln oder Karotten auf 20 Franken pro Quadratmeter und Saison, 30 Franken für Gemüse nach Wunsch und 50 Franken bei Anbau im Tunnel.
Alles, nur nicht gewöhnlich: das ist Stefan Brunners Lebensmotto, das er auch auf seinem Betrieb lebt. Obwohl er zunächst eine Maurerlehre machte, übernahm er mit 23 Jahren den Eichhof von seinen Eltern. Diesen Schritt hat er nie bereut: «Hier kann ich mich entfalten.» Ständig ist er auf der Suche nach neuen Ideen mit Zukunft. Damit aus der Bionär-App mehr als eine Eintagsfliege wird, ist ihm der Austausch mit den Köchen auf Augenhöhe wichtig: «Es muss eine Win-win-Situation sein, sonst macht das Projekt keinen Sinn.» Bisher sind auf dem Eichhof 4000 Quadratmeter für das Bionär-Projekt reserviert, insgesamt stehen 140 000 Quadratmeter zur Verfügung. Läuft alles nach Plan, soll das Konzept später als Franchise funktionieren und auf Höfen in der ganzen Schweiz angeboten werden. Stefan Brunner ist überzeugt, dass sein Konzept ankommt und er die vielen Anfragen bald selbst nicht mehr bewältigen kann.
(Angela Hüppi)
Stefan Brunner
Brunner Eichhof, Spins 24
3270 Spins/Aarberg
info@bionär.ch