Seitdem Markus Lindner das Zepter des Davoser Cercles übernommen hat, macht dieser wieder von sich reden.
Markus Lindner, Davos stand lange für seine International Chef Days. Dann wurde es still um den Anlass und um seinen Cercle. Warum?
Ich war damals Anfang der 2000er-Jahre noch nicht dabei, aber nach meinen Informationen ging die Nachfrage nach diesem Event von Jahr zu Jahr zurück. Es gehören viel Engagement und Zeit dazu, solch eine Grossveranstaltung zu organisieren. Trotz allem, wenn man sich umhört und mit der älteren Kochzünftlergeneration über den Anlass redet, sehe ich immer noch glänzende Augen.
Wird es unter Ihnen zukünftig eine Neuauflage der International Chef Days geben?
Vielleicht. Mich persönlich würde es jedenfalls freuen, Hunderte von Köchen, Jungköchen und Lernenden wieder bei uns in Davos begrüssen zu dürfen.
Sie sind seit November 2023 Präsident des Davoser Cercles. Was hat Sie bewogen, das Amt zu übernehmen?
Davos kenne ich nun schon seit mehr als acht Jahren, und ich fühle mich als gebürtiger Bayer sehr wohl hier. Dieser Ort hat etwas Besonderes. Da ich von Natur aus ein Macher-Typ bin, habe ich vor einem Jahr zugestimmt, die Aufgabe des Präsidenten zu übernehmen. Davos hat mehr zu bieten als «nur» das World Economic Forum WEF. Kulinarisch sind wir gut aufgestellt, das möchte ich zusammen mit meinen Kolleginnen und Kollegen auch zeigen. Nicht umsonst gab es durch viel Fleiss für drei Mitgliederbetriebe Auszeichnungen im «Gault-Millau».
Was waren die Cercle-Höhepunkte in diesem Jahr?
Für mich war das eigentlich jeder Anlass. Mindestens einmal im Monat organisieren wir eine Aktivität. Einmal geht es in Sachen Wein und Tischkultur zu einem unserer Winzer in der Region, ein anderes Mal zu Produzenten von Fleisch-, Gemüse- oder Molkereiprodukten. Der gesellschaftliche Teil soll natürlich auch nicht vergessen werden, und da gibt es mal einen Fondue-Abend oder auch mal einen «Chlaushöck», bei dem wir über Gott und die Welt reden. Mit dabei waren wir auch in diesem Jahr beim grossen Davoser Promenadenfest anlässlich des 500-jährigen Bestehens der drei Bünde. Passend zum Thema kochten wir unter anderem Rindsvoressen mit Biorollgerste auf offenem Feuer im Kupferkessel.
Sie schickten dieses Jahr eine Lernenden-Mannschaft an den Gastro-Elite-Wettbewerb nach St. Gallen. Liegen Ihnen die Jungen besonders am Herzen?
Ja und wie! Unsere Mannschaft «Gourmet Böck», die von Cercle-Vizepräsident Manuel Zünd gecoacht wurde, holte Silber.
Sind Sie 2025 wieder dabei?
Ja, die Vorbereitungen für den nächsten Wettbewerb sind bereits in vollem Gange. Die Förderung der Jungen ist enorm wichtig, denn ohne sie wird es schwierig, in Zukunft noch Fachkräfte zu finden. Wir haben im vergangenen Jahr einen «Nachwuchspreis-Fonds» eingerichtet. Damit stellt der Davoser Cercle finanzielle Mittel zur Vergabe eines Preises zur Verfügung. Dieser ehrt Ausbildner, Lehrbetriebe und angehende Berufsleute, die zur Förderung des Berufsstandes beitragen.
Wie viele Mitglieder hat der Davoser Cercle heute?
Momentan sind es 65 Mitglieder.
Dürfen eigentlich nur Küchenchefs mitmachen?
Bei uns ist jeder herzlich willkommen, ob Küchenchef, Sous-chef, Chef de partie oder Lernender .
Wie sprechen Sie potenzielle Neumitglieder an?
Nach dem bekannten Slogan «Tue Gutes und rede darüber». Wir reden mit Köchinnen und Köchen über Kulinarik, gemeinsame Stärken, über Möglichkeiten, auch ausserhalb des Landes erfolgreich zu sein. Und wir reden über unsere Aufgabe, der Gesellschaft Esskultur zu vermitteln.
2025 steht vor der Tür. Was hat der Davoser Cercle im kommenden Jahr vor?
Wir planen derzeit unsere Generalversammlung, bei der wir ein «Meet and Greet» mit unseren Sponsoren planen. Eingeladen sind übrigens auch Vertreter anderer Schweizer Cercles. Und dann wollen wir einen eigenen Lernenden-Wettbewerb auf die Beine stellen. Mehr möchte ich aber noch nicht verraten.
Wie sehen Ihre ganz persönlichen Wünsche für 2025 aus?
Ich wünsche mir, dass die Gesellschaft das Essen wieder mehr zu schätzen weiss, dass die Familie einmal am Tag am Esstisch zusammenkommt und ein frisch zubereitetes Gericht geniesst. Viele haben das in dieser hektischen Welt verlernt.
(Jörg Ruppelt)
Markus Lindner erlernte das Kochhandwerk im Hotel Öschberghof in Donaueschingen (DE). Nach verschiedenen nationalen und internationalen Stationen (darunter bei Alfons Schubeck) war er acht Jahre lang selbständiger Event- und Mietkoch sowie Gastronomie- und Fachberater. Seit 2022 ist er Executive Chef im Congress Center Davos.