Die zweite Tagung für Berufsbildner aus der Zentralschweiz zeigte auf, was Lernende aktuell beschäftigt.
«Jungen Menschen muss ehrliche Wertschätzung entgegengebracht werden.» So das Statement von Reto Walther, Geschäftsführer des Schweizer Kochverbands, bei der zweiten Tagung für Berufsbildnerinnen und Berufsbildner aus den Bereichen Küche, Service und Hotelkommunikation. 125 Berufsbildende aus der Zentralschweizer Gastrobranche fanden sich in Luzern ein, um über die Anliegen, Sorgen und Wünsche ihrer Lernenden zu sprechen.
Reto Walther stellte die Ergebnisse der Lernenden-Befragung 2023 der Hotel & Gastro Union vor. Die Ergebnisse sind bezeichnend: Nur 46 Prozent der Befragten werten das Image der Branche als gut bis sehr gut. Ein Drittel leistet zudem aufgrund von Personalmangel jede Woche Überstunden. Ebenfalls interessant: Jugendliche, die in kleinen Betrieben lernen, bleiben gemäss Umfrage am ehesten im Beruf. Für Reto Walther ist klar: «Lernende, die top ausgebildet und motiviert ins Berufsleben starten, bleiben der Branche eher treu.»
Die beiden Psychologinnen Patricia Bachmann und Sarah Jäger von der Dienststelle Berufs- und Weiterbildung Kanton Luzern thematisierten in ihrem Vortrag die gestiegene Zahl psychologisch begleiteter Jugendlicher in der Gastronomiebranche. «Aufgrund des Fachkräftemangels entsteht zunehmender Druck auf die verbleibenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter», so Bachmann.
Reto Walther, Geschäftsführer schweizer Kochverband
Die vorgestellten Zahlen sind alarmierend: Ein Drittel der 14- bis 19-Jährigen in der Schweiz und in Liechtenstein sind von psychischen Problemen betroffen. Im Jahr 2021 waren psychische Probleme zudem der häufigste Grund für einen Spitaleintritt. Das schlägt sich auch aufs Sozialsystem nieder: Seit 1997 haben sich die IV-Renten von Personen unter 30 Jahren verdreifacht. Und besonders erschreckend: Bei den 15- bis 24-Jährigen zählt Suizid zu den häufigsten Todesursachen.
Zu den Risikofaktoren für psychische Erkrankungen zählen gemäss Bachmann und Jäger unter anderem psychische Gewalt, Mobbing- und Diskriminierungserfahrungen sowie soziale Benachteiligung. Um resilienter gegenüber Krisen zu sein, brauche es sichere und wertschätzende Bindungen, das Vertrauen in sich selbst, Probleme eigenständig lösen zu können, sowie eine gute Sozialkompetenz. Arbeitgeber und Berufsbildner sollten diese Fähigkeiten gezielt stärken – insbesondere in einer Branche, die nicht selten von Hektik, unregelmässigen Arbeitszeiten und teils wenig Mitbestimmung geprägt ist.
Berufsbildende können Ansprechpersonen, Ratgeber, Vorbilder und Motivatorinnen sein. Dabei gilt es insbesondere, auf Frühwarnzeichen wie plötzliche Leistungsabfälle, Gereiztheit, Fehlen bei der Arbeit oder ein verändertes Erscheinungsbild zu achten. Bei solchen Warnzeichen ist das Gespräch zu suchen. Dabei liegt der Fokus gemäss den beiden Psychologinnen darauf, herauszufinden, was es in der jetzigen Situation braucht – ohne auf leere Floskeln zurückzugreifen oder eine sofortige Lösung anzustreben. In schwierigen Fällen können begleitende Angebote wie die Fachstelle Berufsintegration FBI und die Fachstelle Psychologische Beratung Berufsbildung und Gymnasien FPB die Berufsbildner unterstützen.
(ahü)