Corinne Blunschi hat sich neun Jahre lang im Vorstand des Berufsverbands Hotel, Administration & Management für Arbeitnehmende eingesetzt. Nun ist sie Arbeitgeberin.
Corinne Blunschi, was hat Sie dazu bewogen, den Schritt in die Selbständigkeit zu wagen?
Ich habe Konditorin-Confiseurin gelernt und träumte schon früh vom eigenen Café. Zuvor wollte ich aber über das Konditorei-Handwerk hinaus fundiertes Wissen erwerben und besuchte die Hotelfachschule Belvoirpark in Zürich. Nach dem Abschluss war ich 23 Jahre alt. Damals fühlte ich mich zu jung und unerfahren für einen eigenen Betrieb. Inzwischen habe ich Erfahrungen im Service, am Empfang und in der Hoteladministration gesammelt. Das hat mir auch alles sehr gut gefallen, aber der Wunsch nach dem eigenen Café wurde immer stärker. Darum habe ich entschieden, dass die Zeit nun reif ist, meinen Traum zu verwirklichen.
Wieso haben Sie ein Café eröffnet? Bei Ihrem Fachwissen hätte es doch auch ein BnB oder Restaurant sein können.
Ein BnB würde mir auch gefallen. Mal sehen, vielleicht mache ich das später einmal. Für ein Café habe ich mich entschieden, weil ich die Arbeit als Konditorin-Confiseurin sehr mag. Ich wollte zu meinen beruflichen Wurzeln zurück. Ausserdem gefällt es mir, als Gastgeberin den Menschen eine kleine, genussvolle Auszeit aus ihrem Alltag zu ermöglichen.
Ihr Café trägt den Namen «Glückbar». Wie sind Sie auf diesen gekommen?
Ich wollte einen Namen, der positive Emotionen weckt. Glückbar ist ein Wortspiel. Es ist ein neues Adjektiv wie essbar oder trinkbar, stellt aber auch den Bezug zu einer Kaffee-Bar her.
Apropos essbar: Gibt es eine Spezialität des Hauses?
Das sind unsere Cremeschnitten. Sie kommen optisch etwas anders daher als die klassische Variante. Auch der Sonntagsbrunch mit Egg Benedict oder Egg Florentine sowie French-Zopf, einem French Toast aus Zopf, sind sehr beliebt.
Corinne Blunschi hat mit der «Glückbar» einen Jugendtraum verwirklicht. Sie ist Chefin von vier Mitarbeitenden, die sich 180 Stellenprozente teilen. (zvg)
Sie sind zum ersten Mal Chefin. Wie haben Sie sich auf diese Rolle vorbereitet?
Ich bin tatsächlich zum ersten Mal Arbeitgeberin. Aber ich hatte schon an der Réception Führungsverantwortung. An unterschiedlichen Arbeitsstellen habe ich neben Mitarbeitenden auch Hotelfachschulpraktikanten und Lernende betreut. Zudem habe ich Weiterbildungen zur Berufsbildnerin etwa und Kurse zur Transaktionsanalyse besucht. Im Laufe meiner Karriere hatte ich selbst gute und weniger gute Vorgesetzte. Von beiden habe ich vieles gelernt, was ich kopieren, aber auch was ich vermeiden oder besser machen möchte.
Was an der Position der Arbeitgeberin fällt Ihnen leicht? Was schwer?
Die Bedürfnisse der Mitarbeitenden zu verstehen und ihnen auf Augenhöhe und mit Respekt zu begegnen, fällt mir leicht. Auch kann ich ihre Ideen und Verbesserungsvorschläge gut annehmen. Andererseits bin ich für eine Chefin manchmal noch zu nett.
Sie sind seit 2015 im Vorstand des Berufsverbands Hotel, Administration & Management. Konnten Sie von Ihrer Verbandsarbeit für Ihre Selbständigkeit profitieren?
Ja, vor allem von den Kontakten zu Berufskollegen im eigenen und in den Partnerverbänden. So hat mir eine Vorstandskollegin bei den Stellenausschreibungen geholfen. Kollegen vom Berufsverband Bäckerei & Confiserie haben mir Empfehlungen zu Geräten für die Backstube gegeben. Eine Vorstandskollegin der Region Zürich hat mir den ersten Geschäftskunden vermittelt, den wir regelmässig beliefern dürfen. Wieder andere gaben mir Tipps zur Pensionskasse. Durch meine Arbeit im Vorstand und die Weiterbildungsanlässe, die wir dort für die Mitglieder organisierten, konnte ich vieles lernen, was mir jetzt nützt. Zum Beispiel über Kommunikation, Arbeitsrecht, Cyber Security und künstliche Intelligenz.
Diesen Herbst endet Ihre Vorstandstätigkeit im Berufsverband. Ist das die Folge Ihres Wechsels auf die Arbeitgeberseite?
Einerseits ja, andererseits nein. Denn eine erneute Kandidatur für einen Sitz im Vorstand wäre auch ohne meinen Wechsel auf die Arbeitgeberseite unmöglich. Ich befinde mich in der dritten Amtsperiode. Wegen der Amtszeitbeschränkung darf ich nicht mehr zur Wahl antreten. Obschon ich keine Arbeitnehmerin mehr bin, arbeite ich noch bis zur Delegiertenversammlung im November im Vorstand mit. Seit der Eröffnung meiner Glückbar allerdings ohne Stimmrecht.
(Riccarda Frei)
Corinne Blunschi ist Inhaberin und Gastgeberin der «Glückbar» in Zürich. Bevor sie den Schritt in die Selbständigkeit wagte, war die Konditorin-Confiseurin und Hotelfachschulabsolventin als Koordinatorin Bildung am Universitätsspital Zürich tätig. Davor arbeitete sie in diversen Funktionen in Hotels an der Réception und im Service.