Die Innocuisine-Tagung «Cook & Food 2042» warf einen Blick in die Zukunft der Gastronomie und Hotellerie.
Wenn die Stiftung Innocuisine einlädt, kann man davon ausgehen, dass es avantgardistisch wird. «Unser Ziel ist, die Verschmelzung von Kochkunst und Wissenschaft zu fördern», sagte Max Züst, Präsident des Strategierates, bei der Begrüssung der Gäste im Neuro Campus Hotel Das Morgen in Vitznau/LU. Referenten aus unterschiedlichen Bereichen waren angereist, um ihre Visionen über die Ernährung der Zukunft zu präsentieren.
Den Anfang machte André Bernard, CEO des Deeptech-Start-ups Matriq und Strategierat von Innocuisine. Er zeigte auf, wie das Jahr 2042 aussehen könnte: 9,4 Milliarden Menschen weltweit, die 50 Gigatonnen CO₂ ausstossen (heute sind es 41,6). «Zudem werden die schon heute beunruhigend hohen Zahlen von Diabetes- und Adipositas-Erkrankungen weiter ansteigen», so Bernard. Die Zahlen zeigen: Es muss sich etwas verändern – sowohl dem Planeten wie auch unserer Gesundheit zuliebe.
Wie unsere Ernährung in rund zwanzig Jahren tatsächlich aussehen wird, weiss niemand. Aber es zeichnen sich Entwicklungen ab, welche die Richtung vorgeben. So könnten uns künftig etwa digitale Helfer wie VR-Brillen Informationen über die Nährwerte eines Tellers geben. Oder Sensoren wie Smartwatches geben uns Tipps für eine optimale Ernährung. «Und vielleicht kommt es ja so, wie es manche Science-Fiction-Filme voraussagen: eine Pille beinhaltet alles, was wir für eine optimale Ernährung brauchen», so Bernard.
Nach dieser Einführung zeigten Vertreter mehrerer Unternehmen, wie sie zum Teller der Zukunft beitragen wollen. So stellt beispielsweise die Firma Catchfree aus Zürich pflanzliche Alternativen zu Fisch und Meeresfrüchten her. «Diese gehören zu den am wenigsten nachhaltigen Lebensmitteln: 90 Prozent der Meere sind überfischt, Fischereifahrzeuge produzieren Unmengen an CO₂-Emissionen, und 70 Prozent der Fische und Meeresfrüchte aus Aquakulturen weisen Antibiotikarückstände auf», erklärte Co-Gründer Eduard Müller. Mit den Catchfree-Produkten aus Soja und Reis würden 90 Prozent der CO₂-Emissionen eingespart.
Journalistin und «Leaf to Root»-Expertin Esther Kern stellte ihr Projekt Veg-Alp vor. Im Auftrag von Graubünden Viva bespielt sie mit Spitzenkoch Jann M. Hoffmann eine Bündner Alp rein vegetarisch. So sind beispielsweise eine Bündner Sojasauce aus Gerste sowie ein Randensteak als natürliche und einfache Fleisch-Alternativen für Restaurants entstanden. Weitere Produkte sind in der Pipeline.
Luya Foods, ein Spinoff der Berner Fachhochschule, stellt mithilfe von Fermentation aus dem Tofu-Nebenprodukt Okara sowie Kichererbsen eine pflanzliche und natürliche Bio-Proteinquelle her, die in der Küche vielfältig ein-gesetzt werden kann – zum Beispiel mariniert als Spiess, paniert als knuspriges Schnitzel oder als Suppeneinlage.
Stefan Bischof vom Café-Restaurant G’nuss in St. Gallen zeigte auf, wie Pâtisserie ohne Zucker funktionieren kann. Er arbeitet bei seinen Kreationen unter anderem mit Inulin und Oligofruktose, welche weniger süss sind als Zucker und den Blutzuckerspiegel weniger stark ansteigen lassen. Bischof ist überzeugt: «Weniger Süsses zu mögen, ist reine Gewohnheitssache.» Anschliessend schlug Nicolas Ting von Nahrungsergänzungsmittelentwickler Avea die Brücke zu einem Thema, das derzeit in aller Munde ist: die Longevity, also die Langlebigkeit. Wobei es seinem Unternehmen weniger um ein möglichst langes, sondern um ein möglichst gesundes Leben gehe. 12 bis 14 Jahre könne man mit einem gesunden Lebensstil rausholen – etwas, was gemäss Ting auch der Gastronomie am Herzen liegen sollte. Für experimentierfreudige Betriebe mit passendem Konzept kann er sich die Integration von Nahrungsergänzungsmitteln ins Angebot vorstellen: «Wieso nicht einmal einen Mocktail oder eine Sauce mit Kollagen servieren?»
Wie die Ernährung der Zukunft aussehen könnte, zeigte auch der Veranstaltungsort «Das Morgen» auf. Dort setzt man auf die personalisierte Ernährung. So können sich Gäste beispielsweise ihr Pastagericht ganz nach den eigenen Vorlieben selbst am Tisch zusammenstellen. Im Forschungszentrum arbeitet man aber an noch ganz anderen Visionen: Ziel ist, den Gästen dank eines Gentests dereinst genau die Speisen zuzubereiten, welche ihrer Gesundheit am zuträglichsten sind.
Was heute noch nach Zukunftsmusik klingt, könnte früher als gedacht Realität sein. Max Züst zeigte sich am Ende der Tagung überzeugt: «Die Entwicklung bleibt nicht stehen. Es braucht heute ein Quäntchen mehr, um erfolgreich zu sein – dafür brauchen wir mehr innovative Avantgardistinnen und Avantgardisten in unserer Branche.»
(Angela Hüppi)
Die Stiftung Innocuisine hat zum Ziel, das Verstehen und Anwenden von Wissenschaft und Innovation in der Küche zu fördern. Der Weiterbildungslehrgang «Avantgardistische Küche 2025» findet von März bis November 2025 an insgesamt zehn Tagen an verschiedenen Durchführungsorten in der ganzen Schweiz statt. Weitere Informationen gibt es auf der Website innocuisine.ch.