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Fisch mit Wow-Effekt

Fische aus Schweizer Herkunft fristen in der Gastronomie ein Nischendasein, obwohl es genügend nachhaltige Zuchtbetriebe gibt. Die Tafelgesellschaft zum Goldenen Fisch will das ändern.

  • Die Tafelgesellschaft zum Goldenen Fisch feiert ihr 50-Jahr-Jubiläum. Sie setzt sich für mehr Schweizer Fische in der Gastronomie ein – wie beispielsweise für diesen Zander. (Bilder Claudia Link)
  • Im Park-Hotel am Rhein in Rheinfelden/AG wird noch mit ganzen Fischen gearbeitet. Ein Handwerk, das heute oft vergessen geht.

Das Park-Hotel am Rhein in Rheinfelden/AG liegt mitten in einem malerischen Park direkt am Rhein. Da liegt es nahe, dass der Fisch im kulinarischen Angebot des Kur- und Ferienhotels die Hauptrolle spielt. Schon früher  wurde im Hotel mit 55 Zimmern plus Residenzwohnungen und Rehazimmern viel Fisch serviert – damals noch hauptsächlich frisch aus dem Fluss und aus Schweizer Seen. Heute sind die Fischbestände stark rückläufig, und Küchenchef Ernst Tobler muss meist auf Zuchtfische zurückgreifen. Je nach Bestellung ist Flexibilität gefragt: «Nicht immer erhalten wir den Fisch, den wir gerne möchten, in ausreichender Menge», so Tobler. «Dann müssen wir schnell reagieren und kreativ werden.»

Seit über zehn Jahren ist das Park-Hotel am Rhein Mitglied der Tafelgesellschaft zum Goldenen Fisch. «Das Netzwerk hilft uns, geeignete Züchter zu finden, und wir schätzen den Austausch mit anderen Goldfisch-Restaurants sehr», sagt Tobler. Auch immer mehr Bauern haben heute zusätzlich eine Fischzucht: «Das begrüssen wir sehr. So können wir die Fische noch regionaler beziehen und die Betriebe auch regelmässig vor Ort besuchen.» Die Mitgliedschaft bei der Tafelgesellschaft bietet aber nicht nur ein wichtiges Netzwerk, sondern ist auch ein Statement für nachhaltigen Fischgenuss auf höchstem Niveau.

Modern und kreativ

Wie das aussehen kann, zeigt das Team von Küchenchef Ernst Tobler anhand von drei Rezepten mit Schweizer Fisch. Dafür verwendet es einen Swiss Lachs aus der alpinen Lachszucht in Lostallo/GR, eine Forelle aus der Forellenzucht Orishof in Liestal/BL und einen Zander aus dem Neuenburgersee, bezogen über Bianchi. «Da viele Kleinproduzenten an Bianchi liefern, ist das für uns eine grosse Hilfe. Damit sparen wir die
Zeit, die Produzenten selbst zu suchen und zu kontaktieren», so Ernst Tobler. Die Forelle, frisch aus dem hoteleigenen Forellenbecken, kommt kurzfristig zum Einsatz – die gewünschte Felche konnte nicht rechtzeitig geliefert werden. «Je nach Rezept kann man den Fisch zum Glück relativ einfach mit einer anderen Art ersetzen», so Tobler. Die drei Rezepte (siehe nächste Seite) sollen interessierte Köche inspirieren, Fischspeisen modern und kreativ zu interpretieren. «Es sind etwas aufwendigere Gerichte, die bei uns eher im Bankettservice serviert werden. Für den A-la-carte-Service müsste man sicher einige Handgriffe weglassen», sagt der Küchenchef.

Mit drei ganz verschiedenen Restaurants ist das Küchenteam des Park-Hotels schnelles Umdisponieren gewohnt. So liegt beispielsweise im Park-Café der Fokus auf Klassikern wie Leberli mit Rösti, dazu ergänzen Süsswasserfisch-Gerichte sowie hausgemachte Pâtisserie das Angebot. Für die Hotelgäste gibt es ein Frühstücksbuffet sowie ein Mittags- und Abendmenü mit Fisch, Fleisch oder Vegi sowie eine kleine Ausweichkarte. Das Gourmet-Restaurant Bellerive ist auf Salzwasserfische spezialisiert. Neben einem vielfältigen à la carte mit vorwiegend Fischgerichten ist der Fischwagen ein Highlight für die Gäste. Täglich werden ganze Fische wie Steinbutt, Wolfsbarsch, Seeteufel oder Seezunge angeboten, die Gäste können Menge und Zubereitungsart selbst wählen. Dazu gibt es einige wenige ausgewählte Fleischgerichte wie Chateaubriand oder Bœuf Stroganoff. Zu den Restaurants kommen der Roomservice für die Hotelgäste sowie die Lieferung des Essens an die Rehaklinik, die im Hotel integriert ist.

Dieser Spagat zwischen Spezialkost, Gourmet-Menüs und abwechslungsreichen Menüplänen für die Langzeit-Kurgäste verlangt den Mitarbeitenden einiges ab. «Zum Glück habe ich viele langjährige Mitarbeiter, die teilweise seit über 10 Jahren hier sind», sagt Küchenchef Ernst Tobler, der selbst seit 23 Jahren im Park-Hotel arbeitet. Im Idealfall bestünde sein Team aus 16 Mitarbeitern inklusive Lernenden und Hilfskräften. Geeignetes Fachpersonal zu finden, ist allerdings nicht so einfach. «Hier hilft uns die Spezialisierung auf Fischgerichte etwas», so Tobler. Denn im Park-Hotel kann man noch lernen, mit ganzen Fischen zu arbeiten. «Es ist schade, dass dieses Handwerk immer mehr verloren geht», so Tobler. «Ohne die entsprechende Übung können viele junge Köche gar nicht mehr filetieren.»

Ziel: 80 Prozent Fischgerichte

Über die Jahre ist der Fokus auf Fischgerichte im Park-Hotel am Rhein immer wichtiger geworden. «Unser Ziel ist es, den Anteil an Fischgerichten im Restaurant Bellerive in den nächsten Jahren auf 80 Prozent zu steigern», sagt Vizedirektorin Brigitte Schär. Derzeit beträgt der Anteil 60 bis 70 Prozent. Schon jetzt wird also ein grosser Teil des Umsatzes mit Fischgerichten erwirtschaftet. «Fisch passt perfekt zu den Ansprüchen unserer Kurgäste: Er ist leicht und gesund und wird entsprechend oft bestellt.»

Allerdings hat Fisch seinen Preis – vor allem Fisch aus nachhaltiger Zucht. «Nicht jeder ist bereit, diesen Preis zu bezahlen. Unsere Kundschaft mussten wir uns über die Jahre erarbeiten», so Schär. Für die Gäste ist man ständig auf der Suche nach Nischenprodukten, um sich von der Konkurrenz abzuheben. So ist man derzeit zum Beispiel an den neuen Swiss Shrimps interessiert. Die Zusammenarbeit bietet sich besonders an, da sich die Schweizer Shrimpsfarm ebenfalls in Rheinfelden befindet. «Für ein Event konnten wir die Shrimps bereits testen. Im Geschmackstest haben sie uns absolut überzeugt», so Schär. Einziger Wermutstropfen: Die Shrimps kosten rund 100 Franken pro Kilogramm. «Es wird sich zeigen, ob unsere Gäste bereit sind, diesen hohen Preis zu bezahlen», sagt Brigitte Schär. Wenn man den Preis mit der nachhaltigen Schweizer Herkunft begründen könne, hätten die meisten Gäste aber eher Verständnis dafür.

Die Gäste verblüffen

«Die Spezialisierung auf Fischgerichte hebt uns von anderen Betrieben ab», sagt Brigitte Schär. Die blaue Tafel, mit der die Mitgliedsbetriebe der Tafelgesellschaft ausgezeichnet werden, steht für Qualität und Nachhaltigkeit und hilft, dies den Gästen ­bereits von aussen zu vermitteln. «Zudem schätzen wir das wertvolle Netzwerk und das Know-how, die die Tafelgesellschaft uns bereitstellt», so Schär.

Die Tafelgesellschaft setzt sich seit 50 Jahren dafür ein, dass Fisch aus Schweizer Herkunft in Restaurants respektvoll, mit viel Kreativität und auf hohem gas- tronomischem Niveau verwendet wird. «Wir suchen kreative Gastronomen und Top-Küchenchefs, die ein ausgeprägtes Flair für die Zubereitung von vorzugsweise schweizerischem und wenn möglich auch regionalem Fisch haben», sagt Tafelmeister Peter Gander. Der Gast müsse spüren, dass der Fisch eine persönliche Leidenschaft des Gastbetriebs ist. «Die Gerichte müssen deshalb die unverkennbare Handschrift des Küchenchefs tragen, so dass beim Gast jedes Mal ein Wow-Effekt eintritt.» Diese Überraschung wollen auch Ernst Tobler und sein Team bei ihren Gästen immer wieder aufs Neue auslösen. Wie sie das schaffen, zeigen die drei Rezepte, die sie für uns kreiert haben.

(Angela Hüppi)


Tafelgesellschaft zum Goldenen Fisch

Die Tafelgesellschaft zum Goldenen Fisch wurde 1969 im Hotel Sternen in Walchwil am Zugersee gegründet. ­Mitte der 1960er-Jahre ging es den Berufsfischern in der Schweiz wirtschaftlich ­zu­nehmend schlechter. Für einmal waren es nicht ausbleibende Fänge, welche die Exis­tenz der Fischer ­bedrohten, sondern der grosse Überschuss an inländischen ­Fischen, der sich in dieser Menge kaum noch absetzen liess. Den Grundstein zur ­Tafelgesellschaft legten ­Berufsfischer, Fischhändler, Fischverkäufer und Gastronomen gemeinsam. Zielsetzung des Vereins war es, den Verzehr und die möglichst kreative Zubereitung des ­einheimischen Fisches zu ­fördern. Der Verzehr von Fisch wurde zum kulinarischen ­Erlebnis – und die blaue Tafel garantiert auch heute noch Fischkochkunst erster Güte.