In ihrem ersten Jahr konnte die Plattform Circunis Lebensmittelüberschüsse greifbar machen und erste Erfolge verbuchen. Doch der Wandel braucht weiterhin viel Arbeit.
Seit April 2024 werden auf der Plattform Circunis Lebensmittelüberschüsse sicht- und messbar. 500 Kilo Datteltomaten, zweieinhalb Tonnen Bohnen, eine Tonne gefrorene Erdbeeren. Das sind Produkte, die sich viele vorstellen, wenn sie an Überschüsse denken. Doch Überschüsse sind auch Fertigprodukte wie Limetten-Cake und gefüllte Laugenbrezeln. Oder 4000 Liter alkoholfreier Wein, 200 Kilo Lachs und zweieinhalb Tonnen Couverture.
Produzenten können auf Circunis ihre überschüssigen Lebensmittel inserieren und sich so mit möglichen Abnehmern vernetzen. Rund 70 Unternehmen nutzen die Plattform bereits. «Unser Ziel für 2024 haben wir erreicht. Wir haben Unternehmen verschiedener Grösse aufgenommen und das Angebot an Lebensmittelgruppen erweitert», erzählt Geschäftsführerin Olivia Menzi. «Wir müssen den Menschen zuerst zeigen, was Überschuss überhaupt ist.» Gerade wenn es um Fleisch oder beispielsweise Tonnen an Schokolade gehe, betreffe das auch das Team. «Wenn man bedenkt, wie viele Ressourcen in diesen Produkten stecken.»
Kommunikation ist für das Circunis-Team zentral. «Wir wussten, dass wir schnell viele Überschüsse hereinbekommen und nicht alles verkauft werden kann. Wandel braucht Zeit.» Ihre Aufgabe sei es, die Anbietenden zu motivieren, dranzubleiben. Und möglichen Abnehmern zu zeigen, was mit Überschüssen möglich ist.
Genauso wichtig sei es, mit falschen Vorstellungen aufzuräumen: «Wir haben nicht nur Produkte, die heute oder morgen verbraucht werden müssen. Eine langfristigere Planung, zum Beispiel für Gastronomiebetriebe, ist möglich.» Eine weitere Erkenntnis sei gewesen, dass viele Nutzer sich nicht trauen, zu verhandeln. «Das ist etwas, was wir in der Schweiz noch lernen müssen.» Und in den Anbieter-Betrieben brauchen die Verantwortlichen die Befugnis, die Überschuss-Ware auch günstiger abzugeben.
Die Nutzer der Plattform Circunis zahlen eine Jahresgebühr, die sich nach dem Umsatz des jeweiligen Betriebs richtet. (zvg)
Inspirierende Beispiele hat Circunis einige hervorgebracht: «Wir hatten zum Beispiel überschüssigen gefrorenen Kürbis auf der Plattform», erzählt Menzi. «Die Goba AG aus Appenzell hat daraus pünktlich zum Saisonstart und mit grossem Erfolg ein limitiertes Kürbisketchup produziert.»
Auch das Zürcher Restaurant Rüsterei rettete bereits über Circunis Lebensmittel, unter anderem 300 Kilo Kichererbsen. Um die Möglichkeiten für die Hotellerie und Gastronomie aufzuzeigen, lancierte Circunis kürzlich ein Projekt gemeinsam mit Hotelleriesuisse. 20 Hotelbetriebe nutzen die Plattform für sechs Monate, dabei werden sie eng begleitet und Feedback systematisch erfasst. «Wir wollen Erfahrungen sammeln, wie Circunis aus Sicht der Hotelbetriebe funktioniert und was deren Bedürfnisse sind», sagt Olivia Menzi. Mit von der Partie ist das The Lab Hotel zusammen mit der Hotelfachschule Thun/BE – als eigenständiges Hotel fungiert es als dritter Lernort der Hotelfachschule. «Wir konnten bisher drei Einkäufe über Circunis abwickeln, was zu unserer vollen Zufriedenheit funktioniert hat», erzählt Cécile Rösselet, Project Assistant Innovation und Lifelong Learning. Konkret ging es um 40 Kilo Fischfilet sowie20 Kartons Raw Cakes, die das The Lab Hotel von verschiedenen Anbietern bezogen und ins Mittagsmenü integriert hat. Die bezogenen Mengen seien zwar etwas klein gewesen, doch bei der aktuellen Auslastung des Betriebes sei das in Ordnung. «Wir nutzen die Plattform noch nicht lange», so Rösselet. «Doch wir sind bisher sehr zufrieden und würden es anderen Betrieben empfehlen, Circunis zu testen.»
(Alice Guldimann)