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Urbanität ist nicht gefragt

Seit Beginn der Corona-Pandemie sind die Logiernächte in der hiesigen Hotellerie massiv eingebrochen. Spezialangebote und kreative Ideen können helfen, aber ohne den Staat geht es nicht. 

  • Das Vier-Sterne-Hotel Schweizerhof in Zürich hat die Zeit genutzt, um das Hybridkonzept «Hotel im Hotel» auszuarbeiten. In den beiden Dufour-Suiten erhalten Gäste die Möglichkeit, mittels eines Upgrades die Vorzüge eines Fünf-Sterne-Service zu geniessen. Die Suiten widerspiegeln «the summit of luxury» und nehmen Bezug zum höchsten Gipfel der Schweiz, der Dufourspitze. (ZVG)

Stornierte Flüge, Risikoländer, geschlossene Grenzen: Schweizerinnen und Schweizer haben ihre Ferien diesen Sommer mehrheitlich in der Schweiz verbracht. Dennoch ist ihre Reisefreudigkeit für viele Hotels nur ein Tropfen auf den heissen Stein. Besonders hart trifft es die Stadthotellerie. Diese leidet nach wie vor unter dem Wegbruch von Geschäfts- und Kongressreisenden.  Erschwerend kommt die Tatsache hinzu, dass der Besuch von Schweizer Städten für einheimische Touristen in der Regel keiner Übernachtung bedarf. Das gilt auch für kleinere Städte, wie das Beispiel Zug zeigt. 

Stefan Gareis, Präsident von Hotelleriesuisse Zugerland und Direktor der beiden Hotels Parkhotel Zug und City Garden Hotel,  erläutert: «Die Zuger Hotellerie lebt seit Jahrzehnten zum grössten Teil vom internationalen Businesssegment. Auch in Zukunft bleiben die Businessgäste ein sehr wichtiges Segment, da diese sicher zurückkommen werden. Wenn auch allenfalls in abgeschwächter Form.» Bis dahin laute die Devise: Die Kosten so gering wie möglich zu halten, die staatlichen Hilfen bei Bedarf anzunehmen und kreativ zu sein, um möglichst viele Gästesegmente anzusprechen. Stefan Gareis sagt: «Die Zuger Hoteliers haben sehr attraktive Ferienangebote erstellt.» 


«Inländische Gäste können jene aus dem Ausland nur in sehr kleinem Masse ersetzen.» 



Als Beispiel nennt er das Familienpackage: «Wenn die Eltern ein Zimmer inklusive Halbpension buchen, übernachten Kinder bis 14 Jahre im eigenen Zimmer gratis und geniessen darüber hinaus Vollpension.» Damit Zug künftig bei Krisen besser aufgestellt ist, arbeitet Hotelleriesuisse Zugerland derzeit gemeinsam mit Zug Tourismus an der Entwicklung  eines zweiten Standbeins. «Dieses wird künftig neben dem Kerngeschäft (nationale und internationale Businessgäste)  der Individualtourist sein», sagt Stefan Gareis. 

Fokus auf virtuellen Meetings

Dass Diversifikation für die Hotellerie künftig noch stärker an Bedeutung gewinnt, bestätigt auch Martin von Moos, Präsident Zürcher Hoteliers. «Es zeigt sich, dass diversifizierte Betriebe krisenresistenter sind. Einige Destinationen und Hotels werden ihre Zielmärkte überdenken müssen, um ein Klumpenrisiko zu vermeiden.» Eben diesem ist Mitte August mit dem «X-tra» das erste Hotel in Zürich erlegen. Dessen Hauptzielgruppe waren Reisende aus Asien.

Geöffnet bleibt hingegen das «Park Hyatt» in Zürich. Und das, obschon die Hyatt-Gruppe laut Medienmitteilung im zweiten Quartal einen Verlust von 236 Millionen US-Dollar verzeichnet hat. Das entspricht im Vergleich zum Vorjahresquartal einem Rückgang von 376 Prozent.

Dass die Hotelgruppe trotz Einbussen noch genug finanziellen Spielraum besitzt, zeigt sich beispielsweise am Flughafen Zürich. Hier soll im November 2020 das Hyatt Regency Zurich Airport The Circle samt Convention Center eröffnet werden. Um der starken Nachfrage nach hybriden Veranstaltungen gerecht zu werden, hat die Hyatt-Gruppe zudem ein neues Angebot ins Leben gerufen: Hybrid Meetings. Peter Fulton, Europa-Chef von Hyatt, sagt: «Das Konzept bietet eine flexible Gestaltung von Meetings mit umfassenden Hygienemassnahmen und nahtloser Technologie, bei der Teilnehmer in allen Hyatt-Hotels an verschiedenen Orten mit modernster digitaler Konferenztechnologie miteinander verbunden werden. So, dass es sich anfühlt, als wären alle im selben Raum.»

Lösung für Mice-Events nötig

Laut einer Studie der Beratungsfirma MRP Hotels, die im Juli 2020 herausgegeben wurde und mögliche Zukunftsszenarien der Stadthotellerie aufzeigt, müssen Hotels selbst bei hybriden Tagungen und Kongressen mit deutlich weniger Besuchern rechnen. 

Martin von Moos, Präsident Zürcher Hoteliers, wünscht sich in diesem Bereich Engagement von der Politik: «Für die Städte brauchen wir einen Masterplan, wie wir das Mice-Geschäft (siehe Box) und die Grossveranstaltungen wieder durchführen können. Es wäre fatal, wenn der aktuelle Zustand noch Monate anhielte.» 


«Bei den Hoteliers besteht eine grosse Unsicherheit darüber, wie man die zweite Hälfte des Jahres übersteht.»



Immerhin: Grossveranstaltungen mit mehr als tausend Personen sind ab Oktober unter Einhaltung strenger Schutzmassnahmen und nach erfolgter Bewilligung durch den Kanton wieder erlaubt. Das dürfte auch den Betrieben in der  Romandie helfen. Absagen von Grossveranstaltungen wie beispielsweise dem Autosalon Genf verschärften hier die ohnehin schon schwierige Situation für die Stadthotellerie. 

Mit dem Luxushotel Le Richemond musste bereits eine bekannte Grösse die Tore auf unbestimmte Zeit schliessen. Thierry Lavalley, Präsident der Genfer Hotellerie, deutete gegenüber unserer Zeitung bereits Anfang Juni an, dass die Krise in Genf zu überproportional vielen Konkursen führen dürfte: «Wie eine Studie der Hochschule für Wirtschaft Wallis zeigt, wird die Zahl der Konkurse in der Schweiz bis Ende 2021 bei 26 Prozent liegen, während diese Zahl in Genf auf 38 Prozent ansteigt.»

Ausländische Touristen fehlen

Mit Angeboten wie der Geneva Gift Card versucht Genf Tourismus dieser Entwicklung entgegenzuwirken. Ab zwei Übernachtungen erhalten Reisende einen Gutschein im Wert von 100 Franken. Dieser kann bis Ende 2021 
bei verschiedenen Betrieben,  bei Weinbauern und touristischen Dienstleistern eingelöst werden. Ein tolles Angebot, nur wird auch dieses das Wegbleiben der Geschäftstouristen aus dem Ausland nicht wettmachen können.  

Gemäss Alain Becker, Direktor des Westschweizer Hotelierverbands (ARH), ist die Situation sehr schwierig, «um nicht zu sagen dramatisch». Natürlich sei es toll zu sehen, dass viele Hoteliers nach kreativen Lösungen suchen. 


«Kennen Sie eine Familie, die 15 Tage Ferien mitten in Lausanne oder Genf verbringen möchte? Ich nicht.» 



Doch zur Lösung des Problems bedürfe es der Hilfe der Politik. «Die Hotels haben ihre Reserven aufgebraucht und konnten in den letzten Monaten nur dank Kurzarbeit   überleben», sagt Becker. Ausgerechnet bei der Beantragung zur Kurzarbeit gelten seit Anfang September neue Bedingungen. Für Temporärangestellte etwa gibt es keine Kurzarbeitsentschädigung mehr. Entlassungen sind damit vorprogrammiert.

(Désirée Klarer)



Mice-Geschäft


Die Abkürzung Mice steht für die englischen Begriffe Meetings Incentives Conventions und Exhibitions. Das Mice-Geschäft bezeichnet damit jenen Teil des geschäftlichen Tourismus, der zum Beispiel die Organisation und Durchführung von Tagungen, Anreiz- und Motivationsveranstaltungen oder Kongressen umfasst. 



Blick über die Grenze und in die Zukunft


Deutschland
Laut einer Umfrage des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (Dehoga) geben 62,1 Prozent der Betriebe an, dass die bisher von Bund und Ländern angebotenen Liquiditätshilfen und Kreditprogramme nicht ausreichen, um die Krise zu bewältigen. Eines der wichtigsten Mittel, um die Krise zu überstehen, ist auch hier die Kurzarbeit. 


In Wien ist jedes zweite Hotel geschlossen. 

Paris
Vor 2022 wird die Hotellerie in Frankreich laut Prognosen nicht zur Normalität zurückkehren. Aktuell liegt die Auslastung im Schnitt bei 60 Prozent, in Paris liegt sie bei 40 Prozent, berichtet das Medienhaus Franceinfo. 

Grosskongresse finden vermehrt in hybriden Formaten statt (virtuell/real) und mit deutlich weniger Besuchern. 

Rom
In der italienischen Hauptstadt ist laut Hotelverband nur jedes sechste Hotel geöffnet, berichtet die NZZ.
 
Laut Studie der Beratungsfirma MRP Hotels ist die Hotellerie der Zukunft grüner und smarter.
 



Informationen


www.myswitzerland.com