David Krügers Konzept im Zürcher Restaurant Opera setzt sich dank fast vergessener Rohstoffe aus der Umgebung vom gastronomischen Mainstream ab.
Schafgarbe, Sauerklee, Spitzwegerich und weniger bekannte Kräuter auf dem Teller lassen aufhorchen. «Ich sammle zweimal wöchentlich frische Kräuter, Nüsse, Beeren und Blätter. Egal, in welcher Jahreszeit wir uns befinden», erläutert David Krüger. Selbst im tiefen Winter findet der Chefkoch vom Restaurant Opera, das zum Hotel Ambassador in Zürich gehört, essbare Kräuter, Wurzeln und Zwiebeln. Zu Spitzenzeiten sammelt David Krüger bis zu 4,5 Kilogramm wöchentlich.
Weil der 45-Jährige inzwischen seit zehn Jahren nach essbaren Urprodukten sucht, weiss er ganz genau, was, wann, wo wächst. «Ich bin gerne in der Natur. Zudem kann ich mit diesen Produkten authentisch und wirklich regional kochen.» Ein wichtiger Aspekt für ihn. «Mit fast vergessenen Rohstoffen aus der Umgebung kann ich mich vom Mainstream absetzen. Sie bieten unverfälschte Aromen.»
Der Küchenchef kocht in seinen Inspirationsmenüs nur mit Produkten, die seit Jahrtausenden um seinen Wirkungskreis wachsen. Urprodukte nennt er diese. Dazu zählen alte Getreidesorten wie Einkorn und Emmer. Und vieles aus Wald und Wiese wie wilder Salbei, Kornelkirschen, Schwarzdorn oder Schlehe. «Deren Gerb- und Aromastoffe sorgen für Kontrast auf dem Teller.» Anstatt Wasabiwurzeln aus Asien verarbeitet er die Pfefferwurzel. Mixt man deren Blätter, erhält man ein Öl, welches ähnlich schmeckt wie Wasabiöl. Er würzt damit etwa sein Süsswasser-Sushi. Auch zum Brot kommt ein ganz besonderes Öl auf den Tisch. Dieses besteht aus selbst gesammelten Bucheckern, Waldlauch, -Ziest und Kiefernzapfen.
Auch drei Kräuterfrauen suchen für David Krüger nach geeigneten Produkten. Was auf Feld und Wiese nicht zu finden ist, wird direkt beim Produzenten bezogen. Alle Fische, die der Koch verarbeitet, schwammen am Morgen zuvor noch im Zugersee. Manchmal holt der passionierte Taucher seine Krebse sogar selbst aus dem Wasser. Auch unter Wasser geerntetes Laichkraut und Wasserlinsen brachte er schon auf den Teller. Um sein Menü zu jeder Jahreszeit gemäss seinem Konzept zu bestücken, arbeitet David Krüger mit über 200 Produkten. Viele davon sind getrocknet, fermentiert oder eingelegt.
Stellt der mit 15 Gault-Millau-Punkten prämierte Koch die Karte um, beginnt er drei Monate im Voraus mit der Planung. Besonders Sous-chef Niclas Ohrmann und Restaurantleiter Pascal Gloser kennen das Konzept und seine nicht alltäglichen Produkte inzwischen gut. Fünf Monate dauerte es, bis das Team das Konzept kennengelernt hatte und es den Gästen nun fachgerecht weitervermitteln kann.
Viel Lektüre – David Krüger besitzt über 100 Bücher zum Thema – sowie unzählige Gespräche und Online-Recherchen verhalfen ihm zu seinem Wissen. Agefood nennt er sein persönliches Konzept. Derzeit schreibt er eine Enzyklopädie darüber. Sein Wissen gibt er gerne auf Kräuterwanderungen weiter. An solchen Nachmittagen versetzte der Sammler schon gestandene Gourmet- und Diätköche ins Staunen. David Krüger kann sich vorstellen, sein Konzept einer interessierten Küchencrew in deren Betrieb vorzustellen.
Seinen Gästen steht der Chefkoch während vier fünfgängiger Tafelrunden im Restaurant Opera Rede und Antwort. In der heissen Jahreszeit gibt er auf der Terrasse des Hotels Ambassador am Zürichsee Einblicke in die geheimnisvolle, kulinarische Pflanzenwelt. Sein Konzept kommt an. Seit er für die Küche im Restaurant Opera verantwortlich zeichnet, ist der Umsatz markant gestiegen. Und dies innerhalb eines
Jahres.
(Sarah Sidler)
Umgebaut
Anfang März 2018
Eröffnet
Ende März 2018
Investitionssumme
300'000 Franken
Fläche
80 Quadratmeter
40-50 Sitzplätze
Mitarbeiter
12