Erfolgreicher Start an der SHL: «ID Loop» bringt reflektierte Impulse

Die SHL Schweizerische Hotelfachschule Luzern erklärt ihr neues Programm zur Entwicklung überfachlicher Kompetenzen – den ID Loop.

Josef Jans und Christa Augsburger. (ZVG)

HGZ: Christa Augsburger und Josef Jans, wie sind Sie ins neue Studienjahr gestartet?

Christa Augsburger (CA): Der Schulstart ist sehr gut geglückt. Am ersten Schultag spürte man eine Mischung aus Aufregung, Erwartung, freudigem Wiedersehen und Euphorie. Erfreulich ist auch, dass wir sowohl im deutsch- als auch im englischsprachigen Bildungsgang mit vollen Klassen starten konnten. Das werte ich als Zeichen, dass wir eine grosse Attraktivität in der Tertiärbildung im Bereich Hotellerie und Gastronomie geniessen.

Die SHL beschreibt sich selbst als agile Schule, welche die Lerninhalte stetig kritisch überdenkt. Was ist die grösste Neuerung in diesem Bereich?

CA: Die grösste Neuerung ist sicherlich, dass wir die Schulung der überfachlichen Kompetenzen neu aufgegleist haben. Wir haben über ein Jahr lang daran gearbeitet, das Programm an aktuelle Technologien und neue wissenschaftliche Erkenntnisse anzupassen und es gleichzeitig aufzufrischen. Entstanden ist der «ID Loop».

Warum hat die SHL damit angefangen, die überfachlichen Kompetenzen zu schulen?

CA: Wir stellen uns immer wieder die Frage, was wir überhaupt lehren müssen. Auf der einen Seite gibt es Vorgaben durch den Rahmenlehrplan, auf der anderen Seite wollen wir die schnellen Ent-wicklungen in der Branche berück-sichtigen. Antworten darauf kennen Fachleute aus der Branche, die wissen, welche Kompetenzen notwendig sind, um ein Unternehmen langfristig erfolgreich zu führen. Auf dieser Grundlage hat die SHL vor rund zehn Jahren ein eigenes Kompetenzmodell entwickelt, indem sie erfolgreiche Hoteliers und Hotelièren begleitet und deren Arbeitsalltag genau beobachtet hat. Dabei zeigte sich, dass nebst umfangreichem Fachwissen insbesondere eine Vielzahl an überfachlichen Kompetenzen unabdingbar sind, um zu reüssieren. Die SHL gehörte in der Schweiz zu den ersten Schulen, die überfachliche Kompetenzen systematisch in den Lehrplan aufgenommen haben.

Was sind Ihre persönlichen Highlights aus dem «ID Loop»?

CA: Der Rückblick auf das absolvierte Praktikum ist für mich ein ganz wichtiger Bestandteil und ein Highlight des Programms. Es geht darum, zu analysieren und zu reflektieren, was während des Praktikums passiert ist und wie es einen beeinflusst hat. In der Vergangenheit haben wir oft die Erfahrung gemacht, dass die Erlebnisse im Praktikum zu schnell abgehakt wurden. Dabei geht die Chance verloren, aus diesen Erlebnissen etwas Positives mitzunehmen und vor allem aus schwierigen Situationen wichtige Lehren zu ziehen – sei es für das nächste Semester, das nächste Praktikum oder für das gesamte Berufsleben.

Josef Jans (JJ): Mein persönliches Highlight am «ID Loop» ist, dass es effektiv ein «Loop» ist, also ein Kreislauf. Das bedeutet, dass viele Elemente, wie zum Beispiel die erwähnte Reflexion, in jedem Semester wieder aufgegriffen werden. Diese Wiederholungen sind wichtig, weil sie den Studierenden helfen, nicht nur an der Oberfläche zu bleiben. Ein weiteres Highlight sind die «ID Loop»-Days, an welchen wir – im Wald, bei der Feuerwehr oder auf der Rigi – die Themen vom «ID Loop» in die Umsetzung bringen. Unsere Studierenden erleben an diesen Tagen, wie sie die überfachlichen Kompetenzen in der Praxis nutzen können.

Sie haben beide die Reflexion erwähnt. Wie läuft diese im Unterricht ab?

CA: Im Reflexionsteil, der einen halben Tag dauert, gehen die Studierenden die Praktikumsmonate gedanklich noch einmal für sich alleine durch. Sie sollen ihre persönlichen Highlights benennen und schwierige Situationen ver-gegenwärtigen. Anschliessend erfolgt der Austausch in Kleingruppen. Die Studierenden beschreiben einander ihre Erlebnisse und gewinnen dadurch oft neue Erkenntnisse, da einem manche Dinge erst beim Erzählen bewusst werden. Dabei geht es auch darum, die eigenen Gefühle in Worte zu fassen. Zum Schluss ziehen die Studierenden ein Fazit: Was kann ich daraus lernen? Was habe ich gut gemacht, und was würde ich beim nächsten Mal anders machen? Erst durch diesen Prozess erhält das Praktikum im Bereich der überfachlichen Kompetenzen seinen vollen Wert.

JJ: Wichtig ist, dass wir die Studierenden während des ganzen Reflexionsprozesses begleiten. Dieser basiert auf der Theorie U von Otto Scharmer. Sie zielt darauf ab, sich mit Erfahrungen aus der Vergangenheit zu verbinden, die aktuelle Situation zu betrachten und zu überlegen, was diese Erlebnisse über die eigene Persönlichkeit offenbaren. Im Anschluss daran denken die Studierenden gemeinsam darüber nach, wie sie dieses Wissen für die Zukunft nutzen können. Ziel des Reflexions-Halbtages ist es, aus der Vergangenheit zu lernen, sich selbst besser kennenzulernen und positive Veränderungen für die Zukunft anzustreben. Um sich voll und ganz zu konzentrieren, sind elektronische Medien während des Reflexionsprozesses nicht erlaubt.

Wie wichtig ist Ihrer Meinung nach Reflexionskompetenz?

CA: Die Fähigkeit, das eigene Verhalten reflektieren zu können, ist meiner Meinung nach eine zentrale Kompetenz für das persönliche Weiterkommen und die Karriere eines Menschen. Und wie jede Fähigkeit muss auch diese geübt werden, um sie zu verbessern, auch wenn der Prozess unangenehm sein kann. Deshalb sind wir so konsequent, wenn es darum geht, dass die Reflexion ein verpflichtendes Element ist, an dem die Studierenden teilnehmen und es auch bestehen müssen.


«Die Studierenden sollen starke Persönlichkeiten sein.»

Josef Jans, Leitung Business Development & Innovation


Bestehen? Heisst das, der «ID Loop» wird bewertet?

JJ: Ja, das wird er. Wir haben uns lange über diesen Punkt unterhalten und wurden von vielen Expertinnen und Experten dazu ermutigt, dieses Fach genauso zu behandeln wie Finanzen oder Mar-keting. Wenn wir selbst überzeugt sind, dass die überfachlichen Kompetenzen die gleiche Wertigkeit haben wie diese Fächer, dann müssen wir sie auch bei der Bewertung gleichbehandeln.

In den letzten zwei Wochen fanden bereits Reflexions-Halbtage statt. Wie haben die Studierenden reagiert?

JJ: Es war unglaublich zu sehen, wie die Studierenden einander für volle zwölf Minuten fokussiert und empathisch zugehört haben. Es wurde deutlich, wie gut es tut, auf diese Weise miteinander zu kommunizieren und wie viel man voneinander lernen kann. Das Feedback der Studierenden war sehr positiv – sie schätzen es, sich die Zeit für die Reflexion nehmen zu können und dabei angeleitet zu werden. Einen Tag nach der ersten Reflexion haben mir drei Studierende erzählt, dass sie sich im Anschluss an die Reflexion noch einmal zusammengesetzt haben, um offenes und ehrliches Feedback zu geben – ganz ohne zu werten. Das war ein echter «Wow»-Moment für mich, denn es zeigt, dass unsere Studierenden diese Methode als bereichernde Erfahrung für sich selber sehen.

Was erhofft sich die SHL vom «ID Loop»?

JJ: Wir verfolgen ganz klar das Ziel, unsere Studierenden auf ihrem Weg zu starken Persönlichkeiten zu begleiten. Wir möchten, dass sie während der Praktika und auch nach ihrem Abschluss an der SHL ein tiefes Verständnis für sich selbst entwickeln, ihre eigenen Werte kennen und wissen, was sie in ihrem Leben erreichen möchten. Durch den «ID Loop» wollen wir sicherstellen, dass sie diesen Weg nicht aus den Augen verlieren.

(doe)


Persönlich

SHL Direktorin Christa Augsburger und Josef Jans, Leitung Business Development & Innovation, setzen sich für die Weiterentwicklung der Schulung von überfachlichen Kompetenzen an der SHL Schweizerischen Hotelfachschule ­Luzern ein und ­haben die Entwicklung des «ID Loop»-Programms stark mitgeprägt. Josef Jans führt zudem «ID Loop»-Module in den Klassen durch und erlebt dessen Einfluss auf die Studierenden in Echtzeit.


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shl.ch