Die Professorin Christine Brombach ist Dozentin für Ernährung und Consumer Science an der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften. Sie weiss, was hinter dem Begriff Gender Food steckt.
Christine Brombach, Männer essen Fleisch, Frauen Salat, so die landläufige Meinung. Gibt es männliche und weibliche Lebensmittel?
Dass Männer und Frauen sich in ihrem Essverhalten unterscheiden und je nach Geschlecht bestimmte Lebensmittel stärker bevorzugen, ist erwiesen. Das zeigt etwa auch die nationale Ernährungserhebung Menu CH. Doch auch wenn Männer und Frauen physiologisch anders gebaut sind: Eine biologische Begründung für das genderspezifische Essverhalten gibt es nicht.
Wie kommt es dann zu den unterschiedlichen Vorlieben?
Genderaspekte, also ob wir etwas als weiblich oder männlich wahrnehmen, haben stets mit Rollenmustern zu tun. Mit Gender bezeichnet man das sozial konstruierte Geschlecht und nicht das biologische Geschlecht.
Weshalb haben wir den Drang, Dinge als eindeutig männlich oder weiblich zu bezeichnen?
Menschen neigen aufgrund der Komplexität der Welt dazu, die Dinge darin einzuteilen und damit zu vereinfachen. Hell, dunkel, gross, klein, männlich, weiblich – es gibt kaum eine Kultur, in der das nicht so wäre. Die Art, wie Männer und Frauen in der Vorstellung einer Kultur zu sein haben, begleitet uns schon von klein auf. Das zeigt sich schliesslich auch in unserem Essverhalten.
Können Sie Beispiele nennen?
Weiche und süsse Lebensmittel werden eher mit Weiblichkeit assoziiert und von Frauen bevorzugt, Männlichkeit wiederum oft mit herzhaftem Essen verknüpft. Zudem nehmen Männer beim Essen grössere Bissen und beissen darüber hinaus kräftiger zu als Frauen. Das ist wenig verwunderlich. Letztere werden schliesslich oftmals schon früh dazu angehalten, stets auf die Figur zu achten.
Sollten Produzentinnen und Produzenten von Getränken und Lebensmitteln Ihrer Meinung nach bewusst auf die Genderkarte setzen?
So pauschal lässt sich das nicht beantworten. Es gab in der Vergangenheit schon einige, die im Marketing auf diese Karte gesetzt haben. Ob sich das ausgezahlt hat, kann ich nicht sagen. In Hinblick auf die Generationen Y und Z wäre ich vorsichtig damit, Produkte als klar männlich oder weiblich zu positionieren. Diesen Generationen ist Gleichberechtigung sehr wichtig. Wer im Marketing ein Geschlecht gezielt anspricht, exkludiert damit automatisch das andere Geschlecht.
(Désirée Klarer)
Prof. Dr. Christine Brombach ist Ernährungswissenschaftlerin und Dozentin an der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften ZHAW. Sie studierte in Giessen (DE) und Knoxville (USA) Ernährungs- und Haushaltswissenschaften.