Zum Abschluss der Unterschriftensammlung «Gemeinsam gegen Personalmangel» traf sich eine Delegation der Hotel & Gastro Union mit Vertretern von Gastrosuisse in Bern. Beide Seiten bekannten sich zur Sozialpartnerschaft. Wird bald über einen neuen L-GAV verhandelt?
Mit ihrer Unterschrift unter der von der Hotel & Gastro Union vor einem Jahr lancierten Unterschriftensammlung «Gemeinsam gegen Personalmangel» bekundeten bis heute mehr als 22’200 Gastgewerbler ihren Unmut, dass die Gastrobranche seit Jahren Mitarbeitende verliert. Die Unterzeichner wollen, dass die dringendsten Probleme der Branche von den Sozialpartnern angepackt werden. Konkret geht es um die Wiederaufnahme der seit 2019 von Gastrosuisse blockierten L-GAV-Verhandlungen.
Am gestrigen Dienstag, 28. November, übergab eine fünfköpfige Delegation der Hotel & Gastro Union die gesammelten Unterschriften an Gastrosuisse. Anlass war die Präsidentenkonferenz des Arbeitgeberverbands, die im Kursaal in Bern stattfand. An der Übergabe der Unterschriftensammlung betonten die Vertreter der Hotel & Gastro Union die Wichtigkeit der Sozialpartnerschaft: «Wir sitzen alle in einem Boot. Der Arbeitskräftemangel beschäftigt Betriebe wie Mitarbeitende gleichermassen. Betriebe müssen die Öffnungszeiten oder das Angebot bei gleichbleibenden oder steigenden Fixkosten anpassen. Die anfallende Arbeit wird auf immer weniger Schultern verteilt», so Felix Iseli, Mitglied des Zentralvorstand der Hotel & Gastro Union. Piera Dalla Via, ebenfalls Mitglied des Zentralvorstand, betonte ihrerseits, wie wichtig es sei, dass die Löhne in der Gastronomie und Hotellerie gegenüber anderen Branchen konkurrenzfähig sein müssen. «Die Berufserfahrung soll ein lohnrelevanter Faktor werden, denn so bieten wir Mitarbeitenden eine Lohnperspektive, wenn sie in der Branche und im Betrieb bleiben.»
Esther Lüscher sowie Urs Masshardt, Präsidentin und Geschäftsleiter der Hotel & Gastro Union, bekräftigten die Dringlichkeit, dass mehr in die Bildung investiert werden müsse. «Eine gute Aus- und Weiterbildung der Fachkräfte und die Nachqualifizierung der Mitarbeitenden ohne anerkannten Berufsabschluss sind zentral, um die Produktivität zu steigern. Daneben benötigt es aber auch gut qualifizierte Arbeitgeber. Mit einer EFZ-Ausbildung ist man noch lange kein guter Betriebsleiter», so Esther Lüscher. Die Hotel & Gastro Union begrüsse die grundsätzliche Fortsetzung des Aus- und Weiterbildungsprojekts, erklärte Urs Masshardt. Jedoch sei noch mehr möglich, sofern die Sozialpartner an einem Strick ziehen. «Wenn wir die Vollzugskostenbeiträge in der Branche nur leicht erhöhen, hätten wir mehr für die Bildung zur Verfügung.»
Roger Lang, Kampagnenverantwortlicher der Unterschriftensammlung «Gemeinsam gegen Personalmangel», betonte, dass Neuverhandlungen über einen L-GAV eine Win-Win-Situation für alle sei. «Wir könnten die Lernenden dem L-GAV unterstellen und somit die Kosten für die überbetrieblichen Kurse sowie Schulmittel finanzieren und damit die Betriebe und die Lernenden entlasten. Wir könnten den Vaterschaftsurlaub aus dem L-GAV streichen, da dieser bereits gesetzlich geregelt ist. Und mit einem neuen L-GAV könnten wir auch eine gemeinsam getragene Image-Kampagne für unsere Branche und unsere Berufe lancieren.»
«Die Anliegen der Unterzeichner nehmen wir ernst», entgegnete Gastrosuisse-Präsident Casimir Platzer. «Ich bedanke mich für die sympathische, ehrliche und offene Art bei der Übergabe der Unterschriften.» Einige der angesprochenen Forderungen würden sich mit dem Fünf-Punkte-Plan von Gastrosuisse decken. Casimir Platzer betonte, dass Fragen der Arbeit und der Anstellungsbedingen immer von den Sozialpartnern und nicht vom Gesetzgeber zu behandeln seien. «Wir sind für Diskussionen bereit und laden Vertreter der Hotel & Gastro Union zu einer Gastrosuisse-Vorstandssitzung Anfang Februar 2024 ein.»
«Wir nehmen die Einladung gerne an», bedankte sich HGU-Präsidentin Esther Lüscher und freute sich über die Schlussworte ihres Pendants auf Gastrosuisse-Seite: «Wir sollten gemeinsam das Heft in der Hand behalten », erklärte Casimir Platzer.
(rup)