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«Leider gibt es oft nur noch Fischknusperli»

Der Spitzenkoch ist bei der Tafelgesellschaft zum Goldenen Fisch für die Qualitätsprüfung zuständig. Er verrät, was ein gutes Fischrestaurant ausmacht und wie es um das Angebot in der Schweiz steht.

Bruno Keist sammelte als Koch Erfahrungen in der ganzen Welt, unter anderem bei Anton Mosimann in London. Heute ist er als Küchencoach tätig. (ZVG)

Bruno Keist, welchen Stellenwert geniesst Schweizer Fisch in der Gastronomie?
Allgemein lässt sich feststellen, dass Schweizer Fisch im Trend liegt. So gibt es beispielsweise Lachs aus Lostallo, Kaviar aus dem Tropenhaus Frutigen, Shrimps aus Rheinfelden und so weiter. In vielen Schweizer Seen gibt es leider nicht mehr allzu viele Fische, aber mittlerweile bauen auch immer mehr Bauern eine Fischzucht als Zusatzgeschäft auf, beispielsweise mit Zander oder Felchen. Schweizer Fisch hat seinen Preis, aber die Gäste sind bereit, für hohe Schweizer Qualität etwas mehr zu bezahlen.

Fisch ist nicht gleich Fisch. Welche Kriterien gelten, um die begehrte blaue Tafel der Tafelgesellschaft zum Goldenen Fisch zu erhalten?
Wichtige Punkte sind für uns Nachhaltigkeit und eine korrekte Deklaration. Aber auch eine gute Beratung, das Erscheinungsbild, die Herzlichkeit der Gastgeber und Details wie eine hauseigene Fischspezialität sind uns wichtig. Dass der Fisch frisch auf den Teller kommt und es mehrere Fischgerichte gibt, sollte selbstverständlich sein.

Wieso braucht es Ihrer Meinung nach in der Schweiz die Tafelgesellschaft zum Goldenen Fisch?
Interessant ist ja, dass die Tafelgesellschaft vor fast 54 Jahren aufgrund eines Fisch-Überflusses entstanden ist. Man wollte das Fischangebot in Restaurants ausbauen und den Fisch neben dem Fleisch mehr ins Rampenlicht rücken. Der Absatz von einheimischem Fisch sollte dadurch gefördert werden. Die Tafelgesellschaft hat sich damals einen grossen Stellenwert erarbeitet – ich selbst habe mit meinem Vater sonntags oft Betriebe mit den blauen Tafeln besucht.

Und wie sieht die Situation heute aus?
Heute ist es so, dass oft die Kreativität für ein abwechslungsreiches Fischangebot fehlt. Zudem ist Fisch im Einkauf gleich teuer wie Fleisch, weist aber eine schnellere Verderblichkeit auf. Das stellt ein Risiko für Wirte dar. Zudem braucht es gut ausgebildete Köche, welche auch das letzte Kilo des Fischs verwerten können, damit kein unnötiger Food Waste entsteht. Wir wollen, dass der Fisch in seiner ganzen Vielfältigkeit zelebriert wird und nicht nur als Knusperli auf der Karte steht. Das ist in den vergangenen Jahren leider immer mehr verloren gegangen. Neben dem Fisch geht es der Tafelgesellschaft aber auch um die soziale Komponente.

Inwiefern?

Wir leben in einer unglaublich digitalisierten Welt. Wenn ich im Zug sitze, schauen alle auf ihr Handy und sprechen kaum mit ihren Sitznachbarn. Bei uns wird auch das Soziale gefördert: Wir treffen uns regelmässig, tauschen uns aus, sprechen über aktuelle Probleme und Herausforderungen. Wir wollen es den Menschen schmackhaft machen, sich wieder persönlich zu treffen und auszutauschen, anstatt sich nur über das Internet und soziale Medien zu informieren.

Wie steht die Tafelgesellschaft zum Thema Wildfang versus Zuchtfisch?
Ursprünglich konzentrierten wir uns auf die Förderung von einheimischem Wildfang aufgrund des damaligen Überangebots. Heute sieht die Situation aber anders aus: Einheimischer Fisch ist rar, die Nachfrage grösser als das Angebot. Aquakulturen schiessen derzeit aus dem Boden. Zuchtfisch schmeckt anders als Fisch aus Wildfang, der sich mehr bewegt. Aber wer um die Unterschiede weiss, kann aus Zuchtfisch genauso tolle Gerichte zubereiten und dies ressourcenschonend, wenn dafür auf Import-Fisch verzichtet wird.

Sie sind bei der Tafelgesellschaft für die Qualitätsprüfung zuständig. Worauf achten Sie neben den offensichtlichen Kriterien noch?
Wenn in einem Restaurant am Montag frischer Fisch auf der Karte steht, werde ich stutzig. Denn weder die Fischer noch die Transportunternehmen arbeiten normalerweise übers Wochenende. Ich finde es besser, ein kleines Angebot zu haben, welches dafür qualitativ hochwertig ist. Dann muss man dem Gast vielleicht auch einmal sagen, dass nur noch drei statt der gewünschten vier Portionen Fisch da sind. Ich glaube, die meisten Gäste werden das nicht negativ aufnehmen. Im Gegenteil: Der Gast weiss dann, dass es hier ein frisches, begrenztes Angebot gibt. Das schafft Vertrauen.

(Interview Angela Hüppi)


Tafelgesellschaft zum Goldenen Fisch

Die Tafelgesellschaft zum Goldenen Fisch will die Fischkochkunst im Schweizer Gastgewerbe fördern, mit Fokus auf Fische aus heimischen Gewässern. Gaststätten mit hervorragender Fischküche wird als Auszeichnung die blaue Tafel mit dem goldenen Fisch-Signet verliehen.

goldenerfisch.ch