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So halten sie gute Mitarbeiter im Betrieb

Gute Mitarbeiter sind rar. Besonders in der Welt der Hotellerie und Gastronomie. Wie findet man sie? Wie hält man sie? Fünf Persönlichkeiten aus der Branche erzählen aus ganz unterschiedlichen Blickwinkeln.

Gastgeber Christian Gujan (Restaurant Mesa Zürich), Felix Suhner (Inhaber des Hotels Seerose Resort & Spa), Daniel Müller (Geschäftsleiter Gastronomie Bindella SA), Simone von Waldburg (Marketingleiterin Bindella SA) und Hans Kopka (Serviceangestellter Hotel Seerose Resort & Spa). (Bilder Filipa Peixeiro, ZVG)

«Mein Name ist Christian Gujan, ich bin Gastgeber im Restaurant Mesa in Zürich und liebe meinen Job.» Mit diesen Worten schliesst ein Dokumentarfilm auf Facebook über die Arbeit des 38-Jährigen. Eine Arbeit, die auch sein Hobby ist. Für die er bereit ist, alles zu geben. «Es dreht sich in meinem Leben alles um die Gastronomie.» Im Film sagt er, dass der Gast beim Eintreten ins Lokal das Gefühl von Herzlichkeit und Wärme erhalten muss. Der Restaurantbesuch soll sich wie ein Besuch bei Freunden anfühlen. Ein guter Gastgeber begleite seinen Gast während des ganzen Aufenthaltes, sei für ihn da.

«So sollte er sein, der perfekte Mitarbeiter», mag jetzt wohl dem einen oder anderen durch den Kopf gehen. Doch wie wird man dazu? «Ich erinnere mich oft an meine Anfänge zurück», so Christian Gujan. Er erwarte von seinen meist jungen Mitarbeitern Ähnliches, wie von ihm in derselben Situation erwartet wurde: Offenheit, grosses Interesse und Wille.

«Ich hatte grosses Glück und gute Ausbildner.» Im Alter von 20 Jahren absolvierte der Bündner in Hubli’s Landhaus in Davos die Ausbildung zum Servicefachangestellten. Bereits in der Ausbildung sei ihm vom kleinen Team im Sternelokal viel Verantwortung übertragen worden. «Das hat mir gefallen. Schon nach der Lehre wusste ich, dass ich nur noch in Lokalen, die mit mindestens 17 Gault-Millau-Punkten oder einem Michelin-Stern ausgezeichnet sind, arbeiten will. Ich hatte immer das Gefühl, dort komme ich weiter.»

Während seiner ersten Festanstellung im Restaurant Pinte in Dättwil hatte er «sehr menschliche Persönlichkeiten mit Vorbildfunktion als Chefs. Sie führten mit einer gewissen Härte, waren aber stets lösungsorientiert.» Im Ratshauskeller Zug wurde Christian Gujan von Stefan Meier und Hubert Erni gefördert und gefordert, aber auch belohnt. «Sie waren sehr grosszügig, verhielten sich wie Väter zu mir.» Im Zürcher «Rigiblick» leitete er unter den Fittichen von Felix und Lucia Episser, nur drei Jahre, nachdem er seine Ausbildung abgeschlossen hatte, das Restaurant Spice. «Mir wurde grosses Vertrauen geschenkt, das ich nicht enttäuschen wollte.» Insgesamt arbeitete er sechs Jahre im «Rigiblick».

Auch Christian Gujan versucht, seine Leute zu motivieren und zu pushen und den Alltag abwechslungsreich zu gestalten, sei es durch interne Schulungen, wechselnde Arbeitszeiten oder Ausflüge zu Produzenten. «Eine gute Stimmung im Team ist sehr wichtig. Oft trinken wir gemeinsam nach der Arbeit ein Glas Wein oder gehen auch einmal zusammen in den Ausgang», sagt Christian Gujan. Er geht auf seine Mitarbeiter ein und sei 24 Stunden am Tag für sie da. Diese Nähe sei für ihn wichtig, obwohl er wisse, dass sie eine gewisse Gratwanderung darstelle. Doch: «Ich hatte das immer so und will das auch so.»

Der Gastgeber führe seine Mitarbeiter mit Zuckerbrot und Peitsche, wie er sagt. «Ich kann nach Fehlern schon mal den Tarif durchgeben, bin aber nicht nachtragend.» Dies erkläre er seinen Angestellten gleich zu Beginn des Arbeitsverhältnisses. Oft findet er über sein breites Netzwerk in der Zürcher Gastronomieszene oder über Veröffentlichung des Stellenausschriebs auf der Facebook-Seite vom «Mesa» neue Mitarbeiter.

Gute Work-Life-Balance wichtig für zufriedene Mitarbeiter

Überhaupt seien das Erklären, Schulen, Miteinbeziehen, Danken und Loben wichtige Eckpfeiler seines Führungsstils. «Man muss seinen Mitarbeitern etwas zurückgeben, ihnen beispielsweise spontan einen Abend freigeben.» Eine ausgewogene Work-Life-Balance trage wesentlich zu zufriedenen und deshalb treuen Mitarbeitern bei. Zudem setzt Christian Gujan zu Beginn jedes Jahres klare Umsatz- und Bewertungsziele. «Motivation ist ansteckend. Ich will als klares Vorbild vorangehen.» Trotzdem sollen die Mitarbeiter zu einem grossen Teil sie selbst sein können und ihre persönliche Kreativität in die Arbeit einfliessen lassen.

Flache Hierarchien sind beliebt

Felix Suhner, Hotelier des Jahres 2016, Unternehmer und Inhaber der fünf Balance-Hotels, will ein Vorbild für seine rund 400 Mitarbeiter sein: «Chefs dürfen sich für nichts zu schade sein, müssen ihr Team unterstützen und an der Front präsent sein.» Abgehobene Vorgesetzte seien kein Thema in den Balance-Betrieben: «Bei uns herrschen flache Hierarchien. Der Umgang im Betrieb soll wertschätzend sein, ehrlich und offen.» Es sei wichtig, die Mitarbeiter wahrzunehmen, einen guten Kontakt zu ihnen zu haben. Sei es in regelmässigen Team Meetings, an Ausflügen oder gemeinsamen Feiern. Felix Suhner weiss, wovon er spricht: Er leitete über 21 Jahre das Seerose Resort & Spa und erarbeitet nun gemeinsam mit seinen Geschäftsleitern einen roten Faden durch die doch recht unterschiedlichen Betriebe. «Verantwortung zu übertragen, ist ein Bestandteil unserer Führungskultur.»

Langfristige Zielsetzungen erachtet der Unternehmer jedoch als wichtigsten Punkt, um gute Mitarbeiter zu erhalten und zu halten: «Einerseits sollen die Balance-Betriebe das herausragende, familiengeführte Hotelunternehmen der Schweiz werden, andererseits wollen wir der attraktivste Arbeitgeber in der Schweizer Hotellerie sein.» Dafür scheut der Betrieb keinen Aufwand: «Wir bilden in allen Betrieben Lernende aus. Das sind aktuell 40 Personen, also rund zehn Prozent aller Mitarbeitenden», erläutert Felix Suhner. Dies mit der Hoffnung, dass die Lernenden nach Abschluss ihrer Ausbildung im Betrieb bleiben oder nach ihren Wanderjahren zurückkehren. «Das kommt vor, es könnten jedoch mehr sein», so das ehrliche Feedback. Rund zehn Prozent der Angestellten in Führungspositionen haben bei den Balance-Betrieben als Lernende begonnen. Manuela Keusch ist eine von ihnen: Nach Abschluss der Lehre zur Hotelfachangestellten hat sie sich zur Réceptionistin hochgearbeitet und ist heute stellvertretende Empfangsleiterin.

Gute Mitarbeiter mit Ehrgeiz und den entsprechenden Fähigkeiten werden gefördert: «Wir bieten Aufstiegsmöglichkeiten sowie interne und externe Weiterbildungen an. Die Zielgrösse, dass über 50 Prozent aller Mitarbeiter im Führungsteam aus intern aufgebauten Leuten besteht, haben wir erreicht», sagt Felix Suhner nicht ohne Stolz. In den Qualifikationsgesprächen zeigen die Bereichsleiter in Zusammenarbeit mit den Personalverantwortlichen den Mitarbeitern Möglichkeiten zur Weiterentwicklung auf. Externe Ausbildungen werden vom Betrieb finanziert, wenn der Mitarbeiter sich verpflichtet, noch eine bestimmte Weile zu bleiben. Mit den Führungsteams werden zudem Jahres-Zielvereinbarungen festgelegt. Um diese stets vor Augen zu haben, schreiben die Mitarbeitenden monatlich Berichte.

Die Bemühungen der Balance- Hotels haben sich gelohnt: «Wir werden heute als attraktiver Arbeitgeber angeschaut und befinden uns in einer guten Position bei der Rekrutierung», sagt Felix Suhner. Es lohne sich, in die Mitarbeiter zu investieren. Das spreche sich herum und komme zurück.

Familiäre Atmosphäre wird sehr geschätzt

Der dienstälteste Mitarbeiter bei der Bindella Terra Vite Vita SA heisst Edi Arnold. Der Mechaniker arbeitet seit 1969 im Fuhrpark des Unternehmens mit rund 1250 Mitarbeitern. Auch Kirupa Saravanan, ein tamilischer Flüchtling, ist seit 31 Jahren für die «Famiglia» tätig. Er arbeitete sich in der Pizzeria Santa Lucia im Zürcher Niederdorf von der Hilfskraft über Pizzaiolo bis zum Servicefachangestellten hoch. «Unsere Mitarbeiter tamilischer Herkunft sind sehr treu», weiss Daniel Müller, Geschäftsleiter Gastronomie. Diese sind am drittstärksten vertreten in den 41 Bindella-Restaurants. Die meisten Mitarbeitenden sind Schweizer, Italiener folgen an zweiter Stelle.

Doch nicht nur diese: An der letzten Jubilarenfeier hatte ein Mitarbeiter sein 30-Jahr-Jubiläum, elf ihr 20-Jähriges und 24 ihr 10-Jähriges. Über 20 Prozent aller Restaurant-Mitarbeiter arbeiten schon über zehn Jahre für den Zürcher Familienbetrieb. Mit einer durchschnittlichen Verweildauer von viereinhalb Jahren pro Mitarbeiter wird in den Gastronomiebetrieben der Bindella- Gruppe überdurchschnittlich lange gearbeitet.

«Das ist ein guter Wert in der Gastronomie», weiss Daniel Müller. Er führt die Treue seiner Mitarbeiter auf verschiedene Faktoren zurück. «Als Erstes steht der Mensch bei uns im Zentrum. Werte wie Vertrauen, Menschlichkeit, Verlässlichkeit und Respekt sind uns sehr wichtig. Der emotionale Cash-flow ist wichtiger als der monetäre», sagt er und fügt an, dass die Gäste es spüren, wenn die Mitarbeiter glücklich sind und sie deshalb gerne wiederkommen.

Damit die Bindella-Mitarbeiter glücklich oder zumindest zufrieden sind, werden sie wertgeschätzt und gefördert. Wertschätzung erhalten sie zum Beispiel durch Publizität in der regelmässig erscheinenden Mitarbeiterzeitschrift, in der jeweils eine spannende Person aus dem Betrieb porträtiert wird. Die Küchenchefs – gemäss Daniel Müller die wichtigsten Mitarbeiter – werden ab dem zehnten Jubiläum mit Privilegien wie Einladungen an Essen, einer bestickten Kochjacke und Prestige wie die Möglichkeit, ihr Wissen an internen Kursen weiterzugeben, für ihre Treue belohnt. Die Grösse des Betriebs verhilft Bindella, an gute Küchenchefs zu kommen: «Wir können günstig qualitativ hochstehende Lebensmittel einkaufen. Das ist attraktiv für gute Küchenchefs.» Zudem gewährt ihnen die Firma möglichst grossen Freiraum im Ausüben ihrer Kochkunst.

Viele kommen wieder in den Betrieb zurück

Doch nicht nur für Küchenchefs ist die Bindella SA ein interessanter Arbeitgeber: Mitarbeiter, die den geforderten Ansprüchen entsprechen, haben die Möglichkeit, gratis an diversen internen und externen Weiterbildungen teilzunehmen. Das spreche sich herum. Inzwischen heuern viele Mitarbeiter auch deshalb bei «Bindella» an. Jährlich werden zudem die zehn Geeignetsten herausgepickt, um sie zu künftigen Geschäftsleitern auszubilden.

Rund die Hälfte des Kaders besteht inzwischen aus «Internen». «Gute Leute sind rar, ihnen muss man etwas bieten», so Daniel Müller. Dazu zählt auch, dass sie zu jedem zehnten Dienstjubiläum einen Monatslohn zusätzlich erhalten und regelmässig zu Ausflügen eingeladen werden. Sollte trotzdem ein Geschäftsführer das Unternehmen verlassen, verabschieden sich Daniel Müller und Rudi Bindella mit einem Nachtessen von ihm. Denn: «Viele kommen zurück», weiss Daniel Müller. Auch er arbeitet inzwischen seit 18 Jahren bei der Bindella SA.

(Sarah Sidler)


Hans Kopka, seit 22 Jahren im Hotel Seerose Resort & Spa

«Spezielle Arbeitszeitmodelle sind mir wichtig»

 

HGZ: Herr Kopka, wieso arbeiten Sie immer noch im Hotel Seerose in Meisterschwanden?

Hans Kopka: Felix Suhner verkörpert für mich den perfekten Hotelier. Ich habe nach einer über 22-jährigen Zusammenarbeit einen speziellen Draht zu ihm. Ich finde es eindrücklich, wie er während all dieser Zeit stets am Ball blieb. Zudem konnte ich in verschiedenen Positionen arbeiten; erst als Chef de service, dann übernahm ich die Leitung der Bankett- und Seminarabteilung. Diese habe ich im vergangenen Jahr nach der zweiten Hüftoperation abgegeben und arbeite heute als Servicefachangestellter im Restaurant Cocoon sowie an der Bar.

Was gefällt Ihnen denn so an Ihrem Arbeitgeber?

Zum einen erachte ich es als nicht selbstverständlich, dass ich im Alter von 54 Jahren weiter im Betrieb zu einem fairen Lohn arbeiten darf. Zudem entwickeln sich die fünf Balance-Hotels immer weiter. Dann sind unsere Arbeitgeber sehr grosszügig was Weiterbildung, Konsumation und spezielle Angebote wie Vergünstigungen angeht. Die Kommunikation stimmt: Alle Mitarbeiter sind von Beginn an auf dem aktuellen Stand der Dinge und dürfen Verbesserungsvorschläge einbringen. Unser Arbeitgeber hat immer ein offenes Ohr.

Was ist Ihnen in einem Betrieb wichtig?

Die Möglichkeit, andere Arbeitszeitmodelle auszuprobieren. Ich verbringe zum Beispiel die Monate Januar und Februar immer in Thailand. Eine unkomplizierte Zusammenarbeit auf allen Ebenen. Ein familiäres, wertschätzendes Verhältnis unter den Mitarbeitenden. Positives Feedback intern und von Gästen. Das motiviert in strengen Zeiten. Eine gute finanzielle Entlöhnung ist zwar toll, aber nicht das Wichtigste. 


Simone von Waldburg, seit 15 Jahren bei «Bindella»

«Wir fühlen uns wohl als Teil dieser grossen Familie»

 

HGZ: Simone von Waldburg, was erwarten Sie von einem guten Arbeitgeber?

Simone Von Waldburg: Das Menschliche muss stimmen. Ich muss nicht nur vom Chef respektiert und geschätzt werden. Wichtig ist für mich auch, dass das Team zusammenspielt, ein Zusammengehörigkeitsgefühl entsteht. Zudem sollte mein Chef als Respektsperson gute Sachkenntnisse haben. Wenn er mitanpackt, kann ich ihn mehr respektieren.

Was motiviert Sie?

Die Arbeit selbst (lacht) und wenn meine Arbeit geschätzt wird. Diese Wertschätzung muss nicht unbedingt monetärer Natur sein, auch ein Lob, eine Kleinigkeit wie ein Pizzagutschein oder eine Flasche Wein bereiten Freude. Gerechtfertigte und konstruktive Kritik bringen mich weiter. Und Weiterbildungsmöglichkeiten.

Warum arbeiten viele Mitarbeiter lange für «Bindella»?

Bei mir machte die Abwechslung viel aus. Ich durfte viele Positionen erleben und arbeitete schon in diversen Betrieben. Das ist ein Punkt, den viele Mitarbeitende schätzen: Den Wechsel und die Aufstiegsmöglichkeiten in den verschiedenen Betrieben. Dann fühlen wir uns wohl in der «Famiglia». Es ist schwierig, das Gefühl in Worte zu fassen, aber hier hat man das Gefühl, man gehört dazu. Rudi Bindella kennt die meisten Mitarbeiter mit Namen. Er begrüsst alle, auch die Köche. Das ist eine Art Wertschätzung und vermittelt ein Zugehörigkeitsgefühl.

Simone von Waldburg begann 2002 nach Abschluss der Matura als Servicemitarbeiterin im zur Bindella-Gruppe gehörenden Ristorante Pulcino, absolvierte die Hotelfachschule Belvoirpark, arbeitete als Chef de service im «Terrasse», wurde von ihrem Abstecher ins Hotel Hyatt zu Bindella zurückgeholt, arbeitete als Assistentin der Geschäftsleitung Gastronomie und leitet jetzt das Marketing Gastronomie.