Kaum ein Gemüse wird so sehnlichst erwartet wie der Spargel. Von einem ausgesuchten Wein begleitet, weckt das Duo Frühlingsgefühle und verspricht einen ersten kulinarischen Höhepunkt im Jahr.
Veronika, der Lenz ist da, die Mädchen singen tralala. Die ganze Welt ist wie verhext, Veronika, der Spargel wächst. So lautet der Refrain eines bekannten Liedes. Während sich Max Raabe an das kurze Original hält, singt Tobias Betzbach über die Zubereitung der grünen und weissen Stangen. Im heissen Wasser ziehen lassen und mit Schinken und «Hollandaise» servieren, ist denn auch ein Klassiker unter den Frühlingsgerichten. Doch der Spargel ist ein virtuoser Alleskönner. Er schmeckt gekocht, gedämpft, gebraten oder gebacken gleichermassen köstlich. Manche mögen die saftigen weissen Stangen am liebsten roh an einer leichten Vinaigrette. Und der Spargel kennt keine Berührungsängste. Mit Ei, Käse, Fisch, Meeresfrüchten oder Fleisch – er lässt sich mit allem kombinieren.
Genau das macht es für den Sommelier so spannend. Wenn sich dieser an einige wenige Regeln hält, kann er zu Spargelgerichten fast alle Weine servieren. Die Eigenschaften, welche die Weinbegleitung zu Spargelgerichten aufweisen sollte, hat die Österreichische Weinmarketinggesellschaft (ÖWM) zusammengetragen. 1998 führte sie die offizielle Bezeichnung «Selektion Spargelwein» ein. Mit dieser werden seither ausgesuchte Weissweine prämiert, die besonders gut zu Spargelgerichten passen sollen. An der Selektion teilnehmen dürfen klassisch angebaute, trockene Weissweine mit maximal 13,5 Volumenprozenten Alkohol. Eine 24-seitige Broschüre mit Rezepten und Weinempfehlungen kann auf der ÖWM-Webseite heruntergeladen werden.
Bei den Spargelwein-Verkostungen haben Experten von ÖWM und «Gault Millau» herausgefunden, dass neben neutralen auch aromatische Sorten brillieren. Also nicht nur Weissburgunder und Chardonnay, sondern auch Sauvignon Blanc oder Muscat. Letzterer wird in der Spielart «Gelber Muskateller» vom Weinviertel bis in die Steiermark gerne zum Spargel getrunken. Dies sowohl als trockener Weisswein wie auch als spritziger Sekt.
Die süssen aromatischen Beeren der Muscat Blanc à Petits Grains oder der Birstaler Muskat werden als Tafeltrauben geschätzt. In Form von Wein ist Muscat hierzulande vor allem als perlender Moscato d’Asti oder süsser Passito erhältlich. Trocken ausgebaute Muscat-Weine sind rar.
Das erstaunt, wenn man bedenkt, dass Muscat eine der ältesten Rebsorten ist und weltweit in allen Weinbaugebieten angebaut wird. Vermutlich stammt die Sorte aus Griechenland oder Italien. Die genaue Herkunft und damit ein ursprünglicher Name sind nicht bekannt. Aus diesem Grund hat sich die französische Bezeichnung «Muscat Blanc à Petits Grains», kurz Muscat Blanc, international durchgesetzt. Gelber Muskateller, Muscat de Frontignan, Moscatel, Myskett oder Tamyanka sind nur einige der über 30 Synonyme. Muscat Blanc ist ein Elternteil zahlreicher Rebsorten. Aus der natürlichen Kreuzung mit Axina de Tres Bias ging Muscat d’Alexandrie hervor, die wiederum Stammmutter zahlreicher Sorten ist.
Das Merkmal aller Kreuzungen ist die unverkennbare Aromatik. Sie erinnert an ein Sekret männlicher Moschushirsche, das im fünften Jahrhundert nach Christus für die Herstellung exklusiver Parfums zum Einsatz kam. So wurde aus dem griechischen moskos das lateinische muscus und später das französische musc. Obwohl bereits Griechen und Römer die Rebsorte kultivierten, findet sich ihr Name erstmals in einem auf das Jahr 1230 datierten Dokument, das «vin extrait de raisins muscats», Wein aus Muskateller-Trauben, beschreibt. Muscat hat nichts zu tun mit der gleichnamigen Stadt in Oman. Und die Weinbezeichnung Muscadet de Sèvre-et-Maine ist irreführend. Dieser Wein von der Loire wird nämlich aus der Sorte Melon de Bourgogne gekeltert.
Interessanterweise wird trockener Muscat-Wein dort gekeltert, wo auch Spargel wächst: im Wallis, im Elsass, entlang der Donau und in Sizilien und Spanien. Sein an Rosen und Moschus erinnernder, durchaus etwas maskuliner Duft, kommt bei Frauen und Männern an. Und er harmoniert mit dem gemüsigen Geschmack der Spargel. «Unglaublich. So blumig, frisch, filigran, präsent und lang anhaltend habe ich Muscat nicht in Erinnerung», sagt Yvan Aymon, Präsident der Walliser Selbstkelterer, über den Muscat von Gilles Devayes aus Leytron.
«Sein dezent salziger Nachhall macht Lust auf einen weiteren Schluck. Schade, dass trockener Muscat in Vergessenheit geraten ist», bedauert der Weinfachmann. Spannend ist, dass trockener Muscat sein typisches Bouquet mit der Reife behält. Selbst zehnjährige Weine weisen noch eine gewisse jugendliche Frische auf. Der Grund, weshalb Muscat vom Radar der Sommelier verschwunden ist, liegt daran, dass die Weine lange Zeit weder Fisch noch Vogel waren. Also weder trocken noch richtig süss gekeltert wurden und somit kein richtiges Profil hatten.
Ein gutes Beispiel für die Umstellung auf charaktervolle, trockene Weine ist Sizilien. Im Westen der Insel, um die Städte Trapani, Marsala und Mazara del Vallo, wurde aus Muscat d’Alexandrie früher fast ausschliesslich der Likörwein hergestellt – aus angetrockneten Trauben oder mit Alkohol aufgespritet. Als der Absatz von süssen Weinen nachliess, lancierten die Winzer ihren Zibibbo mit grossem Erfolg in einer trockenen Version.
Weniger erfolgreich hingegen verläuft die Suche nach trockenen Muscat-Weinen. Im Fachhandel wenig präsent ist Österreich mit Gelbem Muskateller und das Elsass, wo Muscat eine Rebsorte mit Grand-Crus-Status ist, häufig aber mit Restsüsse abgefüllt wird. Schweizer Muscat bezieht man am besten direkt beim Winzer.
Für die Gastronomie sind trockene Muscats nicht nur ideale «Spargelweine». Sie ergänzen sich mit der vegetarischen Küche, mit Fisch, Meeresfrüchten und leichten asiatischen Gerichten. Blumig frischer Muscat ist ein idealer Aperitif- und Sommerwein. Viele Gäste werden eine Empfehlung dankbar entgegennehmen und auf den aromatischen Muscat-Geschmack kommen.
(Gabriel Tinguely)
ist bis auf seltene Ausnahmen weiss. Dieser sollte trocken sein. «Spargelweine» brauchen einen mittleren bis vollen Körper, aber nicht zu viel Alkohol. Meist passen Weine mit zwei bis drei Jahren Reife besser als der letzte Jahrgang. Die Säure muss elegant eingebunden und fein sein. Botrytis und Holznoten sind kein Vorteil.