Um seine Gäste mal anders an die Pâtisserie heranzuführen, bietet Andy Vorbusch im «Dolder» in Zürich ein sechsgängiges Dessertmenü mit der passenden Getränkebegleitung an.
Schon mal ein Dessert mit Topinambur, Röstwiebeln, gerösteten Gersten und altem Brot gegessen? Und dazu ein Getränk getrunken, gemixt aus dunklem Bier, Weizengras-Kombucha, Gin und Birnensekt? Nun, was ganz schön verrückt tönt, passt ganz gut zusammen, wie Andy Vorbusch, Chefpâtissier im Hotel Dolder Grand in Zürich schon mehrfach demonstriert hat. Der 41-jährige gebürtige Deutsche ist im vergangenen Jahr gemeinsam durch einen befreundeten Gastronomen in Berlin auf den Geschmack von Dessert- und alkoholischem Getränkepairing gekommen.
Nachdem sie mit ihren Kreationen gemeinsam am Gourmet Festival im deutschen Rheingau begeisterten, sorgt er seither auch in der Schweiz an Vorträgen und Symposien für Furore damit. «Dabei geht es mir ein Stück weit um Provokation. Ich schaue gerne, wie weit ich meine Gäste strapazieren kann.»
Nun möchte Andy Vorbusch seine sechsgängigen Dessertmenüs an seinem Arbeitsort, im Hotel The Dolder Grand in Zürich quartalsweise etablieren. «Der erste Event im November begeisterte unsere Gäste schon mal», erinnert er sich gerne zurück. Damit das Dessertmenü nicht zu süss und zu schwer daherkommt, arbeitet der Profi gerne mit Gemüsesorten, die im ersten Moment so gar nicht zu Süssem passen können. Doch gekocht, schmecken die meisten süss, so Andy Vorbusch. Sind sie einst zu Pürees oder Cremes verarbeitet, kennt der Dessertprofi (fast) keine Grenzen. Auf die Frage, welches Gemüse sich denn nicht für Dessert eignet, entgegnet er nach einigem Nachdenken: «Mit Lauch habe ich noch nie gearbeitet.»
Der in Deutschland zum Pâtissier des Jahres 2007 gewählte Mann kreierte schon Desserts aus Zwiebeln, Tomaten, Burrata und Basilikum oder solche mit fermentierten Shiitakepilzen, gepickelten Pflaumen und Schokolade – «eine Umami-Bombe», wie er sagt. Auch vor Spargeln schreckt er nicht zurück. «Jedes Gemüse ist es wert, in Desserts ausprobiert zu werden.» Es müsse jedoch für etwas stehen, seine Wertigkeit erhalten. Bevor man Gemüse einsetze, müsse man sich überlegen, welches Element es im Dessert erfüllen soll. Für ihn sei ein Dessert ein Dessert, solange er darin Produkte integrieren könne, ohne sie zu stark süssen zu müssen, und es gewisse Erwartungen im süssen Bereich erfülle.
In den Sechsgängern des Chefpâtissiers kann Gemüse sechs Mal vorkommen, muss aber nicht. Im Durchschnitt verwendet er es zwischen drei und vier Mal. «Ich sehe Gemüse als ergänzendes Produkt, das sich hervorragend dafür eignet, die Dramaturgie des Menüs zu beeinflussen, den Spannungsbogen zu halten. Mit Gemüse kann ich ein Gericht in eine andere Richtung lenken.» Obwohl er das oben genannte Gericht mit Topinambur und Röstzwiebeln immer wieder servieren lassen könnte, will er seine kreativen Grenzen weiter auslotsen. «Ich verändere meine Gerichte und passe sie je nach Saison an.» Dies geschehe ganz natürlich durch seine eigene Weiterentwicklung und die äusseren Einflüsse. «Eigentlich muss stets der Versuch da sein, nicht mal mich selbst zu kopieren», so der ehrgeizige Deutsche.
Als wäre der Einsatz fast aller Gemüsesorten nicht schon speziell genug, bietet Andy Vorbusch zum Dessertmenü auch die passende Getränkebegleitung an. Mit oder ohne Alkohol, aber immer mit selbstgemachten Getränken. «Mit diesen Getränken verstärke ich meine persönliche Note in den Kreationen. Dazu verhelfen sie zu einer unglaublichen Spannbreite.» So tischt er zum Dessert mit Shiitakepilzen ein Cocktail, gemischt aus einem schokoladelastigen Cold-Brew-Kaffee und Kondensmilch sowie einem rauchigen Whisky, auf, angelehnt an den vietnamesischen Kaffee.
Um Frische reinzubringen, arbeitet er bei anderen Kreationen gerne mit Molke. Fruchtsäfte mag er, da sich ihr Geschmack, wie derjenige von Wein, im Glas verändert bei der richtigen Mischung und Verarbeitung. Und zu gegrillter Ananas mit Muskovado und junger Kokosnuss serviert der Chefpâtissier im «Dolder» in Physalis eingelegten Pisco mit Aloe-vera-Sirup, Lakritze sowie selbstgemachtem Ananas-Gurke-Kombucha. Darauf sei er auf einer Reise in Peru gekommen. «Ich gehe bei der Getränkebegleitung gerne in die Cocktail-Richtung, bin in der Kreation dieser aber frei.» Es könne aber durchaus vorkommen, dass die zu den Desserts kreierten Getränke ohne die passende Begleitung eine andere Wertigkeit erhalten.
Klar, benötigt auch die Produktion dieser Getränke viel Zeit und Wissen. Dabei profitiere er von seiner kulinarischen Intelligenz, die er sich in den vielen Arbeitsjahren in hochdotierten Häusern wie dem DreiSterne-Restaurant Vendôme in Paris unter Joachim Wissler angeeignet habe. «Für die Erarbeitung von Speisen und Getränken betreibe ich denselben Aufwand. Das muss so sein, damit das eine mit dem anderen funktioniert», betont Andy Vorbusch. Da sich die Speisen in seiner «Komfortzone» befänden, beginne er bei den Pairings stets damit.
(Sarah Sidler)
1977 in Hamburg/Deutschland geboren, war von 2008 bis 2013 Pastry Chef im Restaurant Vendôme in Bergisch-Gladbach/ Deutschland unter der Leitung von 3-Sterne-Koch Joachim Wissler. 2014 eröffnete er die Pâtisserie & Kaffeerösterei Sööt in Düsseldorf/ Deutschland und ist seit Sommer 2016 als Chef Pastry im «Dolder Grand» in Zürich tätig.
Hotel The Dolder Grand
Kurhausstrasse 65
8032 Zürich
Tel. 044 456 60 00