Mediadaten Données Media Olympiade der Köche

Das Essvergnügen entsteht im Kopf

Welchen Einfluss habenFarben, Erinnerungen und Formen auf den Geschmack? Damit befasst sich das Gebiet der Gastrophysik.

Der Mensch hat etwa 350 verschiedene Geruchsrezeptoren. (Unsplash)

Ein Kartoffelchip, an dem man so richtig geräuschvoll knuspert, wird von den meisten Menschen als frischer wahrgenommen. Das hat der Gastrophysiker Charles Spence in einer Studie nachgewiesen. Dass man einen Kartoffelchip, den man noch nie probiert hat, aufgrund der Intensität des lauten Knabberns als frisch einstuft, hängt mit den Wechselwirkungen der verschiedenen Sinne zusammen. Das, was wir mit einem bestimmten Sinn wahrnehmen, beeinflusst, was wir mit einem anderen Sinn erleben. Dieser Vorgang wird in der Wissenschaft als multimodal bezeichnet.

«Riechen von hinten»

Eine wichtige Rolle beim Geschmackserlebnis spielt nebst dem Hör- und Sehsinn auch der Geruchssinn. Genauer gesagt: das retronasale Riechen. Dabei werden die Duftstoffe des Essens nach dem Schlucken beim Ausatmen von der Mundhöhle über den Rachen bis zur Schleimhaut weitergegeben. Die Duftstoffe werden dabei weniger streng wahrgenommen als beim Riechen durch die Nasenlöcher.

Das Geschmackserlebnis entsteht hierbei, wenn das Gehirn die Botschaften der Geruchsrezeptoren, die diese Düfte aufnehmen, analysiert und interpretiert und mit den Botschaften der anderen Sinne in Beziehung setzt. 

Erwartungen an den Geschmack

Bei der Analyse und Interpretation erinnert sich das Gehirn beispielsweise an Situationen, in denen es ein bestimmtes Aroma schon mal geschmeckt hat. Ein Beispiel dafür ist ein Menü des mittlerweile geschlossenen Zürcher Restaurants Crazy Cow. Dort stand auf der Speisekarte für Erwachsene unter anderem das Gericht Fischstäbchen mit Reis.

Das mag auf den ersten Blick etwas merkwürdig scheinen. Doch bei diesem Gericht ist es die Erinnerung, die einem das Wasser im Mund zusammenlaufen lässt.  Und sie ist es auch, die den Geschmack des Essens letztlich beeinflusst.

«Wer den Gästen ein einzigartiges Erlebnis bieten will, muss in deren Köpfe schauen.»

 

Wer seinen Gästen ein einzigartiges Erlebnis bieten möchte, «muss wissen, wie man mit den Erwartungen der Gäste umgeht», sagt Charles Spence in seinem Buch Gastrologik. So wie die Erinnerung, ist auch die Erwartungshaltung eng an das Geschmackserlebnis geknüpft.

In der Gastronomie kann man hierbei bereits bei der Namensgebung für das Gericht ansetzen. Eine Zusatzinformation wie etwa die genaue Herkunftsangabe bei Käse oder Brot kann reichen, um beim Gast positive Assoziationen hervorzurufen.

(Désirée Klarer)


Gastrophysik

Die Gastrophysik untersucht alle Faktoren, die einen Einfluss auf das Ess- und Trinkerlebnis haben. Einer, der sich intensiv mit dieser Thematik befasst, ist Charles Spence, Professor für Experimentalpsychologie an der University of Oxford.

www.kitchen-theory.com