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Frühstück, wann immer du willst

Verrückte Idee, die in Berlin erfolgreich funktioniert: Ein Restaurant serviert nur Breakfast – und das rund um die Uhr, sieben Tage die Woche.

  • Ob Deutsches Frühstück, Egg Balls, Pancakes oder gesunde Bowls: im «Benedict» werden fast alle Breakfast-Wünsche erfüllt. (Bilder ZVG)
  • Das Berliner «Benedict» mit Bar und Restaurant wurde 2016 im Max Brown Hotel Kudamm eröffnet und ist erster europäischer Ableger einer israelischen Frühstückslokal-Kette.
  • Blick in den hippen Bistro-Teil des Restaurants. Vor allem am Samstag- und am Sonntagmorgen ist eine ­Platzreservation unerlässlich.
  • Sind Renner im Berliner Benedict: Blaubeeren-Pancakes. Die grosse Portion gibt es für 10 Euro.
  • Carola Bock ist gastronomische Quereinsteigerin und leitet seit 2016 das ­«Benedict» in Berlin.

Abends um zehn ein veganer Brunch mit Kichererbsen-Pancakes? Oder nachts um zwei Lust auf eine Portion Zar’s Delight, die deftige russische Art zu frühstücken? Berlin macht’s möglich. «Frühstück, wann immer es dich gelüstet» ist das Motto der Macher von «Benedict», dem ersten und bis heute einzigen Lokal in der deutschen Hauptstadt, in dem man rund um die Uhr, sieben Tage die Woche, «zmörgelen» kann. «Benedict» ist eine israelische Frühstückskette, die 2006 von Yair Kindler und drei Partnern in Tel Aviv gegründet worden ist. Aus einfachem Grund: Als Gastronom, der des Nachts arbeitete, war Kindler immer zu spät dran für ein reguläres Frühstück. Also eröffnete er seine eigenen Frühstückslokale. Der Name Benedict ist dabei nicht zufällig gewählt, sondern eine Hommage an die berühmten «Eggs Benedict», ein Gericht, das im 19. Jahrhundert vom New ­Yorker Lemuel Benedict erfunden wurde und das beste Mittel gegen Kater sein soll: pochierte Eier mit Sauce hollandaise.

Wenn, dann Berlin

Mittlerweile umfasst die Kette zehn Filialen, eine davon, die erste ausserhalb Israels, wurde im September 2016 im Erdgeschoss des Max Brown Hotels am Kudamm in Berlin eröffnet. «Wenn es einen Ort gibt, an dem unsere Idee nicht für verrückt erklärt wird, dann ist es Berlin», sagte Gründer Yair Kindler 2017 der «Berliner Zeitung». Neben diversen Eierspeisen werden heute im «Benedict» an der Berliner Uhlandstrasse Frühstücke aus aller Welt serviert. Jedes Gericht beinhaltet einen unbegrenzt nachfüllbaren Brotkorb, einen Salat sowie ein Heissgetränk oder einen Mimosa-Cocktail. Bei allem internationalen Flair: Regionalität und Nachhaltigkeit werden grossgeschrieben. Die Eier sind aus Freilandhaltung, das Fleisch aus Berlin und Brandenburg. Brot wird in der hauseigenen Bäckerei gebacken und sogar über die ­Strasse verkauft.

Gemütliches Wohnzimmer, hippe Bar

Im «Benedict» zu sitzen, ist, als würde man zu Hause im eigenen Wohnzimmer mit Gästen schmausen. Überall Sofas und Kissen. Hipp ist der Barbereich mit Bistrotischen, den weissen Kacheln, dem Grün, das über der Bar rankt, und der Dschungeltapete an der Wand. Im Lokal herrscht sonntags wie montags ein Kommen und Gehen. Das «Benedict» brummt, auch drei Jahre nach der Eröffnung. Restaurant-Managerin seit der ersten Berliner «Benedict»-Stunde ist Carola Bock. 39-jährig, gastronomische Quereinsteigerin. Zwischen Bestellungen und Personalplanung fand sie Zeit für ein Interview mit uns.

Carola Bock, wie frühstückt die Managerin eines Frühstückslokals?
Carola Bock: Ich selber war immer ein schlechter «Frühstücker», daher hat mich das Konzept von 24-Stunden-Frühstück von Anfang an fasziniert. Im Moment mag ich gesunde Frühstück-Bowls und eher ein leichtes Gericht mit vielen Früchten. Worauf ich aber nie verzichten kann, ist mein Kaffee am Morgen. Manchmal sind es zwei Tassen.

Das «Benedict» ist 24 Stunden offen. Wer frühstückt eigentlich abends um zehn?
Überraschenderweise ist das Publikum auch um 22 Uhr sehr vielfältig, da kommen Gäste nach Kino oder Theater zu Besuch, Taxifahrer nach oder vor ihrer Schicht, einfach nur Hungrige und natürlich auch eher jüngeres Publikum, das nur Pancakes isst und dann schnell wieder geht. Wir sind berühmt für unsere Pancakes und ihretwegen kommen viele Stammkunden – vor allem aus der kreativen Branche – später am Abend. Zum einen, weil die Atmosphäre wechselt und mehr entspannter ist, zum anderen, weil wir einen Barkeeper haben, den viele Gäste lieben.

Ein breites Publikum anzusprechen, ist also ein Erfolgrezept?
Ja, rückblickend würde ich sagen, dass wir mit dem «Benedict» alles richtig gemacht haben. Das Restaurant liegt in einem Kiez, das sehr offen für neue Trends ist und lange gewartet hat, dass eben auch mal was Neues in Charlottenburg-Wilmersdorf aufmacht, nicht immer nur im Stadtteil Mitte. Daher waren wir vom ersten Tag an immer voll. Und ja, das Publikum ist sehr gemischt, was die besondere Atmosphäre und den Flair ausmacht. Da kommen Nachbarn, Familien, ältere Herrschaften, Business-Typen, Kreative und ­Social-Media-Menschen, auch ein paar Fussballspieler ... Und das Schöne ist ja wirklich, dass wir für jeden was auf der Karte ­haben und jeder gleich be­handelt wird.

Beschreiben Sie uns das Angebot.
Wir bieten Frühstück aus aller Welt an. Und wir haben daher natürlich viele Eierspeisen und nehmen die Wünsche in diesem Bereich sehr ernst. So fragen wir immer nach dem Gargrad der Eier – nicht jeder isst seine Eier auf die gleiche Weise. Wir bieten süsses Frühstück und herzhaftes, vegetarisches und veganes. Wir haben immer sowohl die gleiche Karte mit ­Speisen, die es auch in Tel Aviv gibt, als auch unsere Specials – diese wechseln saisonal. Unsere Chefköchin Liat Ventura ist unglaublich kreativ, sie schafft es, aus einfachen Gerichten Ausgefallenes zu zaubern.

Was läuft am besten?
Tatsächlich sind es die Eggs Benedict, Pancakes und Klassiker wie Englisches Frühstück, Shakshuka, eine nordafrikanische Schmorpfanne, und Croque Madame. Der Service-Standard und auch die Speisen sind immer auf dem gleichen Niveau, das mag der Gast. Er weiss, was ihn erwartet, und wenn er sein Lieblingsgericht bestellt, dann schmeckt das ­immer gleich gut.

Vegan ist in der Schweiz ein grosses Thema. Wie sieht das bei Ihnen in Berlin aus?
Das ist auch bei uns ein grosses Thema. Wir bieten mehrere Varianten eines veganen Frühstücks an. Wir backen auch unsere Brötchen selbst, und drei der vier Brötchen sind vegan wie auch unsere hausgemachte Apfel-Zimt-Marmelade.

Wie hoch ist der Durchschnittsbon im «Benedict»?
Zirka 15 Euro inklusive Getränk.

Ihr Lokal befindet sich im Max Brown Hotel. Wie ist die Zusammenarbeit mit dem Haus?
Wir arbeiten sehr gut und auf kurzen Wegen mit dem Max Brown Hotel zusammen. Das ist auch wichtig, da wir voneinander profitieren und der Gast am Ende keinen Unterschied macht, ob wir zwei verschiedene Unternehmen sind.

Die Wurzeln des Benedict-­Konzepts liegen in Israel. Worin liegen die Haupt­unterschiede zwischen den Restaurants in Tel Aviv und dem in Berlin?
Erst einmal: Tel Aviv und Berlin sind sich sehr ähnlich in Sachen Aufgeschlossenheit und Toleranz. Daher war es einfach, das Konzept auf Berlin zuzuschneidern, ohne viel zu verändern. Es gibt kleine Unterschiede, wenn es beispielsweise um frischen Orangensaft geht. In Tel Aviv kann er inklusive eines Menüs angeboten werden, in Berlin geht das preislich nicht. Spezifische Gewürze für verschiedene Gerichte zu finden, war schwierig, zum Beispiel Amba, ein süsslich-scharfer Mango-Dip, das war selbst in Berlin ­unmöglich. Aber genau an dem Beispiel sieht man, wie schnell sich in Berlin Sachen verändern. Nach zweieinhalb Jahren finde ich Amba hier problemlos.

Schaut «Benedict»-­Gründer Yair Kindler oft bei Ihnen vorbei?
Ja. Überhaupt ist der Kontakt mit Tel Aviv ist sehr eng.

Ein Lokal zu führen, das 24 Stunden und sieben Tage offen hat, muss eine Mammutaufgabe sein.
Ehrlich gesagt, hatte ich am Anfang schon Bedenken. Finde ich genügend Personal, vor allem für die Nachtschicht? Aber nach zweieinhalb Jahren ist das Team perfekt eingespielt. Da die Fluktuation für einen gastronomischen Betrieb eher gering ist, funktioniert das auch. Wir beschäftigen zirka 60 Angestellte – darunter sind Hostessen (Studenten und Mini­jobber), Servicemitarbeiter, Barkeeper, Spüler und Köche sowie Mitarbeiter in der Bäckerei inklusive Verkaufspersonal.

Werden alle Mitarbeiter geschult?
Ja, da wir auch ein High-Volume-Restaurant sind mit durchschnittlich 500 Gästen am Tag, lege ich viel Wert darauf, meine Mitarbeiter so zu schulen, dass sie mehr können. Die Köche lernen alle Stationen, damit sie auch nachts arbeiten können, da dort unter der Woche nur ein Koch alle Stationen bedient. Hostessen lernen das Kassensystem und das Menü, nehmen Bestellungen auf und schliessen Tische. Wir legen sehr viel Wert auf gute Schulungen; Kellner, die das Konzept und das Menü nicht zu 100 Prozent kennen, dürfen keine Gäste bedienen. Eine Schulung dauert in der Regel vier bis sieben Tage.

In der Schweiz herrscht Fachkräftemangel. Finden Sie in Berlin genügend Mitarbeitende für Küche und Service?
In Berlin herrscht auch Fachkräftemangel. Personal, und vor allem gutes Personal, zu ­finden, ist nicht einfach. In ­Berlin haben wir klar den Vorteil, dass viele Zugezogene hier leben und diese auf der Suche nach Jobs sind. Da wir ein internationales Konzept haben, ist es auch einfacher, dass nicht alle unsere Mitarbeiter Deutsche Muttersprachler sind. Für mich ist das auch kein Ein­stellungskriterium – für mich zählen Hingabe, Liebe zum ­Beruf und ein Verständnis von Hospitality mehr.

Gibt es Pläne für ein zweites «Benedict» in ­Berlin? Und wenn ja, wo?
Den Plan gibt es schon, seit das erste «Benedict» aufgemacht hat. Im besten Fall, da wir ja jetzt im Westen sind, im Osten.

Angenommen, ein Berufskollege aus der Schweiz möchte ein ähnliches Frühstücks­restaurant eröffnen. Was würden Sie ihm raten?
Frühstück ist die Mahlzeit, auf die sich alle immer einigen können. Frühstück ist oft ausgelassener, man teilt sein Essen. Frühstück macht Spass, daher ist das immer eine gute Idee. Was ich Nachahmern in der Schweiz raten würde: kreativer denken in der Personalauswahl, der Service muss zum Gast passen. Ansonsten: Go for it!