Seit Jahren steigt die Beliebtheit der Bioprodukte in der Schweiz. In der Gastronomie sind sie aber immer noch selten zu finden. Dabei müssen Biogerichte gar nicht teurer sein.
Mehr als die Hälfte der Schweizer Konsumenten kaufen täglich oder mehrmals in der Woche Bioprodukte ein. Der Detailhandel macht heute rund zehn Prozent seines Umsatzes mit Bioprodukten. In der Gastronomie scheint dieser Trend allerdings noch nicht ganz angekommen zu sein. «Der Prozentsatz an Bioprodukten in der Gastronomie ist noch tief und hat sich in den vergangenen Jahren kaum geändert», sagt Lukas Inderfurth, Leiter Kommunikation bei Bio Suisse. Lediglich rund 200 Gastronomiebetriebe in der Schweiz haben eine Vereinbarung mit Bio Suisse und zeichnen ihre Biomenüs mit dem Knospe-Logo aus. «Hinzu kommen weitere Betriebe, die zwar Bioprodukte verwenden, dies aber nicht auszeichnen und daher von uns nicht erfasst werden», so Inderfurth. Gemäss einer Umfrage von Gastrosuisse verarbeiten derzeit etwa sieben Prozent der Gastronomen regelmässig Bioprodukte.
Wenn Bio bei der Schweizer Bevölkerung so beliebt ist, wieso ist die Gastronomie dann noch nicht auf diesen Zug aufgesprungen? «Preis und Verfügbarkeit sind die Knackpunkte», sagt Lukas Inderfurth. Zudem aber auch die Frage, wie der Mehrwert, den Biolebensmittel bieten, dem Gast am besten kommuniziert werden kann.
Beim Preis ist für Lukas Inderfurth klar: «Die Gastronomie muss bei der Menügestaltung und beim Einkauf umdenken.» Er rät zu einer kleinen Karte mit saisonalen Gerichten aus lokalen Rohprodukten. Zudem sollte weniger Fleisch auf den Tellern landen, dieses dafür in höherer Qualität. Weiteres Sparpotenzial sieht Inderfurth beim Thema Food Waste. «Das Geld, das so eingespart wird, kann für bessere Rohprodukte ausgegeben werden. Und wer mit den Produzenten in der Umgebung zusammenarbeitet, kann nochmals günstiger einkaufen.»
Wenn der Wirt seine Hausaufgaben mache, müsse das Bioessen so nicht einmal teurer sein. Dafür erhalten er und seine Gäste einen klaren Mehrwert: «Bioprodukte sind besser im Geschmack, besser für die Umwelt, besser für die Tiere und besser für die Produzenten, die mehr Anerkennung für ihre Arbeit erhalten.» Die Zusammenarbeit mit lokalen Produzenten sei zudem Stoff für tolle Geschichten, die den Gästen erzählt werden können.
Interessierte Gastronomen können sich von Bio Suisse umfassend beraten lassen. So zum Beispiel zu Möglichkeiten der Bioauslobung auf der Menükarte, zur Beschaffung von Knospe-Produkten in ihrer Region, zu einer möglichen Zusammenarbeit mit anderen Gastrobetrieben und vielem mehr. Zwei Betriebe, die bereits komplett oder teilweise auf Bioprodukte setzen, berichten im Folgenden über ihre Erfahrungen und die Herausforderungen, wenn man in der Gastronomie auf Bio umstellt. Für beide ist klar: Die Gäste schätzen das Bioangebot – und hätten gerne mehr davon.
(Angela Hüppi)
7465 Biobetriebe waren Ende 2019 in der Schweiz und im Fürstentum Liechtenstein registriert. Das sind 243 Betriebe mehr als im Vorjahr.
Die meisten Lizenznehmer von Knospe-Produkten hat der Kanton Bern mit 178, Zürich folgt mit 113.
169 360 Hektaren betrug 2019 die biologisch bewirtschaftete Landwirtschaftsfläche in der Schweiz und im Fürstentum Liechtenstein. Das sind 16 Prozent der gesamten landwirtschaftlichen Nutzfläche.
3,2 Mrd. Franken Umsatz sind mit Biolebensmitteln im Jahr 2019 erwirtschaftet worden. Das entsprichteinem Wachstum von 5,6 Prozent.
Mit der Bio-Knospe verbinden die Konsumenten Werte wie Vertrauen, Nachhaltigkeit, Tierwohl und Natürlichkeit.
57 Prozent der Konsumenten geben an, täglich oder mehrmals wöchentlich Bioprodukte einzukaufen. Am beliebtesten sind Gemüse und Früchte.
Quelle: Bio Suisse
Im Bio-Schlosshotel Wartegg spricht man nicht nur über Nachhaltigkeit, man lebt sie auch – und zwar in allen Bereichen. So sind etwa vom Bleistift bis zum WC-Papier alle Produkte mit einem Eco-Label ausgezeichnet. Defekte Geräte werden repariert statt ausgetauscht, die Handwerker sind aus der Region, und es kommen ausschliesslich ökologisch abbaubare Reinigungsmittel zum Einsatz. Zudem besteht die Wäsche aus 100 Prozent Biobaumwolle und im Gartenunterhalt wird eine Stelle für eine Person mit Beeinträchtigung angeboten.
Im Bereich Gastronomie bedeutet dieses nachhaltige Engagement, dass die Gourmet-Küche Bio-Knospe-zertifiziert ist. Das heisst, dass das Angebot zu hundert Prozent aus Bioprodukten besteht. «Zudem arbeiten wir mit regionalen Lieferanten mit kurzen Transportwegen und verzichten komplett auf Flugware», so Hotelleiter Richard Butz. Wein, Bier und Mineralwasser werden aus der Region bezogen und beim Biofrühstücksbuffet werden kleinere Portionen aufgetischt, um Food Waste zu vermeiden. Bei tierischen Produkten setzt man auf die Nose-to-Tail-Philosophie, und im kleinen Kiosk werden Produkte aus dem Schlosspark und dem Garten verkauft.
Gäste kommen wegen Biolabel
«Wir sind überzeugt, dass die Verwendung von Bioprodukten der einzige Weg ist, zukünftigen Generationen gute Bedingungen wie fruchtbare Böden zu schaffen», sagt Richard Butz. Dafür nehme man den grösseren Aufwand in Kauf: «Wir arbeiten viel mit Demeter-Produkten aus unserem Garten und richten unsere Menüs danach aus. Das ist personalintensiv. Zudem ist die Auswahl an Lieferanten beschränkt, da nur wenige wirklich biozertifiziert sind.»
Die Gäste schätzen das Angebot des Schlosshotels: «Zu einem grossen Teil kommen die Gäste speziell deswegen zu uns. Besonders geschätzt wird, dass wir zum Beispiel ganze Lämmer und Rinder verarbeiten.» Speziell beliebt seien zudem Gerichte mit Produkten aus dem Schlossgarten wie der Salat «Vierzehn», der aus vierzehn Wildkräutern besteht.
Dass Bioprodukte mehr kosten, ist für die Gäste kein Problem. «Ausser im Seminarbereich, dort spielt der Gesamtpreis eine grosse Rolle», so Richard Butz. In den höheren Warenkosten sieht der Hotelleiter auch den Grund, weshalb Bioprodukte in der Gastronomie nicht weiter verbreitet sind. Interessierten Gastronomen rät er, auf Buffets zu verzichten und den Food Waste möglichst tief zu halten: «Eine kleine Karte ist das A und O.»
Die Eldora AG mit Sitz in Zürich bietet Verpflegungsleistungen in Unternehmungen, Altersheimen, Spitälern, Universitäten und Schulen an. «Biodiversität, Tierwohl, Ressourcenschutz und die Unterstützung unserer Lieferanten aus der Schweizer Landwirtschaft stehen für uns im Mittelpunkt», sagt Bettina Westenfelder, zuständig für Business Development & Marketing. «Ebenso die Gesundheit und der Genuss für unsere Gäste.»
Da das Unternehmen ausschliesslich Bioprodukte aus der Schweiz anbietet, handelt es sich bei den Gerichten meist um einheimische Klassiker wie Gehacktes mit Hörnli, Fleischkäse oder Bratkartoffeln mit Spiegelei. Bei den Gästen komme das Angebot sehr gut an, sagt Bettina Westenfelder: «Viele wünschen sich, dass wir das ganze Angebot in Bioqualität anbieten. Aufgrund der Wirtschaftlichkeit müssen wir dann aber meist einen Kompromiss finden.» Denn in der Gemeinschaftsgastronomie wird mit fixen Menüpreisen gearbeitet – bei Eldora je nach Mandant und Vorgaben zwischen 10.40 und 16.80 Franken. «Dadurch haben wir ohnehin schon sehr geringe Renditen auf unseren Gerichten. Dass die Einkaufspreise von Bioprodukten gegenüber Nicht-Bioprodukten 30 bis 80 Prozent teurer sind, stellt für uns die grösste Herausforderung dar.»
Günstiger dank Nose-to-Tail
Eine weitere Schwierigkeit sind die benötigten Mengen an Bioprodukten. Beim Aktionstag «Bio Farmer’s Day», den Eldora gemeinsam mit Bio Suisse lanciert hat, wird sechsmal im Jahr in allen 40 Deutschschweizer Eldora-Restaurants dasselbe, speziell rezeptierte Biomenü angeboten. «Damit eine ausreichende Menge der verwendeten Produkte geliefert werden kann, müssen wir unsere Lieferanten oft schon Monate im Voraus informieren. Da der Ernteerfolg nicht immer gleich ist, ist der Bioertrag zudem schlecht planbar», so Westenfelder.
Trotzdem will die Eldora AG auch künftig so oft wie möglich auf Bioprodukte setzen. Dafür brauche es vor allem eine enge Zusammenarbeit mit den Lieferanten: «Wir richten unsere Menüplanung nach ihrem Angebot aus. Zudem setzen wir auf Nose-to-Tail-Gerichte wie geschmortes Fleisch. Diese sind zwar oft etwas aufwendiger in der Zubereitung, aber so ist allen geholfen: Der Fleischlieferant kann das ganze Tier verwerten, wir können Bio-
fleisch zu einem guten Preis anbieten und die Gäste profitieren von bester Qualität und mehr Geschmack.»