Grenzen im Hotelgewerbe verschwimmen zunehmend

Wann ist ein Hotel ein Hotel? Diese einfache Frage ist gar nicht mehr so einfach zu beantworten. Dies, weil neue Anbieter, Übernachtungsformen und Vermarktungswege die Grenzen der klassischen Hotellerie aufweichen und verschwimmen lassen. Zeit, diese wieder etwas zu schärfen. 

Diesen Sommer können Familien im Kinderzoo in Rapperswil/SG in einem Pop-up-Hotelzimmer übernachten. Vermarktet wird die «Giraffen Lodge» über die Website swissfamilyhotels.ch. Ist der Kinderzoo wegen des einen Familienzimmers nun ein Hotel? Oder muss ein Hotel eine bestimmte Anzahl Zimmer haben?

Wie steht es mit den Serviced Apartments, den Wohnungen, in denen Hotelservice geboten wird? Sind das auch Hotels? Andererseits: Darf sich eine Unterkunft, wo der Gast sich selbst ein- und auscheckt, noch Hotel nennen? Und braucht es überhaupt eine Trennung zwischen den verschiedenen Übernachtungsformen?

Ja, die braucht es. Denn es ist in verschiedener Hinsicht von grosser Bedeutung, ob ein Gästebett in einem Hotel, einer Ferienwohnung oder sonst wo steht. Dies etwa, wenn es um die Bauzonenkonformität eines geplanten Hotelneubaus geht oder die Einhaltung des Zweitwohnungsgesetzes beurteilt werden muss.

Wann ist ein Hotel ein Hotel?

Dieser Frage ist das Institut für Tourismus und Freizeit der Fachhochschule Graubünden nachgegangen. Prof. Dr. Andreas Deuber, Gian-Reto Trepp und Marcelle Christen Einsiedler haben dazu einen Bericht veröffentlicht. Sie beschreiben darin zwei Grundtypen von Beherbergungsangeboten: «Hotels» und «strukturierte Beherbergungsbetriebe». Letztere werden auch «hotelähnliche Angebote» genannt. Diese Bezeichnungen entsprechen der Verordnung über die Förderung der Beherbergungswirtschaft (Artikel 1 Abschnitt 1).

Als Hotel gelten Beherbergungsangebote, die über eine allgemeine Hotelinfrastruktur verfügen und hotelmässige Dienstleistungen anbieten. Im Rahmen der Zweitwohnungsgesetzgebung hat das Bundesamt für Raumentwicklung den Begriff «hotelmässige Dienstleistungen» wie folgt charakterisiert: «Es handelt sich um Dienstleistungen, die typischerweise von Hotels angeboten werden, darunter Réception, Zimmerdienst, Restaurant, Spa, Sport- und Spielräume.» Hotelmässige Dienstleistungen müssen ein gewisses Ausmass haben und im Vordergrund stehen. 

Strukturiert und hotelähnlich, aber eben doch kein Hotel

Unterschreiten die Merkmale eines Hotels ein bestimmtes Mindestmass, gilt es nicht mehr als Hotel. Selbst dann nicht, wenn die baulichen Gegebenheiten dafür vorhanden sind. Ein solcher Betrieb wird der Kategorie «strukturierte Beherbergung» zugeordnet. Feriendörfer und Aparthotels sind typische Beispiele für solche strukturierten, hotelähnlichen Beherbergungsbetriebe.

Neue Kategorien

Zusätzlich zu den Kategorien «Hotel» und «strukturierte Beherbergung» stellen die Tourismusforscher in ihrem Bericht eine weitere Kategorie vor. Sie heisst «nicht-hotelähnliche Beherbergungsangebote» oder auch «nichtstrukturierte Beherbergung». In diese Kategorie fallen alle Beherbergungsangebote, die nicht einer der beiden vorher erwähnten Kategorien zuzuordnen sind.

Für die Unterscheidung Hotel oder Nicht-Hotel ist es übrigens unwesentlich, ob der touristisch genutzte Wohnraum privat oder gewerblich vermietet wird. Auch spielt es keine Rolle, über welche Kanäle – Social Media, Inserat, Buchungsplattform – die Betten vermarktet werden. Von der Ausstattung her (WLAN, Pay-TV oder kostenlose Toilettenartikel) unterscheiden sich nicht-hotelähnliche Angebote und Hotels kaum mehr voneinander. Entscheidend sind jedoch die dienstleisterischen Tätigkeiten, die durch kompetentes Fachpersonal erbracht werden. Plakativ ausgedrückt: Ein Hotel wird nicht durch die Infrastruktur zum Hotel, sondern durch die Menschen, die Dienstleistungen für den Gast erbringen.

Hotelleriesuisse hat auf die Veränderungen im Markt reagiert. Neben der bewährten Hotelklassifikation wurden zwei weitere Bewertungssysteme eingeführt. Eines für Serviced Apartments und eines, die «Swiss Lodge»-Klassifikation, für Betriebe wie beispielsweise Jugendherbergen, die zwar Kernleistungen der Hotellerie anbieten, dies jedoch auf andere Weise tun als die klassischen Hotels.

(Riccarda Frei)


Zahlen und Fakten

41,8 Mio.

Logiernächte sind letztes Jahr in der Hotellerie generiert worden.

Das Bundesamt für Statistik BFS erhebt die Beherbergungsstatistik Hesta. Dies in den Kategorien: «Aparthotels, Hotelzimmer und Kurbetriebe», «Gruppenunterkünfte» sowie «Zimmer und Ferienhäuser».

4494

So viele Hotels und Lodges gibt es in der Schweiz.

3 449 027

Betten stehen den Gästen in der Schweiz zur Verfügung. Sie befinden sich in 1 743 690 Zimmern.

Neben Hotellerie-suisse klassifiziert auch Gastrosuisse Beherbergungsbetriebe. Dies unabhängig von deren Zimmeranzahl. So können sich auch Restaurants mit ein paar Zimmern klassifizieren lassen.

4,9 Prozent

der Beschäftigten in der Schweiz arbeiten im Gastgewerbe. Das sind insgesamt 264 600 Personen. Alleine 78 500 von ihnen sind in der Beherbergung tätig.


Klassische Hotels

In der Schweiz gibt es über 4000 Hotels. Etwa die Hälfte davon hat sich von Hotelleriesuisse klassifizieren lassen. Die meisten Hotels des Landes, 848 Betriebe, befinden sich in der Drei-Sterne-Kategorie. Die zweitgrösste Kategorie bilden die Vier-Sterne-Hotels mit 506 Hotels, dann folgen 110 Fünf-Sterne-Hotels. Als Hotel gelten Beherbergungsbetriebe, die sowohl die Infrastruktur eines Hotels als auch die durch Fachkräfte erbrachten hotelspezifischen Dienstleistungen anbieten.

hotelleriesuisse.ch

Bed & Breakfast (BnB)

Hotels, in denen es mangels eines Restaurants nur Übernachtung und Frühstück gab, wurden früher als Garni-Hotel bezeichnet. Heute ist der Begriff BnB gebräuchlicher und wird auch weitgreifender angewandt. Denn längst sind nicht mehr nur Hotels, sondern auch Zimmer mit Frühstück auf Bauernhöfen, in Privathäusern, Rustici, Maiensäss-Hütten, Tiny Houses, Hausbooten oder sogar in Schlössern als BnB-Angebot zu haben.

bnb.ch und airbnb.ch

Herbergen und Gruppenunterkünfte

Ob SAC-Berghütte, Ferienlagerhaus oder Jugendherberge – preiswerte Übernachtungsmöglichkeiten für Gruppen, Familien oder Einzelreisende haben in der Schweiz eine lange Tradition. Die ursprünglich sehr einfachen Beherbergungsmöglichkeiten haben sich weiterentwickelt. Mittlerweile sind viele, was Ausstattung und Design betrifft, von Budgethotels kaum mehr zu unterscheiden. Besonders schicke Hostels werden auch als «Poshtel» bezeichnet.

youthhostel.ch und gruppenhaus.ch

Camping/Glamping

Die Zeiten, in denen man ausschliesslich mit dem eigenen Zelt oder Wohnwagen auf dem Campingplatz übernachten konnte, sind längst vorbei. Moderne Campingplätze bieten eine Vielzahl an Übernachtungsmöglichkeiten an. Das Angebot umfasst Schlafröhren und -fässer, Baumhäuser, an Ästen hängende Zelte, Blockhütten, Cottages, Planwagen, mongolische Jurten, afrikanische Safarizelte, Bubbles und Bauwagen. Von einfach bis luxuriös ist alles dabei.

tcs.ch und camping.ch

Serviced Apartments

Das Beherbergungskonzept Serviced Apartment kombiniert die Vorteile einer Wohnung und eines Hotels. Wobei die hotelähnlichen Leistungen meist auf Reinigung, Wäscheservice und Concierge-Dienste beschränkt sind. ­Je nach Anbieter können weitere Hotelleistungen dazu gebucht werden. Serviced Apartments werden meist für Aufenthalte gebucht, die länger als der klassische Hotelaufenthalt, aber kürzer als eine normale Wohnungsmiete dauern.

anstatthotel.ch und mooi-apartments.ch