Jedem seinen Laib Käse

Wenn der Sommer zu Ende geht, ist es für die Bergbauern an der Zeit, ihre Tiere ins Tal zu treiben. Dann kommt auch der Moment, den auf der Alp produzierten Käse gerecht aufzuteilen.

Das Justistal liegt oberhalb des Thunersees im Berner Oberland. Eine Legende besagt, dass der Name auf Justus, dem Weggefährten des Heiligen Beatus, zurückgeht. Während Beatus in einer Höhle hauste, verschlug es Justus in dieses Tal.

Dass dieses über die Region hinaus bekannt ist, hat es einem 300 Jahre alten Brauchtum zu verdanken: die Chästeilet, die vor dem Alpabzug auf den neun Alpen stattfindet. An diesem Tag werden die im Sommer hergestellten ­Käselaibe durch ein spezielles Losverfahren an die Viehbesitzer verteilt, die sie weiterverkaufen. Die Chästeilet findet jeweils am Freitag vor oder nach dem Eidgenös-sischen Dank-, Buss- und Bettag statt. Dieses Jahr fällt der Anlass auf den 20. September.

Ab 10 Uhr morgens wird der Käse von rund 250 Kühen, welche die Bauern aus Sigriswil auf die Alpen gebracht haben, geteilt. Sieben der neun Alpen teilen bei ihren Käsespeichern, welche unterhalb der Alp Spycherberg liegen. Die Alp Spycherberg und die Alp Grön teilen bei ihren Hütten.

Der Anlass zieht jeweils rund 2000 Besucher an, die dem Schauspiel der Chästeilet beiwohnen und mit den Älplern feiern. Im Anschluss an die Teilet ziehen die Sennerinnen und Sennen mit dem geschmückten Vieh ins Tal.

Jeder Alpkäse ist anders

Auf 1300 Alpen wird während des Sommers Alpkäse hergestellt, ist auf der Website Schweizer Alpkäse nachzulesen. Jede Region hat ihre eigenen Traditionen und Herstellungsmethoden. Deshalb prägen Aroma, Farbe, Form und ­Härtestufe die verschiedenen Käse. Auch die Reifezeit hängt von der jeweiligen Käsesorte ab. Jeder Alpkäse besitzt deshalb einen ­unverwechselbaren Charakter. Der nussig-cremige L’Etivaz aus den Waadtländer Alpen, der aromatische Tessiner Alpkäse oder der kräftige Berner Alp- und Hobelkäse: Keiner ist mit einem anderen vergleichbar.

Und viele Alpkäse sind nur regional erhältlich. So ist 1999 auch Wengen/BE auf den Zug der öffentlichen Chästeilet aufgesprun-gen. Das erste Fest war noch kleingehalten mit ein paar Biertischgarnituren und einem kleinen Festzelt. Doch dieser erste Anlass war so ein Erfolg, dass bereits ein Jahr später die Chästeilet im grösseren Rahmen durchgeführt wurde. Gemäss der Website wengen-chaesteilet.ch hat sich die Idee am Küchenchef-Stammtisch entwickelt. Daraus entstand der zweitgrösste Event nach dem Lauberhornrennen. «Heute dürfen wir jedes Jahr zwischen 1000 und 1300 Besucher begrüssen», ist ­­auf der Website zu lesen. Das Angebot wurde mit Rösti, Kalbsbraten und anderen Köstlich-keiten der Wengener Hotellerie und Gastronomie erweitert. Auch ein Barangebot hat sich etabliert. Und so wechseln in Wengen am Sonntag, dem 22. September, wiederum rund 1,3 Tonnen Alpkäse den Besitzer.

(Ruth Marending)


Mehr Informationen unter:

schweizeralpkaese.ch

wengen-chaesteilet.ch