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Die Weinkarte so gestalten, dass sie eine Wirkung hat

Hans Gurtner weiss, wie man mehr Wein verkauft. Sein Wissen gibt er nun gratis an interessierte Gastgeber weiter.

Hans Gurtner war Manager auf Geschäftsleitungsstufe und ist Weingeniesser und diplomierter Sommelier aus Leidenschaft. (ZVG)

Dem Weinliebhaber Hans Gurtner ist aufgefallen, dass Gastgeber ihren Gästen zwar viel bieten wollen, aber dennoch nur beliebig zusammengestellte Weinkarten haben. Deshalb hat er sich, nach Jahren als Manager für Logistik und Geschäftsentwicklung bei der Post, zum Sommelier ausbilden lassen. Sein Wissen bietet er interessierten Gastgebern nun gratis an.

HGZ: Hans Gurtner, woran mangelt es in Bezug auf das Weinangebot am meisten?
Hans Gurtner: Das Angebot ist häufig nach den Vorlieben des Gastgebers zusammengestellt. Es passt kaum zum Lokal oder zum Speiseangebot. Auch entspricht es nicht dem Markt.

Im Durchschnitt konsumiert jede Schweizerin, jeder Schweizer 32 Liter Wein pro Jahr. Davon entfallen 19 Liter auf Rotwein, zehn Liter auf Weisswein und drei Liter auf Schaumwein. Die Nachfrage nach Schweizer Wein steigt. Ein Drittel der Gäste will nicht mehr als 45 Franken pro Flasche bezahlen, weniger als ein Drittel ist bereit, mehr als 60 Franken für eine Falsche Wein zu bezahlen. Gemäss einer Umfrage von Gastrosuisse finden 70 Prozent der Gäste ein glasweises Angebot von Offenwein sehr wichtig.

Worauf würden Sie bei der Gestaltung einer Weinkarte achten?
Auf eine ausgeglichene Harmonie zwischen den Eigenheiten des Hauses, der Kreativität der Speisen und den Vorstellungen des Gastes. Nur sie bringen wirtschaftlichen Erfolg. Ich nenne dies das magische Dreieck. Zudem sollte ein Teil des Angebots glasweise ausgeschenkt werden.

Das Haus oder Lokal als eine Ecke des Dreiecks ist vorgegeben und meist nur mit grossem Aufwand zu verändern. Dennoch stellen sich die Fragen nach den Zielgruppen und deren Ansprüche, der Position der Mitbewerber und der Preispolitik. Mit dem Speiseangebot wird der rote Faden des Getränkeangebots vorgegeben. So verlangt eine regionale Küche nach Weinen aus der Umgebung. Wer biologische Produkte verarbeitet, sollte unbedingt auch Bioweine anbieten. Zur Fusionsküche beispielsweise passen auch experimentelle und lebendige Weine, so genannte Naturweine. Die schwierigste Ecke ist die der Gäste. Viele sind Weinliebhaber, kennen sich aus mit Regionen, Rebsorten und vor allem mit Preisen. Wer heute einen süffigen Weisswein trinkt, kann morgen eine exklusive Flasche Rotwein bestellen. Viele Gäste sind jedoch auch offen für Empfehlungen. Besonders Stammgäste schätzen Tipps, die nicht auf der Weinkarte zu finden sind. Zum Beispiel Weine, die nur sehr beschränkt verfügbar sind, oder Crus, welche die optimale Trinkreife erreicht haben.

Aus wie vielen Weinen ist eine optimale Karte zusammengestellt?
Weniger ist mehr. Wenn man den Konsum spiegelt, reichen 32 ausgesuchte Positionen: drei Schaum-weine, zehn Weissweine inklusive Blanc de Noir und 19 Rotweinen inklusive Rosé. Dann rate ich zu einer «Réserve du Patron» für Empfehlungen.

Bei der Auswahl gilt es, alle Stile zu berücksichtigen. Also neutral, frisch, fruchtbetont, aromatisch, dicht, kräftig sowie mit einem Ausbau in Varianten. Ein wichtiger Erfolgsfaktor ist die Preisgestaltung. Entgegen den nach wie vor praktizierten Faktoren drei bis fünf, rechnen heute viele Gastronomen mit Deckungsbeiträgen zwischen 25 und 35 Franken pro Flasche.

Wie wichtig ist die Schulung der Mitarbeitenden?
Da der Einkäufer nur selten auch der Verkäufer ist, ist die Schulung elementar. Nur wer einen Wein kennt und weiss, wozu er passt, kann diesen auch empfehlen.

Apps wie Vivino kennen Fakten, Bewertungen und Preise. Wer im Service die Geschichten dazu erzählen kann, hat auf lange Frist gewonnen.

(Gabriel Tinguely)


Zur Person

Hans Gurtner stammt aus einer Unternehmerfamilie. Ein Glas Wein gehörte zum Essen. Mit seiner Marketingerfahrung will er helfen, den Weinverkauf erfolgreicher zu machen.

Mehr Informationen unter:

hans(at)gurtnerbm.ch