Molkenkuren waren im 18. und 19. Jahrhundert eine populäre Trinkkur. Dennoch sind sie heute fast verschwunden.
Der Ursprung der Molkenkuren liegt in Gais/AR. 1749 fand hier ein lungenkranker Patient dank einer Kur mit Alpenziegenmolke Heilung. In der Folge wurde die Molkenkur populär. Noch heute erinnert ein Glockenspiel im Türmchen des Hotels Krone an die Zeit, als dieses die Kurgäste zur Molkeneinnahme zusammenrief.
Die Molkenkur ist eine Trinkkur, bei der statt Heilwasser aus Thermalquellen Molke, die beim Käsen entsteht, kurmässig getrunken wurde. Ob die Heilung des Lungenkranken in Gais tatsächlich der Molke zu verdanken war, ist nicht nachgewiesen. Doch der Zeitgeist war günstig.
In ganz Europa gewannen die Natur und das Gebirge immer mehr an Bedeutung. Gais stieg zum ersten Molkenkurort auf. In speziellen Zimmern wurde zudem der Stall- und Jauchegeruch therapeutisch eingesetzt. Eine weitere Kurkomponente war das Wasser. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts wurde das Appenzell von einem Badefieber erfasst, und überall schossen Bäder aus dem Boden.
Im 19. Jahrhundert sank der Stern der Molkenkuren. Die Appenzeller Geschäftstüchtigkeit wurde von Zeitgenossen kritisiert und die Molkenkuren als Geldmacherei abgetan. Zunehmend kamen Zweifel an der heilenden Wirkung der Molke auf. Im Gegensatz zu Gais verstand es Heiden/AR, sein Kurangebot ab Mitte des 19. Jahrhunderts stark auszubauen. Dazu trugen vor allem der Berliner Augenarzt Albrecht von Graefe und der Neurologe Heinrich Frenkel bei. Die Glanzzeit des Kurortes endete mit dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges. Doch seit Ende des Zweiten Weltkrieges erlebt Heiden als Kur- und Ferienort eine Renaissance. Dazu beigetragen hat die Eröffnung des neuen Kursaals im Jahr 1957.
Bis Mitte der 1970er-Jahre logierten die Kurgäste im Hotel Freihof, danach im damals neuen Kurhotel Heiden, dem heutigen Hotel Heiden. Dieses wird derzeit fit für die Zukunft gemacht. Das Hotel ist derzeit geschlossen und wird Mitte April nach einer 6,5 Millionen Franken teuren Renovation wiedereröffnet. Alle Mitarbeitenden werden übernommen. «Wir sind voller Vorfreude und gespannt auf das renovierte Hotel», sagt Direktor Erich Dasen.
Ein zweiter Betrieb im Appenzellerland, der sich vom einfachen Kurhaus zum wegweisenden Wellnesshotel mauserte, ist das «Hof Weissbad» in Weissbad/AI. Das Kurhaus entstand um 1790, als Betreiber Carl Jakob Inauen auf das Erfolgsrezept der Molkenkur setzte. Die Blütezeit des «Hof Weissbad» wurde ebenfalls mit dem Ersten Weltkrieg jäh beendet. Geschlossen wurde das Kurhaus jedoch erst im Jahr 1973. 1989 erwarb eine Gruppe von Investoren den maroden Bau und das dazu gehörende Land. Sie liess das alte Haus abbrechen und an besserer Stelle einen Neubau errichten.
Im Herbst 1994 wurde das Hotel Hof Weissbad unter der Leitung von Damaris und Christian Lienhard als Gesundheits- und Ferienhotel Hof Weissbad eröffnet. Angeboten wird ein stets erweitertes und erneuertes SPA-Angebot mit Innen- und Aussenbad, gespeist mit eigenem, 33 Grad heissem Quellwasser, einer Saunalandschaft, einem Fitnessbereich, Massagen sowie Kosmetikbehandlungen mit der hauseigenen Appenzeller Produktlinie. Bekannt ist der Betrieb auch wegen seiner Küche. Käthi Fässler, Köchin des Jahres 2009/2010, präsentiert eine Abendkarte mit täglich wechselnden 18 Gerichten.
Und auch ein Molkenbad ist heute noch immer möglich: Während der Alpzeit von Anfang Juni bis Ende August bietet die Familie Gmünder auf ihrer Alp beim Seealpsee ein Molkenbad an, das täglich frisch zubereitet wird. Mit rund 40 Grad Celsius fliesst die frische, unverdünnte Molke vormittags direkt aus der Käserei der Gmünders nach draussen in eine grosse hölzerne Badewanne. Zu Fuss ist die Alpkäserei in einer Stunde auf gut ausgebautem Weg ab Wasserauen/AI erreichbar.
(Ruth Marending)